Das Problem der FDP heisst "Unglaubwürdigkeit" - Beispiel Parallelimporte

Die FDP will sich gegenüber der SVP abgrenzen. Sie versucht dies indem sie dasselbe macht, wie alle anderen: sie empört sich öffentlich über den Stil ihres politischen Mitbewerbers. Oder noch schlimmer: sie versucht genau diesen Stil mit markigen Voten und vermeintlich populären Forderungen zu kopieren. Die Wahlniederlagen der letzten Jahre zeigen aber, dass damit kein Staat zu machen ist.

Das Problem der FDP hat einen Namen: "Unglaubwürdigkeit". Die Diskrepanz zwischen den proklamierten liberalen Grundlagen der Partei und der tatsächlichen politischen Handlungen und Aussagen ihrer wichtigsten Akteure könnte grösser nicht sein.

Jüngstes Beispiel ist die Haltung der FDP gegenüber der Frage der Zulassung von Parallelimporten von patentgeschützten Produkten. Man kann es drehen und wenden wie man will, es gibt kein sinnvolles Argument dagegen, welches mit klassischen liberalen Werten kompatibel wäre. Es geht hier einzig um die Verhinderung von Wettbewerb zum Schutz derer, die es sich im regulierten Nestchen hübsch warm eingerichtet haben.

Es ist mir zwar auch ein wenig unheimlich, in dieser Frage seit langem wieder einmal mit der SP einig zu sein, aber dass soll mich nicht davon abhalten, für dieses urliberale Anliegen zu votieren.

Genau in solchen Fragen, bei denen es um übergeordnete gesellschaftliche liberale Grundwerte geht, könnte sich die FDP gegenüber der SVP, die in keiner Art und Weise eine liberale Partei ist und gegenüber der CVP, deren etatistische und christilich-partenalistischen Ideale dem Liberalismus nicht viel abgewinnen können, abgrenzen.

Back to the roots!

Milton Friedman - Free to Choose Vol.3: Anatomy of Crisis

milton_friedman.jpgDie Meldung, dass die Notenbanken ihre Geldschleusen weiterhin offen halten, hat mich an die Milton Friedman TV-Serie "Free to Choose" erinnert, die vor ca. zwei Jahren für kurze Zeit auf Google Video zum Download verfügbar waren und mich seither, gespeichert auf meinem iPod, begleiten. Sehr bald nach meinem download, war die Sendung wieder nur auf DVD zu haben.

Soeben habe ich nun gesehen, dass unter der Adresse ideachannel.tv alle 10 Episoden von 1980, sowie 5 Episoden die 1990 scheinbar überarbeitet wurden, als Videos on demand gestreamed angeboten werden. Auch wieder "nur" im kleinen Flash-Fensterchen, aber immerhin.

Die Episode 3 kann ich im Bezug auf die aktuelle Finanzkriese besonders empfehlen. Hier erklärt Milton Friedman seine Ideen zur Geldmarktpolitik und zeigt auf, was aus seiner Sicht, die Ursachen für die Bankenkriese Ende 30er Jahre waren und wie die darauf folgende Weltwirtschaftskriese wohl hätte verhindert werden können.

Die Deutschen kommen persönlich, sie schicken nicht nur ihr Geld

Obwohl wir aufgrund der derzeitigen Steuerdiskussion in Deutschland und der EU denken könnten, die Deutschen schickten vornehmlich ihr Geld via Lichtenstein in die Schweiz, zeigen die Einwanderungszahlen, dass sie oft gleich persönlich kommen und hier bleiben.

Im DOK Film des schweizer Fernsehens "Die Deutschen kommen", kommt ein Steuerflüchtling zu Wort, der gleich seine Firma in die Innerschweiz "gezügelt" hat. Es ist uns aufgrund des Filmausschnittes nicht möglich zum Streit zwischen dem deutschen Staatsbürger und seinem Staat stellung zu beziehen, dazu fehlen schlicht die Fakten.

Offenbar aber, sind er und viele andere, dazu bereit, ihrer Heimat den Rücken zu kehren und bei uns als Mitglied der Gesellschaft zu wirken. Dies sollte den Herren Steinbrück und Beck eigentlich viel mehr zu denken geben.

