Curation & Zensur - Der kleine aber wichtige Unterschied

Bild Quelle: ZDnetSeit ungefähr zwei Jahren geistert der Englische Begriff "Curation" durch die Online Spalten derjenigen, die sich mit der Zukunft der Medien im Internet Zeitalter auseinander setzen (siehe dazu auch die Links am Ende des Artikels).

Was ist "Curation"?

Als "Curator" wird eine Rolle bezeichnet, die aus dem breiten, reissenden Informationsfluss diejenigen Häppchen herausfischt, aufbereit und ggf. zusammenfasst, die für die jeweilige Zielgruppe interessant sind.

Das kann im einfachsten Fall in Form von Tweets oder Facebook Status Updates geschehen, oder im Rahmen von kurz Kommentierten Linklisten in Blogartikeln, wie etwa die "Lesenswerten Artikel" bei neunetz.com, die Rubrik Linkwertig von netzwertig.com, 6 vor 9 von Ronnie Grob beim Bildblog, usw. Auch etablierte Medienunternehmen wie die New York Times führen online eine feste Curation Rubrik "What we are reading". Die Autorenplattform carta.info aus Deutschland setzt neben eigenen Inhalten auf Curation und auch Musikblogs wie 78s sind letztendlich "Curators" für Musik, die online Verfügbar ist. Es handelt sich hier also keinesfalls um eine Ausrede für Blogger, die keine eigenen Inhalte schaffen wollen oder können, wie das manchmal kolportiert wird. 

Curation unterscheidet sich von Aggregation dadurch, dass letztere maschinell geschieht, während bei ersterer Menschen im Spiel sind. Menschen, die kontextabhängig bewerten und auswählen, sowie intelligent zusammenführen und zusammenfassen können. Das will nicht heissen, dass die automatischen Aggreagtoren nicht auch nützlich sein können. Ein gutes Beispiel hierfür wäre Rivva.de, wobei hier mittlerweile die algorithmus baiserte Auswahl durch Menschenhand ergänzt wird.

Die Deutsche Übersetzung für "Curator" wäre natürlich Kurator, aber irgendwie erscheint es mir etwas frevelhaft, einen Apple Fanboy beispielsweise, der täglich ein paar interessante Links verzwitschert mit einem Kunsthistoriker, der in monatelanger, manchmal jahrelanger intensiver Arbeit eine Ausstellung vorbereitet, in den selben Topf zu werfen.

Damit will ich die "Curator" Rolle im Internet auf keinen Fall schlecht reden, oder gar der Lächerlichkeit Preis geben, sondern einfach feststellen, dass es zwar Ähnlichkeiten zum klassischen Kurator gibt, diese beiden Rollen aber nicht deckungsgleich sind, und wir vielleicht eine andere Bezeichnung im Deutschen finden, oder uns vorläufig mit der Englischen begnügen sollten.

Auf jeden Fall bildet die "Curation" eine wichtige Funktion in der schönen neuen Online Welt, und so wie es momentan aussieht, wird diese Funktion an Bedeutung gewinnen.

Curated Computing

Vor ein paar Tagen hat nun Sarah Rotman Epps, eine Analystin von Forrester Research, den Versuch unternommen, die Zensurtätigkeit bei geschlossenen Systemen, wie zum Beispiel im App Store von Apple mit dem Begriff "Curated Computing" schön zu reden.

Sie erläutert, dass Apple mit dem iPad eine Platform geschaffen habe, die durch "less choice, more relevance" höheren Nutzen biete und sie schlägt deshalb vor, dass sich die IT-Industrie dieses Model zum Vorbild machen sollte.

Es ist zwar richtig, dass es Apple, vor allem durch verschiedene technische Einschränkungen schafft, ihre Systeme nutzerfreundlicher und stabiler zu halten, als alle anderen Anbieter von computergestützen Devices. Das ist aber nicht erst seit dem iPad so, das war auch bereits beim Mac der Fall.

