Bundesrätin Widmer-Schlumpf wird die offenen Fragen wohl aussitzen können.

Ich habe mich nach dem DOK Film "Die Abwahl" auch gefragt, wer hat hier wohl am meisten gelogen? (Da erging es mir ähnlich wie Christian Schenkel)

Irgendwie macht es nicht viel Sinn, dass die Rädelsführer der Blocher Abwahl, Andrea Hämmerle und Ursula Wyss, "ihrer" Bundesrätin solche Probleme bescheren und doch scheinen sie hier die Grundlagen für viel Ärger zu legen, ging mir durch den Kopf.

Als das Wochende nach Ausstrahlung endete, ohne dass die Sonntagspresse das Thema aufgenommen hat, wurde mir bewusst, dass alle, die sich so stark über die Abwahl Blochers freuten, nun einfach Ruhe wollen und es ihnen egal ist, ob Frau Widmer-Schlumpf die Öffentlichkeit angelogen hat oder nicht. Diesen Stein wird daher auch die Weltwoche kaum ins Rollen bringen können. Wyss, Hämmerle und Darbellay gingen wohl auch davon aus.

Aber wer weiss? Vielleicht bringen Ernst Mühlemann's äusserungen auf rebell.tv noch ein bisschen Bewegung in die Geschichte.

Wer den DOK-Film noch nicht gesehen hat, er ist auf Youtube:

Gemeinsamkeiten von Christoph Blocher und Hugo Chávez oder die Einfachheit des ideologischen Geisteslebens.

In der WOZ Nr. 48 vom 29. November 2007 wird eine mehrseitige Berichterstattung über den umstrittenen, sozialistischen Staatspräsidenten von Venezuela durch ein Interview mit dem ehemalichen Schweizer Botschafter Walter Suter ergänzt. Suter, der in diesem Interview ziemlich unverblümt seine Sympathien für den linken Volkstribun zeigt, sagt unter anderem folgende Sätze um den bolivarianischen Revolutionär zu verteidigen:

"Chávez hat viele Ideen und gibt Impulse für die Politik. Das macht kein populistischer Diktator. Natürlich sind der Personenkult um Chávez und sein Gehabe für die europäische Wahrnehmung seltsam. Aber ein grosser Teil der Bevölkerung nimmt das nicht auf eine negative Weise als autoritär war. Man muss bei Chávez zwischen der Form und dem Inhalt unterscheiden. Die Form ist sehr extrem, das kann dazu verleiten, dass man daran den Inhalt misst"

Stellen wir uns nun vor, es hätte jemand diesen Aussage über den Ex-Bundesrat Christoph Blocher vor dem 12. Dezember gemacht. Das hätte sich dann so gelesen:

"Blocher hat viele Ideen und gibt Impulse für die Politik. Das macht kein populistischer Diktator. Natürlich sind der Personenkult um Blocher und sein Gehabe für die europäische Wahrnehmung seltsam. Aber ein grosser Teil der Bevölkerung nimmt das nicht auf eine negative Weise als autoritär war. Man muss bei Blocher zwischen der Form und dem Inhalt unterscheiden. Die Form ist sehr extrem, das kann dazu verleiten, dass man daran den Inhalt misst."

So wunderschön einfach ist das geistige Leben wenn man ideologisch unterwegs ist, dann kann man ohne mit der Wimper zu zucken beim einen sympathisch finden, was man beim anderen verteufelt.

 

Bundesratswahlen 2007: Überheblichkeit ist jetzt Fehl am Platz

Die neue Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf macht einen sympathisch besonnen Eindruck. Der Bundesrat als Regierungsgremium hat wahrscheinlich an Wirkungskraft gewonnen und die Ausgangslage für eine neue Versachlichung der politischen Auseinandersetzung ist nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick aussieht.

