Da gibt es kein Missverständnis in der Debatte um die Netzneutralität

Bild aus der Kampagne: @netzneutralch

Bild aus der Kampagne: @netzneutralch

Wired Online hat kürzlich ein Artikel veröffentlicht, der behauptet, dass es in der Diskussion um die Netzneutralität ein grosses Missverständnis gäbe, welches von den meisten Befürwortern des freien Datenflusses nicht beachtet werde: «What Everyone Gets Wrong in the Debate Over Net Neutrality». 

Im Beitrag werden im wesentlichen zwei Aspekte aufgeführt. Erstens, dass das Netz schon lange nicht mehr "neutral" sei und zweitens, dass wir kein Netzneutralitätsproblem haben, wenn der Wettbewerb zwischen den Zugangsprovidern spielt. Die Konklusion ist dann, dass wir besser dafür sorgen, dass Wettbewerb unter den ISP's herrscht, als uns auf eine gesetzliche Regulierung der Netzneutralität zu konzentrieren.

Es ist zwar richtig, dass es wahrscheinlich keine Netzneutralitätsdebatte gäbe, wenn die Infrastrukturbesitzer sich mit der Rolle des Zugangsanbieters zufrieden gäben und ein echter Markt mit vielen Anbietern existieren würde.

Da das Zugangsgeschäft aber wenig kreativen Spielraum bietet und keine hohen Margen verspricht, wollen die grossen Internet-Provider an den Inhalten, die über ihre Leitungen und Mobilnetzwerke fliessen, mitverdienen. Einerseits indem sie selber Inhalte verkaufen oder indem Sie anderen Inhalteanbietern gegen Bezahlung privilegierten Zugang zu ihren Kunden gewähren.

Theoretisch mag es stimmen, dass ein Zugangsprovider Gefahr läuft seine Kunden an die Konkurrenz zu verlieren, wenn er selektiv Inhalte bremst. In der Praxis wird es aber so sein, dass alle Anbieter ein gemeinsames Interesse daran haben, auch an den Inhalteumsätzen zu partizipieren.

Da es sich bei den Zugangsinfrastrukturmärkten in fast allen Ländern um Oligopole handelt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich die zwei, drei Anbieter, auch ohne Absprachen, jeweils gleich verhalten. Kommt dazu, dass es für den Endkunden mit relativ hohem Aufwand verbunden ist, seinen Zugangsprovider zu wechseln. Wenn der eine Anbieter beispielsweise mit Zattoo einen Deal geschlossen hat, während der andere Teleboy bevorzugt, wird das wohl für die wenigsten Grund genug sein, einen neuen Internet-Vertrag abzuschliessen. Eine solche Situation würde aber dazu führen, dass es keinen neuen dritten Player mehr geben wird. 

Es ist eine Illusion sich auf der Infrastrukturebene auf den Wettbewerb zu verlassen, denn den gibt es dort nicht. Wenn wir das tun, werden wir den Wettbewerb auf der Inhalteebene verlieren und das wäre definitiv die schlechtere Lösung. Darum braucht es eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität.

 

 

 

Das Problem der FDP heisst "Unglaubwürdigkeit" - Beispiel Parallelimporte

Die FDP will sich gegenüber der SVP abgrenzen. Sie versucht dies indem sie dasselbe macht, wie alle anderen: sie empört sich öffentlich über den Stil ihres politischen Mitbewerbers. Oder noch schlimmer: sie versucht genau diesen Stil mit markigen Voten und vermeintlich populären Forderungen zu kopieren. Die Wahlniederlagen der letzten Jahre zeigen aber, dass damit kein Staat zu machen ist.

Das Problem der FDP hat einen Namen: "Unglaubwürdigkeit". Die Diskrepanz zwischen den proklamierten liberalen Grundlagen der Partei und der tatsächlichen politischen Handlungen und Aussagen ihrer wichtigsten Akteure könnte grösser nicht sein.

Jüngstes Beispiel ist die Haltung der FDP gegenüber der Frage der Zulassung von Parallelimporten von patentgeschützten Produkten. Man kann es drehen und wenden wie man will, es gibt kein sinnvolles Argument dagegen, welches mit klassischen liberalen Werten kompatibel wäre. Es geht hier einzig um die Verhinderung von Wettbewerb zum Schutz derer, die es sich im regulierten Nestchen hübsch warm eingerichtet haben.