Wir müssen hier zwischen zwei unterschiedlichen Aspekten der Einschränkungen durch den Anbieter von Plattformen unterscheiden. Und zwar einerseits der technischen Einschränkungen und andererseits den inhaltlichen Ausgrenzungen.

Dass ich auf dem iPad keine Flash Programme laufen lassen kann, ist eine technische Einschränkung. Natürlich hat diese auch inhaltliche Konsequenzen, aber es ist in erster Linie eine technische Frage. Genauso wie das Betriebssystem, die Hardware, der Formfaktor usw. Gegen solche Einschränkungen ist im Prinzip nichts einzuwenden. Jede Computerplattform ist irgendwie technisch begrenzt. Natürlich gibt es Geräte die mehr Möglichkeiten bieten als andere, aber das ist eigentlich nicht wirklich problematisch. Sollte Frau Epps diese technischen Einschränkungen, die natürlich die Auswahl an Inhalten auch begrenzen mit "Curated Computing" gemeint haben, dann wäre der Begriff wertlos, bzw. eine Bezeichnung für etwas, was schon immer da gewesen wäre und auf jeden Computer zutrifft.

Apple macht aber mehr als nur technische Vorgaben. Die Programme, die auf der iPad/iPhone Plattform den Kunden zur Verfügung gestellt werden, werden von Apple auswählt und freigegeben. Nicht nur aufgrund technischer Kriterien, sondern oft auch aufgrund inhaltlicher. Dabei entscheidet Apple willkürlich und absolut. Eine Berufungsinstanz gibt es nicht. Da, wie oben aufgeführt, die Bezeichnung "Curated Computing" kaum auf die technischen Einschränkungen angewendet werden kann, können wir davon ausgehen, dass es diese inhaltlichen Einschränkungen sind, die Sara Rotman Epps gemeint und positiv bewertet hat.

Diese inhaltlichen Eingriffe sind aber nicht zu verwechseln mit der Tätigkeit des "Curators", sondern sind klar als Zensur zu bezeichnen. Wenn ich Links auswähle und zusammenstelle und auf Inhalte kontextbezogen hinweise, entscheide auch ich, welche Inhalte aufgeführt werden und welche nicht. Allerdings sind, die, die ich nicht auswähle, trotzdem verfügbar und können durchaus von jemandem anderen als wichtig bezeichnet werden. Meine "Curation" schliesst niemanden aus. Durch die Tätigkeit von Apple werden Inhalte den Nutzern aber nicht nur vorenthalten, sie sind schlicht nicht verfügbar. Das ist definitiv ein wichtiger Unterschied.

Der Curator wählt aus, der Zensor schliesst aus.

Wir sollten uns darum davor hüten, die Zensurtätigkeiten von Platform betreibern als "Curation" zu bezeichnen, das wäre dann sonst Newspeak.

Links:

 

 

 

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Schweizer Mobilfunkmarkt - Wie weiter?

Die Meinungen, ob der Weko Entsched zur Sunrise/Orange Fusion für die Schweizer Mobiltelefoniebenützer vorteilhaft ist, oder nicht, gehen auseinander.

Die einen gehen davon aus, dass der Wettbewerb durch möglichst viele Teilnehmer gewährleistet ist, und die anderen sind der Meinung, es wäre besser 2 starke Wettbewerber zu haben, die sich dann auf der selben Augenhöhe dem Kampf um Kunden und Einträge aussetzen.

Im Bericht "Der Schweizer Fernmeldemarkt im Internationalen Vergleich" des Bakom (hier erhältlich), kann man nachlesen, dass wir in der Schweiz im Vergleich zu EU zwar viele Wettbewerber, aber gleichzeitig die höchsten Preise in allen verglichenen Kategorien haben.