Willkommen in der Schweiz, liebe deutsche Mitbürger! Lasst Euch Einbürgern so schnell ihr könnt und helft mit, die liberalen Grundpfeiler unserer Gesellschaft zu erhalten, damit wir alle weiterhin von tiefen Steuern, tiefer Arbeitslosigkeit, wenig Streiks, hoher gesellschaftlicher Durchlässigkeit, sprich Chancengleichheit und hoher Lebensqualität profitieren können.

Dazu müssen wir die Staatsverschuldung, die Staatsquote und die Regulierungsdichte tief halten, sowie auf föderalistische Strukturen, das Subsidiaritätsprinzip, und die direkte Demokratie im Sinne einer offenen Gesellschaft bestehend aus mündigen, verantworlichen Menschen  setzen, was ziemlich genau dem Gegenteil vom dem, was bei unseren umliegenden EU-Nachbarn politische bzw. sozialie Realität ist, entpricht.

Damit will ich übrigens nicht sagen, dass bei uns alles perfekt ist, im Gegenteil, wir haben einige grosse Herausforderungen vor uns, damit wir die historisch gesehen, relativ kurze Zeit unseres Wohlstandsdaseins verlängern können.

 

Der Mensch in Gesellschaft

Menschen leben in Gesellschaften. Es gibt zwei Arten von möglichen Gesellschaften, die offene, pluralistische und die geschlossene, gleichgeschaltete. (Karl Popper)

Die geschlossene, gleichgeschaltete zeichnet sich dadurch aus, dass es festgeschriebene, ewiggültige Wahrheiten im Sinne von Dogmata gibt, die von einer Elite in der Regel mit Gewalt durchgesetzt werden. Diese grundlegenden Dogmata verneinen üblicherweise die Tatsache, dass Menschen individuelle Bedürfnisse haben, oder sie gehen davon aus, dass diese individuellen Bedürfnisse den kollektiven Wünschen, die diese Elite erkannt hat, grundsätzlich zu unterstellen sind. Burma, Iran, China, die Sowjetunion, die DDR, Nazideutschland, usw. sind aktuelle bzw. historische Beispiele für solche Gesellschaften.

Wir leben in der Schweiz, in Europa, in den USA und an vielen weiteren Orten zum Glück in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass Menschen verschieden sind und individuelle Bedürfnisse haben, deren Befriedigung zum persönlich empfundenen Glück beitragen. Um diesen individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden wird in der offenen Gesellschaft der persönlichen Freiheit sich zu entfalten ein hoher Stellenwert eingeräumt.

Da der Mensch aber auch in der offenen Gesellschaft per Definition eben in Gesellschaft lebt, hat diese persönliche Freiheit auch ihre Grenzen. Diese Grenzen liegen dort wo des Einen persönliche Freiheit einem anderen Menschen oder der Gesellschaft schaden zufügt (John Stuart Mill).

Diese Grenzen entziehen sich aber einer objektiven Erschliessung, darum muss eine offene Gesellschaft diese Grenzen immer wieder neu beurteilen. Diese Beurteilung geschieht am effektivsten durch Diskussion der vorgebrachten Argumente aus verschiedenen Blickwinkeln der jeweils Betroffenen.

Aus diesem Grund ist die bestmögliche Staatsform der offenen Gesellschaft eine Mischung aus parlamentarischer und direkter Demokratie, die föderalistisch nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgebaut ist und den Bürgern dadurch sehr weitgehende Möglichkeiten der Mitbestimmung einräumt.

Damit eine solche Demokratie aber funktionieren kann, hat der Mensch für seine Freiheit einen Preis zu bezahlen. Dieser Preis heist Verantwortung. Verantwortung für das eigene Denken und Handeln.

Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, braucht es mindestens zwei Fähigkeiten zu deren lebenslangen Weiterentwicklung der freie Mensch in der offenen Gesellschaft angehalten ist. Die Fähigkeit zur Empathie und die Fähigkeit zum kritischen Denken.

Durch Empathie entsteht Solidarität und der Wunsch, das Leid zu minimieren und das Glück zu maximieren, und zwar gerade auch für die anderen Menschen und Geschöpfe des gemeinsamen Lebensraums.

Das kritische Denken ermöglicht es u.A., seine immer vorhandenen Vorurteile und seine eigenen Gefühle und Geisteshaltungen wie Neid, Hass, Egoismus, usw. in die Beurteilung einer Sachlage miteinzubeziehen, Argumente von Diskussionspartnern von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten, sowie plumpe rethorische Manipulationsversuche zu entlarven.