Es ist mir zwar auch ein wenig unheimlich, in dieser Frage seit langem wieder einmal mit der SP einig zu sein, aber dass soll mich nicht davon abhalten, für dieses urliberale Anliegen zu votieren.

Genau in solchen Fragen, bei denen es um übergeordnete gesellschaftliche liberale Grundwerte geht, könnte sich die FDP gegenüber der SVP, die in keiner Art und Weise eine liberale Partei ist und gegenüber der CVP, deren etatistische und christilich-partenalistischen Ideale dem Liberalismus nicht viel abgewinnen können, abgrenzen.

Back to the roots!

"Der Deutsche Sündenbock", Folge 23 - Heute: Der Arzt

Es scheint ja tragischerweise immer mehr en vogue zu sein, sich über die vielen Deutschen in unserem Ländli zu beschweren.

Sie kaufen unsere Immobilien, sie besetzen unsere Universtätslehrstühle und Studienplätze, sie führen unsere Firmen, sie (insbesondere die Ostdeutschen) arbeiten zu günstig auf dem Bau, sie moderieren unsere Radiosendungen und neuerdings treiben sie Preise für die Arztpraxen in der Schweiz in die Höhe. (Hier ein paar frühere Beispiele dazu: Die Teutenbombe, Wieviele Deutsche verträgt die Schweiz, Deutsche Energy Moderatorin: Auto demoliert, usw.)

Der Tages-Anzeiger berichtet in der heutigen Print Ausgabe (3.10.2007, Erste Seite und Seite 3), sowie online mit der Headline "Deutsche schnappen Schweizern die Arztpraxen weg", darüber, dass es in unserem begrenzten Markt für freie Arztpraxen auch einige Deutsche gibt, die hier mitbieten.

Einmal mehr, wird mit subtilen fremdenfeinlichen Sprüchen, einer Anti-Deutschen Grundhaltung Platz eingeräumt. Und dies in einem Medium, dass sonst, wenn über Nationalitäten gesprochen wird, immer besonders laut aufschreit.

Faktisch geht es in diesem Artikel allerdings nur darum, dass ein lokaler Markt geschützt werden will und es ist mir ein Rätsel, wie der Tages-Anzeiger sich für eine solch offensichtliche Kampagne einbinden lässt. Zu Wort kommen ein Vorstandsmitglied des FMH, sowie der Präsident des VSAO (Sie wissen nicht, was das ist? Ich wusste es auch nicht, es wird im Tagi auch nicht erklärt, aber es gibt ja mittlerweile zum Glück das Web).

Zuerst schreibt der Autor Antonio Cortesi: "Am Berner Insel-Spital beispielsweise beträgt der Anteil deutscher Mediziner bereits 40 Prozent. In einzelnen Abteilungen wie etwa der Dermatologie liegt er laut Studer gar bei 90 Prozent" (Quelle: Tages-Anzeiger Online) und dann später: "Mehr noch: In Deutschland gibt es inzwischen einen lukrativen Handel rund um die Vermittlung freier Praxen in der Schweiz." und : "«Manche Schweizer Mediziner können da nicht mehr mithalten»" wird das FMH Vorstandsmitglied Max Gyger zitiert.

So ist es also: Die armen Schweizer Ärtze können da einfach nicht mehr mithalten, wenn die kaufkräftigen Deutschen kommen!

Verkehrte Welt: Bislang wurde uns doch immer wieder gesagt, dass in unserem Nachbarland ein Arzt nichts verdient und wir aber, mit unserem super Gesundheitsweisen für ein anständiges Ärzteeinkommen sorgen? Gilt das nun nicht mehr?

Eigentlich ist es doch ganz simpel. Es gibt offenbar eine Nachfrage an Arztpraxen, weil damit Geld zu verdienen ist. Und es gibt Angebote an Arztpraxen, weil neue zu eröffnen im Moment nicht geht. Es gibt einen Markt.

Auf diesem Markt entscheiden die Teilnehmer wieviel Ihnen etwas Wert ist. Offenbar schätzen einige Ärzte aus Deutschland den Wert einer solchen Praxis höher ein, als ein Teil ihrer Schweizer Kollegen.  So etwas wie "überrissene Preise" (Zitat aus dem Tagi Artikel) gibt es nicht. Es gibt nur einen Preis, den Preis auf den sich Käufer und Verkäufer einigen.