Offenbar ist eine höhere Anzahl der Wettbewerbsteilnehmer noch kein Garant für tiefere Preise.  Allerdings dürfen wir ehrlicherweise nicht von 5 Marktteilnehmern sondern nur von 3 sprechen. Tele2 bietet keine Mobilfunkleistungen mehr an und In2Phone hat einen vernachlässigbar kleinen Marktanteil. Bleiben also Swisscom, Orange und Sunrise.

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flattr - Ein Micropayment Service der funktionieren könnte

Mit flattr versucht wieder einmal ein Startup das Problem des Bezahlens von Kleinstbeträgen für digitalen Content zu lösen.

Die Idee ist so bestechend, dass es ja schon fast an ein Wunder grenzt, dass sie erst jetzt auftaucht:

Der Content Nutzer bezahlt einen monatlichen Abobetrag auf ein Konto ein. Die Höhe dieses Betrages wählt er, je nach Möglichkeiten bzw. Gutdünken, selbst. Die Contentanbieter platzieren einen flattr Button bei ihrem Angebot, auf welchen der Nutzer klicken kann, wenn ihm das Gebotene gefällt. Er kann sich mit diesem Klick beim Anbieter also quasi bedanken, wie das die flattr Erfinder in ihrem Video (siehe unten) sehr schön erklären. Ende des Monats wird der Monatsbetrag des Users gemäss seinen Klicks an die Contentanbieter verteilt.

Soweit das Konzept, dass mir auf Anhieb sehr gefällt, vor allem weil es für alle Beteiligten absolut einfach einzurichten und zu benutzen ist. Dadurch ist eine grosse Hürde schon genommen. Natürlich wird es erst richtig lustig, wenn viele Content Nutzer und Anbieter mitmachen, aber diese Idee hat durchaus das Potential zum viralen Erfolg.

Ein paar spannenden Fragen stellen sich im Zusammenhang mit diesem interessanten Modell. Zum Beispiel, ob die Content Nutzer den monatlichen Betrag mit der Zeit erhöhen, je öfter sie den Flattr Button nutzen, wenn immer mehr Content Anbieter mitmachen? Wie hoch der durchschnittliche Monatsbetrag sein wird, den die Nutzer bezahlen? Wieviel "Provision" die Betreiber verlangen werden? Ob überhaupt genügend zahlende Nutzer mitmachen ? Ob die klassischen Verlage auch dabei sein werden? Wann Google, Ebay oder Amazon den Dienst kaufen?

Hier geht's zur flattr Website und hier ist das Video, dass die Funktionsweise des Dienstes kurz erklärt:

Die Migros und die Mär vom "Konjunkturprogramm"

Aus dem Film "60 Jahre Selbstbedienungsladen" (MGB Archiv)Die Migros Gruppe will in den nächsten 3 Jahren über 5 Milliarden Franken investieren, wie sie an der gestrigen Bilanzmedienkonferenz bekannt gegeben hat.

So steht in der Rede des Migros CEO's Herber Bolliger:

"Die Migros investiert in den nächsten drei Jahren über 5 Milliarden Franken in der Schweiz. Mit diesem Konjunkturprogramm übernehmen wir Verantwortung für die Entwicklung der Schweiz und wollen damit Arbeitsplätze bei vielen KMUs sichern"

Das sind in der Tat gute Nachrichten für die Schweiz. Aber es ist natürlich ein Witz, wenn die Migros behauptet, sie investiere aus Gründen der volkswirtschaftlichen Verantwortung.

Die Migros ist ein Unternehmen dass in einem stark umkämpften Markt agiert. Kein Unternehmen, dass solchen Wettbewerbskräften ausgesetzt ist, kann es sich leisten wohltätig zu sein. Die Investitionsentscheidungen der Migros sind bestimmt nicht aufgrund philantropischer oder patriotischer Überlegungen erfolgt, sondern ganz einfach weil sie aus unternehmerischer Sicht sinnvoll sind.

