Milton Friedman - Free to Choose Vol.3: Anatomy of Crisis

milton_friedman.jpgDie Meldung, dass die Notenbanken ihre Geldschleusen weiterhin offen halten, hat mich an die Milton Friedman TV-Serie "Free to Choose" erinnert, die vor ca. zwei Jahren für kurze Zeit auf Google Video zum Download verfügbar waren und mich seither, gespeichert auf meinem iPod, begleiten. Sehr bald nach meinem download, war die Sendung wieder nur auf DVD zu haben.

Soeben habe ich nun gesehen, dass unter der Adresse ideachannel.tv alle 10 Episoden von 1980, sowie 5 Episoden die 1990 scheinbar überarbeitet wurden, als Videos on demand gestreamed angeboten werden. Auch wieder "nur" im kleinen Flash-Fensterchen, aber immerhin.

Die Episode 3 kann ich im Bezug auf die aktuelle Finanzkriese besonders empfehlen. Hier erklärt Milton Friedman seine Ideen zur Geldmarktpolitik und zeigt auf, was aus seiner Sicht, die Ursachen für die Bankenkriese Ende 30er Jahre waren und wie die darauf folgende Weltwirtschaftskriese wohl hätte verhindert werden können.

Zur UBS Debatte: Es gibt keine Gewinngarantien

Es kann ja durchaus sein, dass das Herr Ospel und sein UBS Management Fehler gemacht haben, dass will ich hier gar nicht erst zu erörtern versuchen. Was aber in den Diskussionen und Kommentaren zum Fall UBS und zu der Bankenkriese im Allgemeinen gerne vergessen geht sind folgende grundlegende Wahrheiten:

1. Die UBS ist ein Unternehmen.

2. Es gibt keine Gewinngarantie für Unternehmen.

3. Aktionäre sind freiwillig Aktionäre von Unternehmen.

4. Aktionäre wissen, dass sie nichts zu sagen haben ausser an der GV gemäss ihrem Kapitalanteil stimmen zu können.

5. Aktionäre können ihr Geld jederzeit in eine andere Firma anlegen, die ihnen besser passt.

6. Aktionäre sind selber verantwortlich für ihr Geld und müssen ihre persönliche Beurteilung der Situation regelmässig vornehmen.

Die Geschichte mit den Aktionären, die überhaupt nicht wissen, dass sie Aktionäre sind und schon gar nicht, dass sie vielleicht von einem Herrn Biedermann vertreten werden, ist eine andere. Diese schauen wir uns vielleicht bei Gelegenheit einmal ausführlicher an.

Der Mensch in Gesellschaft

Menschen leben in Gesellschaften. Es gibt zwei Arten von möglichen Gesellschaften, die offene, pluralistische und die geschlossene, gleichgeschaltete. (Karl Popper)

Die geschlossene, gleichgeschaltete zeichnet sich dadurch aus, dass es festgeschriebene, ewiggültige Wahrheiten im Sinne von Dogmata gibt, die von einer Elite in der Regel mit Gewalt durchgesetzt werden. Diese grundlegenden Dogmata verneinen üblicherweise die Tatsache, dass Menschen individuelle Bedürfnisse haben, oder sie gehen davon aus, dass diese individuellen Bedürfnisse den kollektiven Wünschen, die diese Elite erkannt hat, grundsätzlich zu unterstellen sind. Burma, Iran, China, die Sowjetunion, die DDR, Nazideutschland, usw. sind aktuelle bzw. historische Beispiele für solche Gesellschaften.

Wir leben in der Schweiz, in Europa, in den USA und an vielen weiteren Orten zum Glück in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass Menschen verschieden sind und individuelle Bedürfnisse haben, deren Befriedigung zum persönlich empfundenen Glück beitragen. Um diesen individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden wird in der offenen Gesellschaft der persönlichen Freiheit sich zu entfalten ein hoher Stellenwert eingeräumt.

Da der Mensch aber auch in der offenen Gesellschaft per Definition eben in Gesellschaft lebt, hat diese persönliche Freiheit auch ihre Grenzen. Diese Grenzen liegen dort wo des Einen persönliche Freiheit einem anderen Menschen oder der Gesellschaft schaden zufügt (John Stuart Mill).

Diese Grenzen entziehen sich aber einer objektiven Erschliessung, darum muss eine offene Gesellschaft diese Grenzen immer wieder neu beurteilen. Diese Beurteilung geschieht am effektivsten durch Diskussion der vorgebrachten Argumente aus verschiedenen Blickwinkeln der jeweils Betroffenen.

