Übergewichtige Kinder - 1967

Übergewicht bei Kindern und Erwachsenen wurde in Grossbritanien offenbar bereits in den 60er Jahren als Problem deklariert. Dieser Film von 1967 versucht ziemlich dramatisch die UK Mütter in Sachen gesunder Ernährung aufzuklären. Interessant sind die ca. 13 Minuten Filmmaterial in verschiedener Hinsicht.

Die Szenen bieten einen aus unserer Sicht oft auch amüsanten Einblick in das Alltagsleben britischer Familien zu dieser Zeit. Im zweiten Teil wird bei ca. 00:40 zum Beispiel ein Kleinkind gewogen. Ich habe etwas Zeit gebraucht, bis ich begriffen hatte, was die Dame da macht. Ist das Wägen mit Gewichtssteinen doch eine Kulturtechnik, die so ziemlich aus unserem Blickfeld verschwunden ist; nicht wahr Christian?

Viele Aussagen zur ausgewogenen Ernährung haben heute noch ihre Gültigkeit. Auch wenn es mittlerweile hunderte von Theorien und zehntausende von wissenschaftlichen Studien mehr gibt als 1967, bleibt es wohl einfach so simpel wie es hier beschrieben wird: Wer mehr Energie zu sich nimmt, als sein Körper verbraucht, setzt an, und wer es umgekehrt macht, nimmt ab. Der Energieumsatz der Menschen ist verschieden, jeder muss für sich selbst herausfinden, wieviel es verträgt. Am einfachsten und auch ohne Kalorien zählen zu müssen, lässt sich das Problem durch einen Ernährungsplan mit viel Früchten und Gemüsen und viel körperlicher Bewegung lösen. 

Die Art und Weise wie der Film den Müttern übergewichtiger Kinder ins gewissen redet, wirkt für unsere Zeit allerdings sehr anmassend. Vor allem am Schluss des dritten Teils, wenn die Schulärztin direkt zu uns spricht, wird es fast unerträglich anklagend. Stellen wir uns einmal vor, wir würden einen solchen Film heute im TV oder im Kino im Vorprogramm zeigen? Mit Steuergeldern finanziert? Es gäbe wohl einige, die sich darüber ziemlich aufregen würden.

Cruel Kindness heisst der Film, grausame Güte zu deutsch. Ziemlich treffend, sowohl für den Inhalt als auch für die Wirkung des Films auf den Betrachter. Viel Spass bei diesem interessanten Dokument der Zeitgeschichte (via BoingBoing).

Cruel Kindness (1967) - Teil 1/3 (4:09)

Cruel Kindness (1967) - Teil 2/3 (5:09)

Cruel Kindness (1967) - Teil 3/3 (3:46)

 

Der Jugendsexbericht für den Papierkorb

Die Eidgenössiche Kommission für Kinder und Jugendfragen (EKKJ) hat einen Bericht zur "Jugendsexualität im Wandel der Zeit" vorgelegt. Auf ungefähr 100 Seiten wird dargestellt und orakelt, wie die Jugend in der Schweiz mit dem Thema "Sex" umgeht, um dann am Schluss des Papiers mit vielen Forderungen an ebensoviele Adressaten zu gelangen.

Zum Beipiel mit der Forderung an die EDK: "Ein mehrsprachiges Lehrmittel (Ratgeber) unter dem (Arbeits-) Titel «Sexualität und Sprache» schaffen." damit "Kinder ein wertschätzendes Vokabular bezüglich ihres Körpers und der Sexualität lernen."

Wer glaubt denn ernsthaft daran, dass es möglich sein wird, die Kinder und Jugendlichen durch ein Lehrmittel dazu zu bringen, so über Sex zu sprechen, wie es sich die ArbeiterInnen der soziokulturellen Industrie wünschen?

Weiter oben sind auch einige paternalistischen Forderungen an verschiedenste Behörden und NGO's aufgeführt, sich gefälligst um die überforderten Eltern zu kümmern:

  • "Den Eltern muss ihre Verantwortung in Bezug auf eine umfassende, altersgemässe Aufklärung ihrer Kinder bewusster gemacht werden."
  • "Auch Eltern bedürfen einer differenzierten Wissensvermittlung, da viele überfordert sind, wenn es darum geht, ihre Kinder aufzuklären."
  • usw.

Um diesen Forderungen nachdruck zu verleihen sollen folgende Massnahmen ergriffen werden:

  • Sensibilisierungskampagne in Printmedien, auf APG-Kanälen und im TV starten. PR-Aktionen mit Kinderärztinnen und -ärzten organisieren
  • Anbieten von gezielten Informationen und Weiterbildungen für Eltern durch die Elternberatungs- stellen.
  • Niederschwellige Elternbesuche und zyklische Beratungsangebote aufbauen
  • usw.

Kampagnen, Beratungen, Elternbesuche, usw.

Die Botschaft des Berichtes ist eigentlich folgende:

  1. Jugendliche und Kinder sind grundsätzlich gut.
  2. Der Umgang mit Sexualität ist für Heranwachsende nicht einfach.
  3. Die Eltern sind grundsätzlich überfordert.
  4. Das Internet, ja die Welt überhaupt mit der Werbung, den Filmen, usw. ist gefährlich.
  5. Darum muss der Staat hier massiv eingreifen, mit viel Geld und vielen neuen Gesetzen.
  6. Wenn er das nicht tut, werden aus den grundsätzlich guten Kinder & Jugendlichen kleine Sexmonster
  7. und dann geht die Welt unter.

Zu 1-4 kann ich ja noch zustimmen, auch wenn ich den Punkt 3 schon äusserst problematisch finde und auch bei Punkt 1 einige Fragezeichen setzen würde. Aber die Konklusionen in den Punkten 5-7 sind völlig falsch.

Der Staat hat seine Bürger nicht zu erziehen und die Welt geht auch nicht unter, wenn er das nicht tut.

Obwohl es um das Geld schade ist, dass dafür ausgegeben wurde, bin ich trotzdem froh, dass der neueste EKKJ Bericht wohl hautpsächlich dort landen wird, wo er auch hingehört: im Papierkorb.

Ich frage mich höchstens, was das Dokument wohl gekostet hat?