Der Staat soll es nun richten und die "Diskriminierung der Schweizer Ärtze mildern" (Peter Studer, Präsident des VSAO im Tagi Artikel).  Das ist doch ziemlich frech, hier von Diskriminierung zu sprechen. Was hindert den einen Schweizer Bewerber daran mitzubieten?

Zwei Dinge sollten wir uns aus diesem Artikel mitnehmen:

Erstens: Wir leben in einem engen nachbarschaftlichen Verhältnis mit Deutschland, wie auch mit den restlichen EU-Ländern. Das ist allgemein so angestrebt worden, sowohl von den EU-Beitrittsgegnern als auch den Befürwortern und  das ist auch gut so. Es bedeutet, dass es den Menschen aus Deutschland frei steht, sich genauso wie unsereins in der Schweiz zu bewegen, zu leben, zu handeln, zu kaufen und verkaufen, Stellen anzutreten und Firmen zu führen. Es gibt keinen, nicht den geringsten Grund, sich darüber Sorgen zu machen, denn umgekehrt gilt das ja auch. Und vor allem gibt es keinen Grund für Schweizer eine Sonderbehandlung zu fordern.

Zweitens: Professionelle Redaktionen lassen sich immer mal wieder von Interessensvertretern einspannen. Die sogenannte Objektivität gibt es nicht. Der Redaktor dieses Artikels zeigt klare Sympathien für die Heimatschutzanliegen der Schweizer Ärtzeschaft. Kein einziges Anzeichen der kritischen Auseinandersetzung mit den Behauptungen und Forderungen der Absender der Botschaft ist vorhanden. Im Gegenteil, der Artikel wurde explizit so aufgemacht und betitelt, dass von der zunehmenden Emotionalisierung im Bezug auf das Verhältnis der Deutschen in der Schweiz profitiert werden kann.

 

 

Ein Problem am Urheberrecht ist der fehlende Wettbewerb

Diese Tage macht sich das problematische Urheberrecht wieder besonders stark bemerkbar. Einem Bundesgerichtsentscheid folgend, gelten ab nächster Woche deftige Zuschläge für Speichermedien und Geräte mit eingebauten Speichern wie MP3 Player, HD-Recorder, usw.

Die Stiftung für Konsumentenschutz will nun versuchen, das Parlament dazu zu bringen, im September den Bundesgerichtsentscheid per Gesetzesanpassung auszuhebeln und ruft die Konsumenten dazu auf ein vorformuliertes E-Mail an eine Verteileremailadresse zu senden, das dann an die Parteipräsidenten weitergeleitet wird. (Hierzu vielleicht noch eine Bemerkung am Rande: Wenn von anderer Seite gefordert wird, einen Bundesgerichtsentscheid per Legislative zu kippen, geht ein medialer Aufschrei durchs Land. Aber lassen wir das...)

Seit langem beschäftigt mich das Thema "geistiges Eigentum". Ein Konzept dem ich intuitiv eher ablehnend gegenüber stehe, es aber immer noch nicht in seiner Gesamtheit erfasse und darum auch vorsichtig mit Äusserungen dazu bin.

Wenn ich aber versuche, herauszufinden, warum ich des Öfteren ein Unbehagen verspüre, wenn es um Urheberrechte und insbesondere um die Verwertungsgesellschaften wie Suisa oder ProLitteris geht, dann glaube ich den wesentlichen Aspekt gefunden zu haben:

Der Mechanismus zur Festsetzung des Preises der für die Nutzung der Werke an die Urheber bezahlt wird, untersteht nicht einem Markt der aus den Teilnehmern besteht, die das Werk tatsächlich nutzen, sondern der Verhandlungen irgendwelcher Verbände, sowie einem sogenannten Schiedsgericht.

Der Konzerttarif K von 10% der Einnahmen eines Konzertes, als Beispiel der Suisa, ist völlig willkürlich festgelegt. Ist dieser Tarif zu hoch, ist der zu tief? Ich weiss es nicht, niemand weiss das, denn es gibt keinen Wettbewerb, der den Marktpreis ermittelte. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum dieser Tarif nicht bei 1% oder 50% liegt. Dasselbe Problem liegt natürlich auch beim Tarif für die Speichermedien vor, der nun ab nächster Woche zum tragen kommen soll.

Das ist, was mich hautpsächlich stört. Mir reicht es nicht, wenn Herr Strahm den Preis überwacht, denn der beste Preisüberwacher ist der Wettbewerb.