Das ist ja auch nicht schlecht und es ist sicher so, dass sie Migros als Genossenschaft ihre Gewinne vor allem in das eigene Wachstum investieren und nicht an Aktionäre abführen muss. Aber es wird hier ein falsches, um nicht zu sagen unfaires Bild transportiert: Hier die liebe Migros, die in Krisenzeiten ein eigenes "Konjunkturprogramm" startet und dort die bösen anderen Unternehmen, die die Investitionen runterfahren und Mitarbeiter entlassen.

Jedes Unternehmen, ob Genossenschaft oder Aktiengesellschaft, das in guten Zeiten ein genügend grosses Kässeli aufgebaut hat, investiert jetzt in die Zukunft. Es gibt kein Unternehmen, dass nicht davon ausgeht, dass auch dieser Krise wieder ein Aufschwung folgen wird. Richtigerweise nutzen Unternehmen die Chacnen sie sich jetzt bieten, wenn sie können. Das hat wenig mit volkswirtschaftlicher aber viel mit unternehmerischer Verantwortung zu tun. Der volkswirtschaftliche Effekt ist eine Folgeerscheinung, auf den man zwar hinweisen darf, der aber nicht als Beleg für die eigene Wohltätigkeit dienen kann.

 

SBB Cargo: Und wieder mal ist die Liberalisierung schuld...

Jo Lang will das Problem der SBB Cargo an der Wurzel der "zerstörerischen Liberalisierung" angehen. Die SP will einen Beitrag zur Lösung der Probleme des angeschlagenen Unternehmens leisten.

Das ist nun aber schon ein bisschen frech, nicht wahr?

Nicht Liberalisierung ist das Problem sondern der Umstand, dass die Politk wieder einmal versucht hat Unternehmer zu sein. Das geht aus einem einfachen Grund fast immer Schief. In der Politik gibt es keine Verantwortlichen aber zuviele Gremien, zuviele Posten die nicht auf Grund von Kompetenzen vergenben werden, zu viel Zeit, die verstreicht, bis ein Problem erkannt und gelöst wird.

Im Übrigen sind die, die man in diesem Falle am ehesten noch Verantworliche nennen könnte, alles Sozialdemokraten: Bundesart Moritz Leuenberger, Ex-SBB CEO Benedikt Weibel, Ex SBB Cargo Chef Daniel Nordmann. Und alle haben sie vorher noch nie ein Unternehmen geführt, mindestens aufgrund ihrer öffentlich zugänglichen Lebensläufe.

Also bitte, liebe Liberalisierungsgegner, steht zu Euren Fehlern und macht nicht die anderen dafür verantwortlich. 

Zur UBS Debatte: Es gibt keine Gewinngarantien

Es kann ja durchaus sein, dass das Herr Ospel und sein UBS Management Fehler gemacht haben, dass will ich hier gar nicht erst zu erörtern versuchen. Was aber in den Diskussionen und Kommentaren zum Fall UBS und zu der Bankenkriese im Allgemeinen gerne vergessen geht sind folgende grundlegende Wahrheiten:

1. Die UBS ist ein Unternehmen.

2. Es gibt keine Gewinngarantie für Unternehmen.

3. Aktionäre sind freiwillig Aktionäre von Unternehmen.

4. Aktionäre wissen, dass sie nichts zu sagen haben ausser an der GV gemäss ihrem Kapitalanteil stimmen zu können.

5. Aktionäre können ihr Geld jederzeit in eine andere Firma anlegen, die ihnen besser passt.

6. Aktionäre sind selber verantwortlich für ihr Geld und müssen ihre persönliche Beurteilung der Situation regelmässig vornehmen.

Die Geschichte mit den Aktionären, die überhaupt nicht wissen, dass sie Aktionäre sind und schon gar nicht, dass sie vielleicht von einem Herrn Biedermann vertreten werden, ist eine andere. Diese schauen wir uns vielleicht bei Gelegenheit einmal ausführlicher an.

Alptransit Gotthard AG lässt sich erpressen, mit dem Segen von Bundesrat Leuenberger

Das letzte grosse Neat-Projekt am Gotthard, mit einem Volumen von 1.69 Mia CHF, wurde im Frühling dieses Jahres nach Abschluss eines Ausschreibungsverfahrens an die Arbeitsgemeinschaft Transtec Gotthard vergeben. (SDA/AP Meldung auf NZZ Online vom 4.Mai 2007).

Das Schweizerische Bahntechnik-Konsortium (SBK), u.a. mit Implenia und Siemens, hatte sich auch um diesen Auftrag beworben. Das Konsortium hat gemäss Alptransit Gotthard den Zuschlag nicht erhalten, weil sie um 160 Mio Franken höher offeriert haben als ihr Mitbewerber.

Gegen diesen Entscheid der Alptransit Gotthard hat das unterlegene Konsortium Beschwerde eingereicht, was zu Verzögerung des Neat Bauprojektes führte und gemäss Medienberichten monatliche Kosten von 10 Mio Franken verursacht.

Gestern wurde nun mitgeteilt, dass das Konsortium die Beschwerde zurückziehe und dass die Alptransit im Gegenzug dem Konsortium 1 Mio CHF bezahle, für die Aufwände, die für die Offertstellung entstanden seien.

In der gedruckten Ausgabe der NZZ (leider nicht online verfügbar) steht zudem, dass auch die Gewinnerin der Ausschreibung die Transtec Gotthard dem Konsortium noch eine Entschädigung bezahlen wird. Die Höhe dieser Zahlung wird zwischen den Beteiligten ausgehandelt und nicht bekannt gegeben.

Bundesrat Leuernberger sei erleichtert über diese Einigung und sei froh, dass das Konsortium in staatsbürgerlicher Verantwortung gehandelt habe. Ständerat Hansrued Stadler (CVP,UR) sprach gar vom "grössten Weihnachtsgeschenk". Er ist Präsident der Neat-Aufsichtsdelegation. (news.ch, punkt.ch)

Auf den ersten Blick und angesichts der Kosten die ein langjähriger Gerichtsprozess verursacht hätte, mag diese Argumentation einleuchten. Doch wenn wir uns das genauer überlegen, ist das ein gefährliches Beispiel für zukünftige staatliche Ausschreibungen.

Die unterlegene Partei muss einfach Beschwerde einreichen. Dadurch wird sie Kosten verursachen, da eine Behandlung einer Beschwerde mehr Aufwand und eine zeitliche Verzögerung bedeutet. Wenn die Kosten einmal deklariert sind, kann die Beschwerdeführerin einen Preis nennen um die Beschwerde zurückzuziehen. Eine, durch ein soches Vorgehen erwirkte Zahlung, dürfen wir mit Fug und Recht Lösegeldzahlung nennen. Und das Vorgehen heisst normalerweise Erpressung. 

Nun wird in diesem Falle noch Argumentiert, dass die Zahlung für die Aufwände der Offerte, die entstanden seien, angebracht sei. Mit anderen Worten, die Million und was da von der Transtec-Gotthard noch dazu kommt, sei eine Entschädigung für die Offerte.

Die Ausgangslage in solchen Verfahren ist aber jeweils klar und es wird vom Auftraggeber im Voraus kommuniziert, ob für die Auwände, die für das Erstellen der Offerte entstehen, eine Entschädigung bezahlt wird oder nicht. Ich frage mich, ob eine solche nachträglichen Zahlung für die Offertaufwände im Rahmen eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens rechtens ist. Ist es doch für potentielle Offertsteller schon ziemlich wichtig zu wissen, ob noch eine Million für das Erstellen der Offerte bezahlt wird oder nicht, wenn man entscheidet ob man bei einer Ausschreibung mitmachen soll.

Vielleicht war es auch so, dass das Konsortium von der Alptransit Gotthard zu einem Rückzug der Beschwerde gedrängt wurde und der Vorschlag zur Bezahlung des Lösegeldes gar von der Alptransit Gotthard gekommen ist. Das würde es letztendlich auch nicht besser machen. Man kann es drehen und wenden wir man will. Das ist eine ziemlich unapetitliche Geschichte und sollte uns ein wenig nachdenklich stimmen über Moral, Verantwortung und darüber dass Regelwerke solche Werte meistens vernichten.