Aus diesem Grund ist die bestmögliche Staatsform der offenen Gesellschaft eine Mischung aus parlamentarischer und direkter Demokratie, die föderalistisch nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgebaut ist und den Bürgern dadurch sehr weitgehende Möglichkeiten der Mitbestimmung einräumt.

Damit eine solche Demokratie aber funktionieren kann, hat der Mensch für seine Freiheit einen Preis zu bezahlen. Dieser Preis heist Verantwortung. Verantwortung für das eigene Denken und Handeln.

Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, braucht es mindestens zwei Fähigkeiten zu deren lebenslangen Weiterentwicklung der freie Mensch in der offenen Gesellschaft angehalten ist. Die Fähigkeit zur Empathie und die Fähigkeit zum kritischen Denken.

Durch Empathie entsteht Solidarität und der Wunsch, das Leid zu minimieren und das Glück zu maximieren, und zwar gerade auch für die anderen Menschen und Geschöpfe des gemeinsamen Lebensraums.

Das kritische Denken ermöglicht es u.A., seine immer vorhandenen Vorurteile und seine eigenen Gefühle und Geisteshaltungen wie Neid, Hass, Egoismus, usw. in die Beurteilung einer Sachlage miteinzubeziehen, Argumente von Diskussionspartnern von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten, sowie plumpe rethorische Manipulationsversuche zu entlarven.

Beide Kompetenzen sind in unseren Anlagen vorhanden, wir haben dabei allerdings die Wahl diese verkümmern zu lassen oder sie zu entwickeln. Aus meiner Sicht, sind diejenigen, die die offene Gesellschaft mitgestalten wollen, zu Letzerem verpflichtet.


Auch ein Internet Profi kann sich irren - Eine Replik auf Andrew Keen's Anti-Web 2.0 Aufsatz im Magazin 38/07

"Ein Internet Profi warnt", steht im Untertitel zum Magazin Artikel des Web 2.0 Kritikers Andrew Keen. Damit soll wohl suggeriert werden, dass hier nicht einfach ein frustrierter Journalist oder Verleger über die sogenannte Demokratisierung der Medien herzieht, sondern einer der weiss wovon er spricht, ein Profi eben, kein billiger Amateur.

Lassen Sie sich nicht blenden. So sehr Herr Keen ein Internet Profi sein mag, sein Artikel "Die Revolution ertränkt ihre Kinder" ist ein Konzentrat von unbelegten Behauptungen und ein Durcheinandergewirbel von Ideen, die seine Hauptthesen in keiner Art und Weise unterstützen.

Die wesentliche Aussage seines Essays kann in 2 Teile aufgespalten werden:

1) Gute Kunst gibt es nur, dank der Medienindustrie, aber diese Medienindustrie wird von der Web 2.0 Revolution zerstört.

und

2) Die Demokratisierung der Medien führt dazu dass wir nur noch mittelmässige Amateurproduzenten haben werden, die für Ihre Erzeugnisse kein Publikum finden.

Der erste Teil ist ein eigentliches Plädoyer für die Beibehaltung einer Gatekeeper-Elite. Der zweite Teil beinhaltet die klassische Kritik an der Fragmentierung der Mediekanäle.

Zur Unterstützung der ersten Behauptung schreibt Keen, dass Hichcock seine Filme ohne Finanzierung durch die Industrie nicht hätte realisieren können und dass es Bono nicht geschafft hätte eine einflussreicher Celebrity zu werden, usw.

Es ist sehr einfach so etwas zu behaupten, denn es ist nicht verifizierbar, geschweige denn falsifizierbar. Ich könnte genauso behaupten, Hitchcock hätte noch viel mehr und bessere Kunstwerke realisiert, wenn er in einer netzwerkartigen Wirtschaftsstruktur, wie sie sich vielleicht in Zukunft entwickelt, hätte arbeiten können. Die Entwicklung des Betriebssystemes Linux, eine ähnlich komplexe Herausforderung wie die Produktion eines Filmes, zeigt, dass es sehr wohl möglich ist, solche Vorhaben in Netzwerken zu realisieren. Aber wir werden leider nie herausfinden, wer nun recht hat. Darum sollten wir auf Aussagen dieser Art verzichten, wenn wir etwas untermauern möchten.

