Warner Music vs. Ukulele Sebi (monsterbazz / @sebinomics)

Sebastiano Mereu (@sebinomics) ist ein passionierter Freizeitmusiker, der sich mit seinen Ukulele Cover Versionen bekannter und weniger bekannter Songs auf YouTube im Verlaufe der letzten Monate eine beachtliche Fangemeinde erspielt hat. Viele der Interpretationen entstehen auch in Zusammenarbeit mit Musikerkollegen und Kolleginnen aus jeder Ecke dieser Welt. Ganz so, wie es Thomas Friedman in Die Welt ist flach beschreibt.

Kürzlich hat die Red Hot Chili Peppers Fansite Stadium-Arcadium.com zusammen mit der Bassfirma des Red Hot Chili Peppers Bassisten Fleabass.com einen Wettbewerb auf Youtube lanciert, zu welchem Sie die Fans aufrufen Songs der Band zu covern um einen signierten Bass von Flea zu gewinnen.

Sebi, der neben der Ukulele auch den Bass zu spielen weiss, hat natürlich nicht lange gezögert und ist dem Aufruf gefolgt. Das ist sein Video für den Wettbewerb:


Red Hot Chili Peppers - Soul To Squeeze (ukulele cover)

SEBI | MySpace Music Videos

Als er allerdings nach ein paar Tagen in einer E-Mail von Google gebeten wird, zwei seiner Videos sofort zu entfernen, weil Warner Music sich bei Youtube gemeldet habe, und seine Red Hot Chili Peppers Cover Versionen als Verstoss gegen die Copyright Bestimmungen deklariert habe, dacht er zuerst an ein Missverständnis.

Sein Video entspricht genau den Bestimmungen, die im Wettbewerb des Red Hot Chili Peppers Bassisten definiert wurden, die Plattenfirma der Band hingegen geht hin und meldet Verstoss gegen die Copyright Bestimmungen. Das sieht dann so aus: (anm: WMG=Warner Music Group)

"We have disabled the following material as a result of a third-party notification from WMG claiming that this material is infringing:

Soul To Squeeze - Red Hot Chili Peppers (bass & ukulele cover)
http://www.youtube.com/watch?v=slH5_PHYb90

..."

Sebi konnte zwar nicht verstehen, warum ausgerechnete sein Video ein Problem darstellen würde, sind doch auch jetzt noch hunderte davon, in der FleabassCompetition Gruppe auf YouTube zu finden. Trotzdem wollte er es sicherheitshalber von seinem Account löschen. Nur konnte er das gar nicht mehr tun. Die YouTube Administratoren hat ihm kurzerhand den Account gesperrt. Ohne Vorwarnung, ohne die zwei Tage abzuwarten, die sie in der ersten E-Mail als Deadline für das Sperren des Accounts angegeben haben.

Viele Monate Aufbau einer Community rund um seinen Youtube Account sind einfach mir nichts, dir nichts, gesperrt worden. Bei Google ist niemand dafür zuständig, bzw. eine Möglichkeit wenigstens zu kommunizieren und die Sache aufzuklären gibt es nicht. Die Chancen, dass sich Sebi jemals wieder in seinen monsterbazz Account einloggen kann, sind wahrscheinlich minimal.

Natürlich könnte man hier als erstes auf die Idee kommen, die "böse Datenkrake Google"dafür an den Pranger zu stellen. Das wäre aber zu kurz gegriffen. Es ist zwar ziemlich mühsam, dass Google hier einfach auf geheiss der Medienindustrie Accounts deaktiviert, nur müssen sie das aufgrund der aktuellen Gesetzgebung wohl tun, bzw. das Risiko ist zu hoch, es nicht zu tun.

Nein, nicht Google bzw. YouTube sind das Problem, sondern das weltweite Urheberrechtesystem auf der einen Seite und die Medienkonzerne wie die Warner Music Group auf der anderen Seite, die offenbar einfach nicht begreifen, dass sie mit Ihrem Verhalten so ziemlich genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie eigentlich für Ihre Künstler wollen sollten. 

Nun, deren Zeit ist abgelaufen, es wird zwar noch lange dauern, bis wir von einer wirklich freien Welt sprechen können, aber die Chancen dass es für das "Big Content Business" langfristig vorbei ist, sind sehr gross.

Sebi hat bereits einen neuen Account auf YouTube eröffnet, auch auf anderen Platformen wie MyScpae und Vimeo und er wird weiter seine Ukulele Covers spielen und sich dabei auch nicht fragen, ob ein Song der ihm gefällt eventuell bei der Warner Music Group liegen könnte.

Als Dankeschön har er zwei Warner Love Songs aufgenommen und auf YouTube gestellt. Hier ist der Link zur Nr. 1 und hier die Nr. 2:

Play it again Sebi!

Übergewichtige Kinder - 1967

Übergewicht bei Kindern und Erwachsenen wurde in Grossbritanien offenbar bereits in den 60er Jahren als Problem deklariert. Dieser Film von 1967 versucht ziemlich dramatisch die UK Mütter in Sachen gesunder Ernährung aufzuklären. Interessant sind die ca. 13 Minuten Filmmaterial in verschiedener Hinsicht.

Die Szenen bieten einen aus unserer Sicht oft auch amüsanten Einblick in das Alltagsleben britischer Familien zu dieser Zeit. Im zweiten Teil wird bei ca. 00:40 zum Beispiel ein Kleinkind gewogen. Ich habe etwas Zeit gebraucht, bis ich begriffen hatte, was die Dame da macht. Ist das Wägen mit Gewichtssteinen doch eine Kulturtechnik, die so ziemlich aus unserem Blickfeld verschwunden ist; nicht wahr Christian?