"Der Deutsche Sündenbock", Folge 23 - Heute: Der Arzt

Es scheint ja tragischerweise immer mehr en vogue zu sein, sich über die vielen Deutschen in unserem Ländli zu beschweren.

Sie kaufen unsere Immobilien, sie besetzen unsere Universtätslehrstühle und Studienplätze, sie führen unsere Firmen, sie (insbesondere die Ostdeutschen) arbeiten zu günstig auf dem Bau, sie moderieren unsere Radiosendungen und neuerdings treiben sie Preise für die Arztpraxen in der Schweiz in die Höhe. (Hier ein paar frühere Beispiele dazu: Die Teutenbombe, Wieviele Deutsche verträgt die Schweiz, Deutsche Energy Moderatorin: Auto demoliert, usw.)

Der Tages-Anzeiger berichtet in der heutigen Print Ausgabe (3.10.2007, Erste Seite und Seite 3), sowie online mit der Headline "Deutsche schnappen Schweizern die Arztpraxen weg", darüber, dass es in unserem begrenzten Markt für freie Arztpraxen auch einige Deutsche gibt, die hier mitbieten.

Einmal mehr, wird mit subtilen fremdenfeinlichen Sprüchen, einer Anti-Deutschen Grundhaltung Platz eingeräumt. Und dies in einem Medium, dass sonst, wenn über Nationalitäten gesprochen wird, immer besonders laut aufschreit.

Faktisch geht es in diesem Artikel allerdings nur darum, dass ein lokaler Markt geschützt werden will und es ist mir ein Rätsel, wie der Tages-Anzeiger sich für eine solch offensichtliche Kampagne einbinden lässt. Zu Wort kommen ein Vorstandsmitglied des FMH, sowie der Präsident des VSAO (Sie wissen nicht, was das ist? Ich wusste es auch nicht, es wird im Tagi auch nicht erklärt, aber es gibt ja mittlerweile zum Glück das Web).

Zuerst schreibt der Autor Antonio Cortesi: "Am Berner Insel-Spital beispielsweise beträgt der Anteil deutscher Mediziner bereits 40 Prozent. In einzelnen Abteilungen wie etwa der Dermatologie liegt er laut Studer gar bei 90 Prozent" (Quelle: Tages-Anzeiger Online) und dann später: "Mehr noch: In Deutschland gibt es inzwischen einen lukrativen Handel rund um die Vermittlung freier Praxen in der Schweiz." und : "«Manche Schweizer Mediziner können da nicht mehr mithalten»" wird das FMH Vorstandsmitglied Max Gyger zitiert.

So ist es also: Die armen Schweizer Ärtze können da einfach nicht mehr mithalten, wenn die kaufkräftigen Deutschen kommen!

Verkehrte Welt: Bislang wurde uns doch immer wieder gesagt, dass in unserem Nachbarland ein Arzt nichts verdient und wir aber, mit unserem super Gesundheitsweisen für ein anständiges Ärzteeinkommen sorgen? Gilt das nun nicht mehr?

Eigentlich ist es doch ganz simpel. Es gibt offenbar eine Nachfrage an Arztpraxen, weil damit Geld zu verdienen ist. Und es gibt Angebote an Arztpraxen, weil neue zu eröffnen im Moment nicht geht. Es gibt einen Markt.

Auf diesem Markt entscheiden die Teilnehmer wieviel Ihnen etwas Wert ist. Offenbar schätzen einige Ärzte aus Deutschland den Wert einer solchen Praxis höher ein, als ein Teil ihrer Schweizer Kollegen.  So etwas wie "überrissene Preise" (Zitat aus dem Tagi Artikel) gibt es nicht. Es gibt nur einen Preis, den Preis auf den sich Käufer und Verkäufer einigen.