Keens erste These, dass es gute Kunst nur dank der Medienindustrie gibt, ist meines Erachtens nicht haltbar. Er schreibt ja selber, dass diese Medienindustrie, wie wir sie kennen, erst ein wenig mehr als hundert Jahre alt ist. Selbst wenn wir da noch grosszügiger sind als er, und die Erfindung des Buchdruckes als Beginn des Medienzeitalters deklarieren, müssen wir doch zugeben, dass es auch viele Jahrhunderte vorher grossartige Kunstwerke in allen Sparten des kulturellen Schaffens gegeben hat.

Ohne Zweifel, hat auch die Medienindustrie fantastische Kunst hervorgebracht. Deswegen davon auszugehen, dass nur eine solche Industrie, Garant für die Entwicklung und Verbreitung kultureller Glanzleistungen sein kann, ist definitiv nicht korrekt.

Vor allem aber: wie oft haben die Gatekeepers in ihrer Beurteilung von gut und schlecht schon versagt? Es gibt unzählige Beispiele von Autoren, Musikern, Filmemachern, usw. die erst durch die Publikation ihrer Werke im Eigenverlag eine Möglichkeit gefunden haben, diese einer Öffentlichkeit zu präsentieren. Im Nachhinein, wurden und werden sie dann wie Helden gefeiert.

Das ist genau das Problem an der Elitegläubigkeit. Niemand ist unfehlbar und gerade bei Kunst bzw. kulturellen Erzeugnissen ist es nicht möglich mit sogenannten objektiven Massstäben zu operieren. Diese gibt es schlichtweg nicht. Es gibt vielleicht so etwas wie einen intersubjektiven Konsens. Ein solcher kann aber erst durch den öffentlichen Diskurs ermittelt werden und ist definitiv zeitgeistabhängig und damit dem kontinuierlichen Wandel unterworfen.

Die Demokratisierung der Medien ermöglicht es nun aber viel besser, diesen temporären Konsens darüber was gut und was schlecht ist, zu ermitteln, weil sich die Kritik direkt durch die Kulturgeniessenden, und nicht vorgelagert durch die Gatekeepers, entwickeln kann.

Hier setzt nun der zweite Teil von Keens Hauptthese an. Er behauptet, dass es durch die Fragmentierung der Kanäle keinen Diskurs mehr geben wird. Jeder schreibt in seinem Blog und niemand liest noch andere Gedanken als die seinen.

"Blogs personalisieren den Medieninhalt, sodass wir nichts mehr lesen, was über unsere eigenen Gedanken hinausgeht".

Das Problem, nur das zu lesen bzw. zu konsumieren, was der eigenen Geisteshaltung bereits entspricht, ist tatsächlich vorhanden und auch bedeutsam. Nur hat dies überhaupt nichts mit dem Web 2.0 bzw. dem Blogphänomen zu tun.

Wer von Ihnen liest denn sowohl die WOZ wie auch die Weltwoche? Die meisten Menschen wählen die Medien die sie konsumieren, danach aus, ob diese das kommunizieren was sie bereits als richtig erachten. Die Weltwoche wird als "rechts" verschrien und darum von Linken nicht gelesen, usw.

Diese Selektion kann man nicht verhindern indem man die Kanäle verringert. Selbst wenn wir uns im Gedankenexperiment nur einen staatlichen Medienkanal vorstellen, und dort immer die verschiedenen Seiten einer Sache präsentiert würden, würde das nicht dazu führen, dass mehr Menschen kritisch denken würden. Mündigkeit kann man nicht verschreiben, für Mündigkeit muss sich der Mensch entscheiden.

Daran ändert sich nichts, ob wir nun eine elitäre Medienwelt oder eine demokratische haben. Aber für die, die sich für die Mündigkeit entschieden haben, ist eine demokratische Medienwelt die bessere, denn diese Menschen wollen keine Gatekeepers.

Es wird auch in einer Welt mit Millionen von Medienkanälen weiterhin Hits geben und Werke die herausragen (was nicht dasselbe sein muss). Es wird auch Leute geben, die für andere vorsortieren und aussondern. Es wird Menschen geben, die in ihrem eigenen Gedankensumpf ersaufen. Aber die demokratisierte Medienwelt wird den Menchen die an Dialog interessiert sind die effizienteren Möglichkeiten geben, diesen Dialog zu gestalten. Das ist die grosse Errungenschaft der Web 2.0 Bewegung und ich hoffe, nein, ich bin sicher, dass diese auch durch Kulturpessimisten wie Andrew Keen nicht mehr wegzuschreiben ist.