Die SVP, bzw. die Anhänger der SVP-Politik zürcherischer Ausprägung sind aus verständlichen Gründen enttäuscht, empört, ja viele wahrscheinlich ziemlich wütend. Nur, innerhalb der SVP haben noch längst nicht alle soviel Ausdauer und Passion um nun jahrelang im Regen zu stehen und dabei die Faust zu ballen, ausser sie werden immer wieder von neuem angestachelt.

Die öffentlich zur Schau gestellte Häme einer Therese Frösch, das bereits gestern Abend schon wieder eingesetzte majestätische Gehabe eines Bundespräsidenten Couchepin, das inkompetente Geplauder zum Unterschied von Wirtschaft und Politik eines Andreas Gros, usw. helfen nicht gerade, den Verlierern von Heute einen Weg zurück in eine Politk des gegenseitigen Respekts zu finden.

Ich weiss natürlich, dass die wichtigsten Exponennten der SVP mit schlechten Manieren im Bezug auf das Ausfechten von Meinungsverschiedenheiten nicht gerade geizen. Gerade deswegen, sollte man es ihnen nicht gleich tun.

Mit der Zeit werden die einen oder anderen SVP Parlamentarier und ihre Anhänger sehen, dass sie weiter kommen, wenn sie konstruktiv mitarbeiten. Es besteht eigentlich eine grosse Chance den radikalisierten Flügel dieser Partei in den nächsten Jahren zu marginalisieren und den gemässtigen Teil neu zu integrieren und zu stärken, sofern von den Siegern dieser historischen Bundesratswahl auf Überheblichkeit verzichtet wird.

 

Ein Fehler des Parlaments, aber Frau Widmer-Schlumpf sollte die Wahl annehmen

Das Eidgenössische Parlament hat heute einen Fehler gemacht. 30% der Schweizer Bevölkerung hat die SVP gewählt. 29% desjenigen Teils der Schweizer Bevölkerung, die an den Nationalratswahlen 2007 teilgenommmen haben, hat die SVP gewählt. Der grösste Teil davon, die SVP, die durch den derzeit abgewählten Bundesrat Christoph Blocher vertreten wird. Es war nicht richtig, den Partei- und Wählerwillen so zu desavouieren. Aber die Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben entschieden und Frau Widmer-Schlumpf sollte diese Wahl nun annehmen.

Was die SVP hier nun erlebt hat, war auch für die SP oft harte Realität. Erinnern wir uns an die Wahl von Otto Stich oder den Verzicht von Francis Matthey, auf Druck seiner Partei notabene. Ich war auch damals der Meinung, dass der Wille der Parteien respektiert werden sollte, dass aber eine Wahl eine Wahl ist und die gewählte Person nicht aus parteipolitischen Gründen ein Amt ablehen soll.

Wenn Frau Widmer-Schlupf die Wahl annimmt, will die SVP in die Opposition gehen, heisst es. Nur, was bedeutet das in der Realität? Eine absolute Mehrheit kann die Partei in unserem Land wohl kaum erhoffen zu erreichen, und den Instrumenten Referendum und Initiative sind auch einige Grenzen gesetzt.

Die SVP würde in der Opposition nicht viel anrichten können und viele Exponenten dieser Partei, werden es sich wohl gut überlegen, ob sie nun die nächsten vier Jahre dauernd Unterschriften sammeln oder mitgestalten wollen.

Eines allerdings ist wohl ziemlich sicher, die politische Auseinandersetzungen werden in den nächsten vier Jahre nicht sachlicher geführt werden können, was ziemlich schade ist und uns weiterhin viel Energie kosten wird.

Als eher heuchlerisch empfinde ich das grossartige Resultat von Bundesrat Merz. Er wurde von der vereinigten Linken bis weit in die Mitte rein, immer mit der Politik von Herrn Blocher gleichgesetzt. Konsequenterweise hätte mindestens ein grosser Teil der Parlamentarier und Parlamentarierinnen, die Herrn Blocher die Stimme verweigert haben, auch Herrn Merz die Stimme nicht geben dürfen. 

Warten wir nun gespannt auf morgen 08.00h und hören was uns Frau Widmer-Schlumpf zu sagen haben wird.