Beide Kompetenzen sind in unseren Anlagen vorhanden, wir haben dabei allerdings die Wahl diese verkümmern zu lassen oder sie zu entwickeln. Aus meiner Sicht, sind diejenigen, die die offene Gesellschaft mitgestalten wollen, zu Letzerem verpflichtet.


Die Verluderung der Argumentationskultur

In der DRS2 Sendung "Atlas" vom 13.5.2007 zum Thema Luxemburg findet sich eine aufschlussreiche Sequenz mit und zum Luxemburgischen Premierminister Jean-Claude Juncker.

Am besten hören Sie sich die Sequenz (1 min.) hier kurz an: 

Diese kurze Minute ist beladen mit Behauptungen, transportiert sowohl durch die Journalistin wie auch durch Premierminister Juncker, wie ich sie immer wieder auch in Gesprächen im Freundeskreis höre.

Behauptung Nr.1: Linken liegt das Wohlergehen der Menschen am Herzen, Liberalen nicht.

Die Aussage im Beitrag im Wortlaut: "...dort allerdings dürfte er den linken Rand darstellen. Das Wohlergehen der Menschen liegt ihm ernsthaft am Herzen, hier spricht kein kalter Wirtschaftsliberaler." (Sprecherin im Radiobeitrag)

Der Unterschied zwischen Liberalen und Sozialisten liegt nicht darin, dass den einen das Wohlergehen der Menschen am Herzen liegt und den anderen nicht. Der Unterschied liegt vielmehr in den Ansichten darüber, mit welchen Mitteln das Wohlergehen der Menschheit realisiert werden kann.

Es handelt sich hier um eine immer wieder angewandte rhetorische Methode, nicht zum eigentlichen Thema (in diesem Falle: Wie kann das Wohlergehen der Menschheit realisiert weren) zu argumentieren, sondern den Gegener zu diskreditieren (in diesem Falle: Wirtschaftsliberale sind kalte egoisten).

Liberale Überlegungen zur Organisation unserer Gesellschaft haben genauso wie sozialistische, das Ziel, für möglichst vielen Menschen möglichst viel Glück zu erreichen. Liberale gehen dabei von der Prämisse aus, dass "Glück" eine individuelle Einschätzung ist, während bei den Sozialisten einen Vorstellung von einer "Gleichheit des Glücks" zugrunde liegt. Weiterhin liegt in der liberalen Grundhaltung die Überlegung, dass ein möglichst hoher Grad an individueller Freiheit  zu  besseren Ergebnissen führt, während die Sozialisten eher dazu tendieren die Freiheiten des Einzelnen zu gunsten des Kollektivs einzuschränken. Und als drittes Unterscheidungsmerkmal kann man erkennen, dass Liberale die Verteilung von Gut und Böse in jeder beliebig denkbaren Gesellschaftsgruppe als gleich betrachten, während die Sozialisten der Meinung sind, das Böse ist bei den Vermögenden zum Beispiel stärker vertreten als bei den weniger Vermögenden.

Es gibt für beide Denkhaltungen eine ganze Menge guter Argumente dafür oder dagegen. Diese und nur diese sollen diskutiert und beurteilt werden und nicht Aussagen über die Vertreter einer Denkrichtung.

Behauptung Nr. 2: Eine liberale Wirtschaftsordnung führt zu vielen Stellen auf Zeit.

Premierminister Juncker zählt zuerst ein paar Begriffe nebeneinander auf: "...Privatisierung, Präkarisierung, Partialisierung der Arbeitsverhältnisse..." und suggeriert damit einen Zusammenhang dieser Begriffe. Danach erklärt er diese zu "...Teufelszeug..." und garniert zum Schluss seine Aussage mit der Geschichte über seinen Vater, den Stahlarbeiter, der ihm, wenn dieser "nur immer ein befristetes Arbeitsverhältnis" gehabt hätte, kein Studium hätte finanzieren können.

Die letzte Aussage, dass sein Vater sein Studium nicht hätte finanzieren können, wenn er "..sich alle sechs monate hätte Fragen müssen, bleibe ich in Beschäftigung oder werde ich freigesetzt...", ist einfach mal so aufgestellt. Keine Fakten, die diese Behauptung unterstützen würden und aus meiner Sicht, gibt es auch keinen Grund diese als wahr zu beurteilen. Aber eigentlich ist das auch gar nicht wichtig, denn hier sehen wir eine weitere rhetorische Methode an der Arbeit: Etwas zu behaupten, was gar nicht zur Debatte steht.