Warum keine Werbespots Herr Bundesrat Leuenberger?

Bundesrat Moritz Leuenberger bittet um Verständnis, dass Kommentare mit 'gezieltem Product placement' auf seinem Blog nicht veröffentlicht werden.

Ich frage mich, warum dies so selbstvertändlich sein soll?

Natürlich steht es jedem Blogger frei, zu entscheiden worüber er schreibt und welche Kommentare er zulassen will, dagegen gibt es nichts einzuwenden.

Wenn es nun aber Produkte gibt, die dazu Beitragen die politischen Ziele von Bundesrat Leuenberger besser zu erreichen, sollte es doch in seinem Interesse liegen, dass möglichst viele Menschen davon erfahren. Warum also kein gezieltes 'Product placement'?.

Klar, der "Werber" in diesem Falle, profitierte von der Popularität des Bloggs von Bundesrat Leuenberger, ohne dass er dafür etwas bezahlen müsste. Aber, es ist ja nicht so, dass deswegen jemand anders etwas verliert.

Es würden alle Beteiligten nur gewinnen. Bundesrat Leuenberger, weil seine Ziele in Sachen Umwelt- und Klimaschutz unterstützt würden, der "Werber", weil er sein Produkt bekannter machen könnte, die Lesenden, weil sie vom Produkt erfahren würden uns sich selbst ein Bild machen könnten, ob das beworbene Produkt bei der Erreichung ihrer eigenen Umweltziele behilflich sein könnte.

Ist es vielleicht möglich, und das ist nun eine schamlose Unterstellung, ich gebe es zu, dass er als linker Politiker Werbung grundsätzlich schlecht findet, oder mindestens als notwendiges Übel betrachtet und damit halt einfach nichts zu tun haben will?

Auf wessen Verantwortung gehe ich meines Weges?

Heute Nachmittag bin ich der Sihlpromenade in Zürich entlang spaziert. Auf etwa halbem Wege ist eine Hinweistafel mit der Aufschrift "Fusspfad zur Usteribrücke - Benützung auf eigene Verantwortung" angebracht. Solche Hinweise auf die eigene Verantwortung beim Benützen eines bestimmten Weges sind mir auch in Hamburg schon aufgefallen.

Sollten wir nicht jeden Weg auf eigene Verantwortung gehen? Oder anders gefragt: Auf wessen Verantwortung gehe ich denn alle die Wege, deren Richtungsnazeigen nicht über einen solchen Hinweis verfügen?

Autonom ist autonom, auch beim Nachvollzug

Im Zusammenhang mit unserem Verhältnis zur Europäischen Union wird immer wieder erwähnt, dass wir uns zwar vormachten, weiterhin ein unabhängiges Land zu sein, uns aber letztlich nichts anderes übrige bliebe als das, was die EU ohne unser Zutun entscheidet nachvollziehen zu müssen. So zum Beispiel im Beitrag von Pascal Krauthammer "EU und schweizer Recht" in der DRS1 Nachrichtensendung Rendez-Vouz vom 28. August 2006.

Die Entscheidung eine EU-Richtlinie in unser Rechtssystem zu übertragen (automomer Nachvollzug) ist gemäss dieser Argumentation weniger Wert, als zum Beispiel die Entscheidung als Mitglied der Union gegen eine Vorlage zu sein und diese, vielleicht durch das eine oder andere "Zückerchen" versüsst, dann trotzdem übernehmen zu müssen, weil man zu einer Minderheit gehörte.

Ich bin da anderer Meinung, und es geht hier nicht um die Frage ob ich einen EU-Beitritt dereinst befürworten werde oder nicht (ist im Moment sowieso kein Thema).

Wir sind unbabhängiger als Nicht-Mitglied, weil wir nur so die echte Option haben, uns gegen die Übernahme von bestimmten EU-Richtlinien zu entscheiden.

Es mag zwar Gründe geben, einen Freiheitsgrad zugunsten von anderen Werten abzugeben. Es mag also gute Gründe geben, die für einen EU-Beitritt der Schweiz sprechen, aber eines ist sicher: Als EU-Mitglied verlieren wir ein Stück Entscheidungsfreiheit, welche wir heute noch haben. Egal wieviel wir autonom nachvollziehen, es bleibt autonom.