Der Staat soll es nun richten und die "Diskriminierung der Schweizer Ärtze mildern" (Peter Studer, Präsident des VSAO im Tagi Artikel).  Das ist doch ziemlich frech, hier von Diskriminierung zu sprechen. Was hindert den einen Schweizer Bewerber daran mitzubieten?

Zwei Dinge sollten wir uns aus diesem Artikel mitnehmen:

Erstens: Wir leben in einem engen nachbarschaftlichen Verhältnis mit Deutschland, wie auch mit den restlichen EU-Ländern. Das ist allgemein so angestrebt worden, sowohl von den EU-Beitrittsgegnern als auch den Befürwortern und  das ist auch gut so. Es bedeutet, dass es den Menschen aus Deutschland frei steht, sich genauso wie unsereins in der Schweiz zu bewegen, zu leben, zu handeln, zu kaufen und verkaufen, Stellen anzutreten und Firmen zu führen. Es gibt keinen, nicht den geringsten Grund, sich darüber Sorgen zu machen, denn umgekehrt gilt das ja auch. Und vor allem gibt es keinen Grund für Schweizer eine Sonderbehandlung zu fordern.

Zweitens: Professionelle Redaktionen lassen sich immer mal wieder von Interessensvertretern einspannen. Die sogenannte Objektivität gibt es nicht. Der Redaktor dieses Artikels zeigt klare Sympathien für die Heimatschutzanliegen der Schweizer Ärtzeschaft. Kein einziges Anzeichen der kritischen Auseinandersetzung mit den Behauptungen und Forderungen der Absender der Botschaft ist vorhanden. Im Gegenteil, der Artikel wurde explizit so aufgemacht und betitelt, dass von der zunehmenden Emotionalisierung im Bezug auf das Verhältnis der Deutschen in der Schweiz profitiert werden kann.

 

 

Schweizer Presse - Wenn Vereinsmeierei zum Innovationshemmer wird

Die Schweizer Presse, bzw. der Verband Schweizer Presse (VSP) hat ein Problem. Dieses Problem heisst nicht Google News, sondern Kollektivismus, Wettbewerbsfeindlichkeit und fehlende Innovationsfähigkeit.

Gemäss einem Beitrag von Persönlich.com will sich der VSP nun also dagegen wehren, dass via Google News, Werbung für die Markennamen der Mitglieder des Verbandes gemacht wird und dass via Google News Traffic auf die Seiten der Verleger gelenkt wird (sofern, sie mehr zu bieten haben als Agenturschlagzeilen). Thomas Knüwer hat diese Meldung ausgezeichnet wenn auch ein wenig kraftvoll kommentiert.

Die Schweizer Verlagslandschaft zeichnet sich durch Abschottung und ungesunder Verbandelung unter Mitbewerbern aus. Der Markt war einmal schön regional aufgeteilt zwischen den grossen Verlagen, der Geldfluss wurde gemanaged von der "P" und alles war in Ordung. Bis die elektronischen Medien und seit kurzem vor allem das Internet diese heile Welt aufmischten. 

Diese enge Verquickung und Marktabschottung mag zwar für ein paar Jahre ruhe schaffen, früher oder später schlagen die Kräfte des Wettbewerbs aber mit voller Wucht zurück und solche kollektivistischen Strukturen werden dann zum Problem, zum Innovationshemmer.

Jede Innovation in der Schweizer Medienlandschaft der letzten 30 Jahre kam von Aussen. Jede dieser Innovationen (Beipsiele sind Lokalradios, Gratiszeitungen, Blogs) wurde zu Beginn aufs heftigste bekämpft und doch nie besiegt. Das sollte den Verantwortlich in diesen Häusern doch zu denken geben.

Es wäre wahrscheinlich gescheiter den Verband Schweizer Presse aufzulösen als die Zeit mit solchen Aktionen zu verplempern.