Viele Aussagen zur ausgewogenen Ernährung haben heute noch ihre Gültigkeit. Auch wenn es mittlerweile hunderte von Theorien und zehntausende von wissenschaftlichen Studien mehr gibt als 1967, bleibt es wohl einfach so simpel wie es hier beschrieben wird: Wer mehr Energie zu sich nimmt, als sein Körper verbraucht, setzt an, und wer es umgekehrt macht, nimmt ab. Der Energieumsatz der Menschen ist verschieden, jeder muss für sich selbst herausfinden, wieviel es verträgt. Am einfachsten und auch ohne Kalorien zählen zu müssen, lässt sich das Problem durch einen Ernährungsplan mit viel Früchten und Gemüsen und viel körperlicher Bewegung lösen. 

Die Art und Weise wie der Film den Müttern übergewichtiger Kinder ins gewissen redet, wirkt für unsere Zeit allerdings sehr anmassend. Vor allem am Schluss des dritten Teils, wenn die Schulärztin direkt zu uns spricht, wird es fast unerträglich anklagend. Stellen wir uns einmal vor, wir würden einen solchen Film heute im TV oder im Kino im Vorprogramm zeigen? Mit Steuergeldern finanziert? Es gäbe wohl einige, die sich darüber ziemlich aufregen würden.

Cruel Kindness heisst der Film, grausame Güte zu deutsch. Ziemlich treffend, sowohl für den Inhalt als auch für die Wirkung des Films auf den Betrachter. Viel Spass bei diesem interessanten Dokument der Zeitgeschichte (via BoingBoing).

Cruel Kindness (1967) - Teil 1/3 (4:09)

Cruel Kindness (1967) - Teil 2/3 (5:09)

Cruel Kindness (1967) - Teil 3/3 (3:46)

 

Unsinniges Gadget Verbot an Zürcher Volksschulen

Die Schule sollte eigentlich ein Ort sein, wo die Schüler zu aufgeklärten, will heissen: selbsdenkenden, kritischen, reflexiven, sozialen und verantwortungsbewussten Menschen erzogen werden.

Das Verbot von MP3 Playern, Mobiltelefonen, Fotoaparaten usw. ist diesem Ziel kaum dienlich.

Menschen lernen und entwickeln sich, indem sie Dinge tun, aktiv sind, und dabei hin und wieder Fehler machen. Verbote führen zu keinerlei Erkenntnisgewinn der Kinder, sie sind letztendlich Entwicklungshemmend.

Die Gründe, die für das Verbot angegeben werden, lassen mir die Haare zu Berge stehen:

1. Es sei mühsam für die Lehrerschaft herauszufinden ob das Gerät ein bereits verbotenes Handy sei, oder was anderes.

Ein schönes Beispiel dafür, wie ein Verbot das andere nach sich zieht. Zuerst werden die Telefone verboten und dann einfach alle elektronischen Geräte, weil es das Leben der Vollzieher einfacher macht!

2. Der Pausenplatz soll als sozialer Ort erhalten bleiben. "Die Kinder sollen miteinander reden und sich entspannen" spricht der Sprecher.

Hier werden die typischen, völlig realitätsfremden Vorurteile gegenüber einem Lebensstil kolportiert der von den Verantwortlichen nicht gutiert und vor allem nicht verstanden wird.

Solche Geräte zu nutzen schränkt den sozialen Austausch nicht ein. Dafür gibt es tausende von Beispielen. Das Gegenteil ist der Fall, so lächerlich das für die meisten Menschen der vor 1980 geborenen klingen mag.

Kommt dazu, dass es auch einem Kind erlaubt sein soll, selber zu entscheiden wie es sich am besten entspannt. Ich kann mich gut an meine Schulzeit erinnern, und nicht immer wollte ich mit anderen zusammen rumbolzen. Solche Argumente deuten auf wenig Respekt gegenüber den individuellen Bedürfnissen der Kinder hin.

3. Mit Fotokameras bestünde die Gefahr des Mobbings.

Keine Frage, diese Gefahr besteht. Kinder sind oft sehr grausam, waren sie wohl schon immer. Es gehört ja doch gerade zum Reifungsprozess die Rollen des Täters und des Opfers zu "erleben". Wir können die Kinder nicht davor schützen, sondern müssen ihnen helfen Empathiefähig zu werden. Das geschieht ganz bestimmt nicht, indem wir durch Verbannung von Fotoapparaten vom Schulhof, den Kindern während ein paar Stunden heile Welt vorzugaukeln versuchen.

Das schlimmste ist, dass wir durch die zunehmende Verbotskultur in den Schulen, die Menschen daran gewöhnen, diese unnötigen und unnützen Einschränkungen der Freiheit hinzunehmen, zu akzeptieren.

Wie sollen Menschen Verantwortung, also die Grenzen der Freiheit lernen, erfahren, wenn diese schon zu Beginn ihrer Entwicklung definiert sind?

Das Gadget Verbot an den Zürcher Schulen ist unbedacht. Solches "Recht" dient nicht der Gesellschaft und nicht den Kindern sondern, vor allem
der Bequemlichkeit einiger betroffener Erwachsener, deren Job es eigentlich wäre in solchen Fragen das Unbequeme zu suchen, es mindestens auszuhalten.

Hier ist der Link zum sda Artikel auf NZZ Online, wo ich diese Story gelesen habe: