Fotoalbum eines Schweiz-Reisenden von 1891 in der Boston Public Library

Die öffentliche Bibliothek in Boston betreibt seit 2008 ein flickr Konto, welches sie benützt um dort Scans ihres Bildmaterials zu veröffentlichen. 86'385 Bilder verteilt auf 373 Alben (Sets) sind zur Zeit auf diesem Weg verfügbar. Auch die Scans aus einem Schweiz-Fotoalbum eines Herrn William Vaughn Tupper, der zwischen 1891 und 1894 scheinbar auf Weltreise war, und dabei auch unser Land bereiste, sind dort zu finden.

(Bild: Swiss milkman von William Vaughn Tupper, aufgenommmen wahrscheinlich zwischen 1891 und 1894, aus der Online Sammlung der Boston Public Library auf flickr, wohl keine Schutzrechte mehr, dort allerdings unter CC-BY 2.0 veröffentlicht)

Urheberrechte behaupten, wo es keine gibt, am Beispiel e-manuscripta.ch

Eigentlich wollte ich darüber schreiben, dass es grossartig ist, dass mehr als 10'000 Bilder aus der Sammlung des berühmten Schweizer Kunsthistorikers Jacob Burckhardt, nun online verfügbar sindMeine Freude darüber wurde aber getrübt, als ich mich wie immer, darüber informierte, unter welchen Bedingungen diese Bilder im Netz frei gegeben werden. 

Vor kurzem durften wir ja erfahren, wie vorbildlich das Getty Musuem in Los Angeles ihre Bilder ins Netz stellt, als Open Content nämlich, ohne irgendwelche Bedingungen, und in höchstmöglicher Auflösung, wie es sich für Digitalisate von Werken deren Urheberrechtsschutz schon längstens abgelaufen ist gehört.

Nicht so beim Portal e-manuscripta.ch, einer Plattform die von der Zentralbibliothek Zürich, der Universitätsbibliothek Basel und der ETH Bibliothek betrieben wird. 

Dort steht in den Nutzungsbedingungen

Die auf der Plattform e-manuscripta.ch zugänglichen Digitalisate sind Reproduktionen von Dokumenten, die Eigentum der genannten Institutionen oder Dritter sind. Die Digitalisate sind Eigentum der jeweiligen Institutionen. ...Jede Form von Publikation (Print und online) oder kommerzieller Nutzung bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Institution, die ggf. an weitere Rechteinhaber verweist.

Und etwas weiter unten können wir dann allerdings lesen: 

Die auf e-manuscripta.ch präsentierten Werke sind Digitalisate von in der Regel gemeinfreien Werken. 

Ja, was sollen wir denn nun damit anfangen. Die abgebildeten Werke sind also in der Regel gemeinfrei, während die Digitalisate, also die Abbildungen dieser Werke, es nicht sind?  

Ich bin zwar kein Jurist, aber meines Wissens reicht die Schöpfungshöhe einer einfachen Abbildung eines Werkes der bildenden Kunst nicht aus, um ein Urheberrecht zu begründen. Und ein Leistungschutzrecht, welches das Abfotografieren oder Scannen von gemeinfreien Werken schützt, gibt es zum Glück in der Schweiz (noch) nicht. Das heisst, eine Fotografie, bzw. ein Scan eines Werkes, das keinen Schutz mehr geniess, ist selbst auch nicht geschützt. Es wird zwar nirgends vom Urheberrecht geschrieben aber es wird behauptet, dass die Digitalisate Eigentum der jeweiligen Institutionen seien. Doch wie manifestiert sich das Eigentum an digitalen Daten? Ich denke schon, dass hier der Eindruck erweckt werden soll, dass es sich um eine Art Urheber- oder Leistungsschutz handelt, der hier geltend gemacht wird. Ich kann mir nicht vorstellen, mit welchen rechtlichen Argumenten, die hier angeführten Einschränkungen in der Schweiz durchgesetzt werden sollten. 

