Ausweg aus der Empörungsspirale? - Zum Vorschlag zur Konfliktlösung "SVP vs. Bundesrätin Widmer-Schlumpf" von Silvano Moeckli

Silvano Moeckli, Professor für Politikwissenschaft an der Universität St.Gallen, analysiert im Tages Anzeiger von heute den Konflikt zwichen der SVP und der Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Er macht einen Vorschlag, wie ein Kompromiss zur Konfliktlösung aussehen könnte (Ich habe den Artikel leider noch nicht online gefunden, ärgerlich).

Seine Idee ist, dass die SVP ihre ungewollte Bundesrätin in die Fraktion aufnimmt und im Gegenzug Frau Widmer Schlumpf verspricht, dass sie sich für 2011 einer internen ausmarchung stellen soll und ein allfälliger entscheid gegen sie, akzeptieren soll. Zitat: "Sie verpflichtet sich, vor der erneuten Kandidatur 2011 ein parteiinter­nes Nominationsverfahren zu durchlaufen. Sie sagt zu, nicht mehr zu kandidieren, wenn ein na­tionales Parteigremium 2011 mit Zweidrittel­mehrheit ihre Kandidatur nicht mehr wünscht." (Silvano Moeckli, Tages-Anzeiger vom 16.4.2008, S.9).

Ein solcher "Kompromiss" wie es Herr Moeckli nennt, erscheint mir allerdings ziemlich realitätsfremd. Nie und nimmer kann die SVP in diesem Streit zurückkrebsen bzw. mit Frau Widmer-Schlumpf irgendwelche Deals eingehen und auf gar keinen Fall, kann die SVP die Bundesrätin in die Fraktion aufnehmen. Die Wähler und Wählerinnen der Hardliner-SVP würden einen solchen Schritt kaum verstehen und schon gar nicht gutheissen. Kommt dazu, dass ein gemeinsamer Feind eine Gruppe zusammenschweisst. Diese perfekte Situation wird die SVP Führung kaum freiwillig aufgeben.

Nein, der Auweg aus der Empörungsspirale, wie Herr Moeckli seinen Vorschlag sieht, besteht sicher nicht in der Hoffnung, die beiden zerstrittenen Pole könnten sich irgendwie versöhnen.

Es ist viel einfacher: Wir, die nicht SVP-Mitglieder sind, sollten uns einfach nicht mehr so empören. Provokation funktioniert nur, wenn da jemand ist, der sich provozieren lässt. Alle die sich so aufregen, dass wir anstelle von politischen Inhalten über Form- und Stilfragen debattieren, sollten einfach damit beginnen die SVP inhaltlich zu kontern, und alles wäre vorbei.

Bundesrätin Widmer-Schlumpf wird die offenen Fragen wohl aussitzen können.

Ich habe mich nach dem DOK Film "Die Abwahl" auch gefragt, wer hat hier wohl am meisten gelogen? (Da erging es mir ähnlich wie Christian Schenkel)

Irgendwie macht es nicht viel Sinn, dass die Rädelsführer der Blocher Abwahl, Andrea Hämmerle und Ursula Wyss, "ihrer" Bundesrätin solche Probleme bescheren und doch scheinen sie hier die Grundlagen für viel Ärger zu legen, ging mir durch den Kopf.

Als das Wochende nach Ausstrahlung endete, ohne dass die Sonntagspresse das Thema aufgenommen hat, wurde mir bewusst, dass alle, die sich so stark über die Abwahl Blochers freuten, nun einfach Ruhe wollen und es ihnen egal ist, ob Frau Widmer-Schlumpf die Öffentlichkeit angelogen hat oder nicht. Diesen Stein wird daher auch die Weltwoche kaum ins Rollen bringen können. Wyss, Hämmerle und Darbellay gingen wohl auch davon aus.

Aber wer weiss? Vielleicht bringen Ernst Mühlemann's äusserungen auf rebell.tv noch ein bisschen Bewegung in die Geschichte.

Wer den DOK-Film noch nicht gesehen hat, er ist auf Youtube:

Ein Fehler des Parlaments, aber Frau Widmer-Schlumpf sollte die Wahl annehmen

Das Eidgenössische Parlament hat heute einen Fehler gemacht. 30% der Schweizer Bevölkerung hat die SVP gewählt. 29% desjenigen Teils der Schweizer Bevölkerung, die an den Nationalratswahlen 2007 teilgenommmen haben, hat die SVP gewählt. Der grösste Teil davon, die SVP, die durch den derzeit abgewählten Bundesrat Christoph Blocher vertreten wird. Es war nicht richtig, den Partei- und Wählerwillen so zu desavouieren. Aber die Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben entschieden und Frau Widmer-Schlumpf sollte diese Wahl nun annehmen.

Was die SVP hier nun erlebt hat, war auch für die SP oft harte Realität. Erinnern wir uns an die Wahl von Otto Stich oder den Verzicht von Francis Matthey, auf Druck seiner Partei notabene. Ich war auch damals der Meinung, dass der Wille der Parteien respektiert werden sollte, dass aber eine Wahl eine Wahl ist und die gewählte Person nicht aus parteipolitischen Gründen ein Amt ablehen soll.

Wenn Frau Widmer-Schlupf die Wahl annimmt, will die SVP in die Opposition gehen, heisst es. Nur, was bedeutet das in der Realität? Eine absolute Mehrheit kann die Partei in unserem Land wohl kaum erhoffen zu erreichen, und den Instrumenten Referendum und Initiative sind auch einige Grenzen gesetzt.

Die SVP würde in der Opposition nicht viel anrichten können und viele Exponenten dieser Partei, werden es sich wohl gut überlegen, ob sie nun die nächsten vier Jahre dauernd Unterschriften sammeln oder mitgestalten wollen.

Eines allerdings ist wohl ziemlich sicher, die politische Auseinandersetzungen werden in den nächsten vier Jahre nicht sachlicher geführt werden können, was ziemlich schade ist und uns weiterhin viel Energie kosten wird.

Als eher heuchlerisch empfinde ich das grossartige Resultat von Bundesrat Merz. Er wurde von der vereinigten Linken bis weit in die Mitte rein, immer mit der Politik von Herrn Blocher gleichgesetzt. Konsequenterweise hätte mindestens ein grosser Teil der Parlamentarier und Parlamentarierinnen, die Herrn Blocher die Stimme verweigert haben, auch Herrn Merz die Stimme nicht geben dürfen. 

Warten wir nun gespannt auf morgen 08.00h und hören was uns Frau Widmer-Schlumpf zu sagen haben wird.