Zur Diskussion steht eigentlich die Behauptung: Die veränderten und vergrösserten Kapitalströme sind dafür verantwortlich, dass in einigen, eher grossen EU Ländern, immer mehr Stellen nur auf Zeit angboten werden.

Versuchen wir diesem oft gehörten Argument einmal auf den Grund zu gehen.

Eine wichtige, oft nicht explizit ausgesprochene Aussage in diesem Zusammenhang ist, dass es frühr besser war. Auch hier in unserem Beispiel spricht Premierminister Juncker ja davon, dass sein Vater sich noch auf eine sichere Stelle habe verlassen können. Gehen wir einmal davon aus, dass diese Aussage wahr ist. Folgt nun daraus schon, dass der sogenannt "ungezähmte" Kapitalismus für die veränderte Situation von heute verantwortlich ist. Selbst wenn wir versucht sein würden, unsere Gesellschaft derart vereinfacht zu interpretieren (aus A folgt B), können wir auf keinen Fall diesen Schluss ziehen.

Die Art und Weise wie das Kapital eingesezt wird hat sich zwar in den letzen 50 Jahren massiv verändert, daneben aber auch viele andere ebenso relevante Erscheinungen. So ist die Regulierungsdichte in einem noch nie dagewesenen Masse angestiegen, das fortwährende Wirtschaftswachstum hat die Volksvermögen in der westlichen Welt explodieren lassen, die Transport- und Informationstechnologien haben zusammen mit den weltpolitischen Veränderungen die Wirtschaftskreisläufe immer globaler werden lasssen, die Automatisierung von Industrieprozessen hat viele Berufe verschwinden lassen, usw.

Es gibt nun keinen plausiblen Grund, einer einzigen dieser Erscheinungen (veränderte und grössere Kapitalströme) die Verantwortung für eine Folge (hohe Arbeitslosigkeit und viele Stellen auf Zeit in gewissen Ländern) allein zuzusprechen, ohne die anderen nicht auch in Erwägung zu ziehen.

Ich könnte zum Beispiel genauso behaupten: die Automatisierung vieler Industrieprozesse hat dazu geführt, dass vermehrt Stellen auf Zeit angeboten werden. Auf den ersten Blick eher nicht so plausibel, müsste man noch genauer analysieren.

Oder: Die fortwährende Regulierung gewisser Arbeitsmärkte, insbesondere der laufend ausgebaute Kündigungsschutz hat dazu geführt, dass Unternehmer vermehrt stellen auf Zeit anbieten. Das macht wohl schon eher Sinn, oder?

Natürlich wäre es auch hier völlig falsch, nur das eine Phänomen für die Folge der Stellen auf Zeit verantwortlich zu machen, aber mindestens könnte diese Variante genauso wahr sein, wie die von Premierminister Juncker behauptete.

Solche Erscheinungen innerhalb eines so komplexen Untersuchungsgegenstandes, wie unserer Gesellschaft, kann man nicht einfach einer einzigen Ursache zuschreiben. Es ist leider nicht so simpel. Kommt dazu, dass es überall, auch innerhalb von Europa völlig unterschiedliche Ausprägungungen dieser Phänomene gibt, abhängig davon welche Ebene wir betrachten. So ist die Situation in Deutschland eine andere als zum Beispiel in Schweden, oder die Situation in der Bergbaubranche eine andere als in der Automobilbranche, usw.

Diese beiden Beispiele anhand einer Minute Radioberichterstattung aus einer eigentlich unpolitischen, und übrigens grundsätzlich empfehlenswerten, interessanten Sendung von Schweizer Radio DRS2, sind zufällig aber exemplarisch für die Art und Weise wie wir tagtäglich mit wichtigen gesellschaftliche Fragestellungen umgehen.

Eine Verluderung der Argumentationskultur hat sich breit gemacht, bis in die höchsten Ämter. Es werden Dinge behauptet ohne diese zu begründen und es wird vor allem nicht über die eigentlichen Herausforderungen und Lösungsalternativen debattiert, sondern die ganze Energie darauf verschwendet, dem inhaltlichen Gegner, schlechte Absichten zu unterstellen. Das ist schade, dumm und wird uns nicht weiterbringen.

sapere aude