Es ist schade, dass die Schweizer Institutionen, die mit öffentlichen Mitteln unsere Schätze verwalten, uns diese nicht einfach so zur Verfügung stellen, wie es korrekt wäre und wie es private Organisationen, wie das Getty Museum in den USA vormachen

Aber trotzdem ist es natürlich toll, das es e-manuscripta.ch gibt und schön, dass dort nun auch Burckhardts Bilder zu finden sind

 

Die Welt in 100 Jahren

Im 1910 vom Journalisten Arthur Brehmer herausgegebenen Buch "Die Welt in 100 Jahren", haben verschiedene "Experten" mit ihren Vorstellungen zur Welt im Jahre 2010 die damaligen Zeitgenossen in Entzücken und Erstaunen versetzt. 

Das Buch ist vor kurzem im Olms Verlag als Nachdruck mit einem Vorwort von Georg Ruppelt erneut erschienen. Die einzelnen Kapitel haben Titel wie "Verbrechen und Wahnsinn im 21. Jahrhundert" oder "Die Frau in hundert Jahren", usw. Illustriert wurden die Aufsätze von Ernst Lübbert, dessen Zeichnungen alleine bereits Wert wären, das Buch zu kaufen.

Winston Churchills Herz für Bäume

1954 scheint sich Winston Churchill, während seiner zweiten Amtszeit als Premierminister, ziemlich über seinen Arbeitsminister geärgert zu haben, weil dieser einen Baum gefällt hat.

Ökologische Engegagement von politischen Amtinhabern ist also nicht nur eine Erscheinung unserer Zeit :-)

Quelle: The National Archives UK bei Flickr

Sie wussten bereits 1967 was wir dereinst im Internet tun würden...so ungefähr

Philco war ein Unterhaltungselektronik Konzern in den USA, der in 30er Jahren u.A. eine wichtige Rolle auf dem Radiomarkt spielte. 1967 wurde im Auftrag von Philco ein Kurzfilm produziert, der zeigen sollte, wie die elektronischen Geräte im Jahre 1999 unser Alltagsleben bereichern würden.

Dieser Kurzfilm ist offenbar im Jahr 2007 im Internet aufgetaucht und hat scheinbar auch einige Aufmerksamkeit erhalten. Ich habe das damals allerdings verpasst und bin heute zufällig darüber gestolpert. 

Schaut Euch mal diesen kurzen Ausschnitt über das "Homeshopping" an:

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Übergewichtige Kinder - 1967

Übergewicht bei Kindern und Erwachsenen wurde in Grossbritanien offenbar bereits in den 60er Jahren als Problem deklariert. Dieser Film von 1967 versucht ziemlich dramatisch die UK Mütter in Sachen gesunder Ernährung aufzuklären. Interessant sind die ca. 13 Minuten Filmmaterial in verschiedener Hinsicht.

Die Szenen bieten einen aus unserer Sicht oft auch amüsanten Einblick in das Alltagsleben britischer Familien zu dieser Zeit. Im zweiten Teil wird bei ca. 00:40 zum Beispiel ein Kleinkind gewogen. Ich habe etwas Zeit gebraucht, bis ich begriffen hatte, was die Dame da macht. Ist das Wägen mit Gewichtssteinen doch eine Kulturtechnik, die so ziemlich aus unserem Blickfeld verschwunden ist; nicht wahr Christian?

Viele Aussagen zur ausgewogenen Ernährung haben heute noch ihre Gültigkeit. Auch wenn es mittlerweile hunderte von Theorien und zehntausende von wissenschaftlichen Studien mehr gibt als 1967, bleibt es wohl einfach so simpel wie es hier beschrieben wird: Wer mehr Energie zu sich nimmt, als sein Körper verbraucht, setzt an, und wer es umgekehrt macht, nimmt ab. Der Energieumsatz der Menschen ist verschieden, jeder muss für sich selbst herausfinden, wieviel es verträgt. Am einfachsten und auch ohne Kalorien zählen zu müssen, lässt sich das Problem durch einen Ernährungsplan mit viel Früchten und Gemüsen und viel körperlicher Bewegung lösen. 