Ist das die Qualität die ihr meint, liebe professionelle Medienschaffende?

Diese Woche sind gleich zwei schöne Beispiele zu verzeichnen, die zeigen, dass es mit der sogenannten Qualität in den professionellen Redaktionen auch nicht immer so weit her ist, wie oft behauptet wird.

Der Tages Anzeiger hat gestern diese Korrektur veröffentlicht:

korrekt_ta_070928_s4.gif"Nicht von Blocher gekauft
In der Ausgabe vom Mittwoch schrieb der TA, Christoph Blocher habe auf Rechnung seiner Ems-Che­mie die beiden Schlösser in Fürste­nau (Schloss Schauenstein, Bischöfli­ches Schloss Fürstenau) und das Schloss Rhäzüns gekauft. Richtig ist, dass Schloss Rhäzüns bereits 1958 und die andern Schlösser 1962 – also elf respektive sieben Jahre vor dem Eintritt von Christoph Blocher in die Ems-Chemie und über 20 Jahre vor dessen Übernahme von Ems – durch den Gründer und damaligen Eigentü­mer von Ems, Werner Oswald, ge­kauft worden sind. Die Schlösser Schauenstein und Fürstenau wurden 1982 respektive 1998 an Dritte ver­kauft und sind heute nicht mehr im Eigentum von Ems.
(TA)
" (Tages Anzeiger vom 28.9.2007, S.4)

Diese "Korrektur" betrifft einen Artikel über den Verkauf von Schlössern durch verschiedene Kantone im Tages-Anzeiger vom 26.9.2007 auf der Seite 4. Dort wird aufgezählt wer alles Schlösser gekauft hat in der Schweiz und mit dem Absatztitel: "Geldadel statt Blutadel" geschrieben: "...Und Christoph Blocher kaufte auf Rechnung seiner Ems-Chemie gleich drei Bündner Anwesen: die beiden Schlösser in Fürstenau und das Schloss Rhäzüns, heute Bundesrat Blochers Rückzugsfeste."

Eine Aussage, die offenbar völlig an den Haaren herbeigezogen ist, wie die zwei Tage später publizierte Korrektur zeigt.

Noch eine Runde gravierender ist der Fall Jürg Maurer. Blick und Sonntagsblick entschuldigen sich auf der Titelseite ihrer Blätter für Ihre Berichterstattung und müssen im Rahmen eines Vergleiches festhalten, "dass die Berichterstattung über den Portfolio-Manager Maurers Persönlichkeit schwer verletzt habe. Man entschuldige sich dafür in aller Form. Es habe keinen Anlass gegeben, Maurers Qualitäten als Verwalter der Rieter-Pensionskasse in Frage zu stellen, ihm ein dubioses oder strafbares Verhalten vorzuwerfen sowie ihn als frechsten Pensionskassenverwalter der Schweiz zu bezeichnen, heisst es weiter. Unzutreffend seien insbesondere die Unterstellungen gewesen, Maurer habe sich zu Lasten der Pensionskasse Rieter oder des Volksvermögens persönlich bereichert oder sein Vermögen auf dubiose Art erwirtschaftet." (Quelle: Tages Anzeiger Online).

So sieht dass dann auf der Blick Frontseite aus:

blick_front_sorry_juerg_maurer.jpg 

Bildquelle: Blick Online 

Ronnie Grob hat auf medienlese.com noch ausführlicher zu diesem Fall geschrieben.

Was können wir daraus lernen? Auch in den etablierten Medien steht viel Mist. Auch in etablierten Medienredaktionen arbeiten Menschen, die ihre eigene Meinung zu einem Thema haben und nicht davor gefeit sind, sich von dieser treiben zu lassen.

Darum heisst die Devise egal, ob Blog, Tageszeitung, Radio oder Fernsehen: Von dieser Geschichte gibt es auch noch eine andere Seite die es zu beachten gilt, wenn man sich selber ein Urteil machen will.