Die Art und Weise wie der Film den Müttern übergewichtiger Kinder ins gewissen redet, wirkt für unsere Zeit allerdings sehr anmassend. Vor allem am Schluss des dritten Teils, wenn die Schulärztin direkt zu uns spricht, wird es fast unerträglich anklagend. Stellen wir uns einmal vor, wir würden einen solchen Film heute im TV oder im Kino im Vorprogramm zeigen? Mit Steuergeldern finanziert? Es gäbe wohl einige, die sich darüber ziemlich aufregen würden.

Cruel Kindness heisst der Film, grausame Güte zu deutsch. Ziemlich treffend, sowohl für den Inhalt als auch für die Wirkung des Films auf den Betrachter. Viel Spass bei diesem interessanten Dokument der Zeitgeschichte (via BoingBoing).

Cruel Kindness (1967) - Teil 1/3 (4:09)

Cruel Kindness (1967) - Teil 2/3 (5:09)

Cruel Kindness (1967) - Teil 3/3 (3:46)

 

Aus dem Archiv der NZZ

Bei der NZZ Online gibt es eine spannende Rubrik mit der Bezeichung "Aus dem Archiv". Komischerweise ist diese nicht über die Navigation der Website erreichbar (oder ich habe es nicht gefunden).

Es werden dort in unregelmässigen Abständen Scans von NZZ Seiten aus früheren Zeiten als PDF bereitgestellt, was mich als alte Archivratte ausserordentlich freut. Solche Zeitzeugnisse sind darum spannend, weil sie uns einen äusserst direkten Zugang zu unserer Geschichte ermöglichen.

So zeigt uns zum Beispiel das TV-und Radio Programm vom Oktober 1965, dass das Schweizer Fernsehen unter der Woche jeweils um 19.00h mit der Tagesschau so senden begonnen hat und bereits um ca. 22.15 wieder mit einer letzten Tageschau den Fernsehabend beendete. Na, das waren noch Zeiten :-)

NZZ ich wünsche mir mehr davon, viel mehr...

Nationalbibliothek - eindrücklich, aber die sind nicht wirklich am Bücher scannen.

Ich habe die Tage der offenen Tür der Schweizerischen Nationabibliothek NB zum Anlass genommen, mich ein wenig über deren Werkzeuge und Aktivitäten in Sachen Content Digitalisierung schlau zu machen.

Bevor ich mich dazu äussere aber noch kurz ein paar eindrückliche Fakten über unsere Nationalbibliothek: Sie versucht seit mehr als 100 Jahren möglichst alles was irgendwie mit der Schweiz zu tun hat (Helvetica) zu archivieren1. Alles von Schweizer Autoren, alles was in der Schweiz publiziert oder gesendet wird, auch Vereins- und Firmenpublikationen, Amtliche Schriften usw. sowie alles was im Ausland über die Schweiz veröffentlicht wird oder sonstwie im Bezug zur Schweiz steht, z.B Übersetzungen Schweizer Autoren, usw.

Ich bin ja auch ein Messie, aber da da läppert sich dann doch einiges mehr zusammen als in meinen Archiven :-). Wir sprechen hier von fast 5 Millionen Einheiten. 2.5 Millonen Bücher oder 500'000 Bände fortlaufender Publikationen, also Zeitungen, Zeitschriften und andere Periodika. 500'000 graphische Blätter, usw.2 Das neue Tiefmagazin in Bern bietet auf 4 Stockwerken zusätzlichen Platz für 83 Kilometer Regalfläche. 1997 wurde das erste Tiefmagazin mit ca. 59 Kilometern Regalen auf 7 Stockwerken eingeweiht.3

Übrigens müssen bei uns weder elektronische noch gedruckte Medienerzeugnisse an die Nationalbibliothek geliefert werden. Die Verlage tun dies aufgrund eines freiwilligen Abkommens seit 1915. Aus dieser Tradition heraus wurde bei uns auch nicht daran gedacht, Website Betreiber dazu zu verpflichten, ihre Website Inhalte einzuliefern, wie das etwa in Deutschland der Fall ist.4

Nachdem ich den ersten Rundgang durch das neue Lager abgeschlossen hatte, bin ich endlich im Raum für Reproduktion und Scanning angekommen. Dort habe ich eigentlich gehofft, ja erwartet, dass ich 5-10 Bücherscanner dieser Art antreffen würde (Youtube Video):


Stattdessen gab es dort 2 Arbeitsplätze wie diese (Foto):

Es hat sich dann im Gespräch herausgestellt, dass hier sehr gemächlich einzelne Seiten bzw. Bücher gescannt werden. Und zwar die, die oft nachgefragt werden. Diese können dann auf CD-Rom bezogen werden. Der Server für den Online Zugang sei seit Anfang Jahr im Aufbau!

Die Scanstationen seien vor allem dazu da, Reproduktionen anzufertigen. Die Leute dort denken immer noch vollständig in Papier. Der Buchscanner ist Teil eines Kopierprozesses. Die gescannten Vorlagen sollen wieder gedruckt und die gedruckten Seiten gebunden werden. Darum wird hier auch kein OCR Verfahren auf die gescannten Seiten angewendet. Es hat mich tatsächlich jemand gefragt, wozu das gut sein soll? Als ich darauf geantwortet habe:"für die Volltextsuche zum Beispiel oder die einfache Zitierung durch kopieren und einfügen" meinte der nette Herr: "Das ist kein Bedürfniss der Bibliotheken, höchstens der Kunden" ;-).

Es wird, so wie es aussieht noch sehr lange dauern, bis unser gedrucktes kulturelles Erbe auch nur ansatzweise online verfügbar sein wird. Und wenn ich mir die strategische Planung 2009-2015 (sic!) des e-Helvetica Projektes so ansehe (PDF), bin ich mir nicht sicher, dass ich das noch erleben werde. Ich werde also weiter sammeln, was das Zeug hält und mir vielleicht mal einen besseren Bookscanner anschaffen als meinen Plustek OptiBook3600 (Youtube Video). Zum Beispiel ein BookEye (Youtube Video).

Oder ich fahre hin und wieder mit einem Rucksack voller Bücher nach Bern. Denn das wiederum finde ich sehr innovativ: Dort, wo die öffentlichen Kopierer stehen, gibt es auch einen öffentlichen Buchscanner. Einen Zeutschel OS12000 und solange ich nichts ausdrucken, sondern nur die Files haben will, ist die Nutzung kostenlos (Youtube Video):

Hier auf andreasvongunten @ posterous gibt es noch die restlichen iPhone Fotos (Schnappschüsse) meines Rundganges durch die Schweizerische Nationalbibliothek.

Und hier noch ein etwas langatmiges Video zum neuen Tiefmagazin:

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1 Die Nationalbibliothek hat 1895 ihren Betrieb aufgenommen.
2 In der Broschüre "Die Sammlungen" (2007), wird nicht die Gesamtzahl der Einheiten erwähnt, in der Medienmitteilung zur Pressekonferenz zur Eröffnung des neuen Tiefmagazins wird von 5 Millionen Dokumenten geschrieben.
3 Pressemitteilung zu den Tagen der offenen Tür.
4 In Deutschland ist offenbar eine "Verordnung über die Pflichtablieferung von Medienwerken an die Deutsche Nationalbibliothek" in Kraft (FAZ Online) In der Schweiz gibt es das Projekt e-Helvetica. Hier werden aber entgegen den Aussagen im FAZ Online Artikel, die Website Betreiber nicht dazu verpflichtet die Daten zu liefern, wie mir ein Mitarbeiter der NB erklärt hat.