Kuba ist für politische Dissidenten wohl eher Hölle als Himmel

Franco Cavalli ärgert sich darüber, dass die Berichterstattung zum 50-Jahres Jubiläum der Kubanischen Revolution im Tages-Anzeiger bislang eher kritisch gegenüber dem kommunistischen Vorzeigestaat ausgefallen ist.

Sein Artikel mit dem Titel "Weder Himmel noch Hölle" vergleicht die Situation Kubas mit derjenigen der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. In einem solchen Kontext sei es "nachvollziehbar, wenn auch  kritisierbar, dass es in Kuba immer noch etwa hundert politische Gefangene – keine neuen seit fünf Jahren – gibt." (Tages-Anzeiger Nr. 3/2008, S.9).   

Amnesty International schreibt zwar von derzeit weniger als 100 inhaftierten, Human Rights Watch referenziert hingegen einen Report (PDF) der Cuban Commission for Human Rights and National Reconciliation, welcher über 230 politische Gefangene auflistet. 

Ob 100 oder 230, jeder aus politischen Gründen inhaftierte Mensch, ist einer zuviel! 

Eine Gesellschaft, die eine hohe Alphabetisierungsrate und eine niedrige Kindersterblichkeit durch massive Einschränkung der meisten politischen Menschenrechte erreicht, bezahlt einen zu hohen Preis für diese Ergebnisse. 

Es scheint auch nicht so zu sein, wie Herr Cavalli schreibt, dass es seit fünf Jahren keine neuen politischen Gefangenen mehr gibt. 

So können wir zum Beispiel im aktuellen Amnesty International Bericht zu Kuba lesen: 

"Die Praxis, politisch Andersdenkende und Kritiker mit Hilfe strafrechtlicher Maßnahmen zum Schweigen zu bringen, hielt unvermindert an. Viele wurden wegen Straftaten, die als "Gefahr für die Gesellschaft" galten, verurteilt - eine Präventivmaßnahme, um die "Neigung zu Verbrechen" einzudämmen. Verhalten wie Trunkenheit, Drogensucht und "antisoziales Verhalten" wurden kriminalisiert. Diesbezügliche Gesetze wurden jedoch fast ausschließlich gegen politische Dissidenten, unabhängige Journalisten und regierungskritische Personen angewendet. Wenn eine Person der "Gefährdung" überführt wurde, musste sie damit rechnen, zu bis zu vier Jahren Haft verurteilt zu werden. Zudem konnten "therapeutische Behandlung", "Umerziehung" oder "Überwachung durch die Revolutionäre Nationalpolizei" verfügt werden."

und:

"José Oscar Sánchez Madan wurde im April vom Stadtgericht von Union de Reyes wegen "sozialer Gefährdung" in einem Schnellverfahren zu vier Jahren Haft verurteilt. Sein Verfahren fand bereits vier Stunden nach seiner Festnahme statt, und kein Familienmitglied wurde darüber informiert oder durfte daran teilnehmen. José Oscar Sánchez Madan ist ein Sprecher der Dissidentenbewegung Movimiento Independiente Opción Alternativa."

und weiter: 

"Die Drangsalierung politischer Dissidenten, unabhängiger Journalisten, Kritiker und Personen, die über die Menschenrechtslage in Kuba berichten, hielt unvermindert an. Einige von ihnen wurden für 24 oder 48 Stunden inhaftiert, andere über Monate oder sogar Jahre festgehalten und warteten noch auf ihr Verfahren."

Im aktuellen Bericht von Human Rights Watch steht:

"Cuba remains the one country in Latin America that represses nearly all forms of political dissent. There have been no significant policy changes since Fidel Castro relinquished direct control of the government to his brother Raul Castro in August 2006. The government continues to enforce political conformity using criminal prosecutions, long-term and short-term detentions, mob harassment, police warnings, surveillance, house arrests, travel restrictions, and politically-motivated dismissals from employment. The end result is that Cubans are systematically denied basic rights to free expression, association, assembly, privacy, movement, and due process of law." 

Es hat jeder das Recht, der Meinung zu sein, dass ein kommunistisches Gesellschaftssystem etwas Erstrebenswertes sei. Aber wir sollten immer daran denken, dass es bis jetzt noch keine kommunistische Gesellschaft gegeben hat, die durch freie Wahlen der betroffenen Bevölkerung eingerichtet wurde, geschweige denn, sich hat halten können.

Ein Staat ist für die Menschen da, die ihn verkörpern und nicht umgekehrt.

Ein Staat, kommunistisch oder kapitalistisch, der es nicht zulässt kritisiert zu werden und der die Menschen daran hindert auszureisen, ist ein Unrechtsstaat und keine noch so guten Ergebnisse in irgendwelchen Bereichen, ändern etwas in dieser Hinsicht. Ein Regime, dass sich nicht freien Wahlen stellt verfügt über keinerlei Legitimation. Jede Art von Relativismus in dieser Frage halte ich für unangebracht.

Für die von den Repressalien in Kuba betroffenen Menschen und ihre Angehörigen ist Kuba mehr Hölle als Himmel und für diese Menschen ist es wichtig, dass wir, die bezüglich unserer Freiheitsrechte im Himmel leben, nicht den Fehler begehen, die Hölle zu verniedlichen.

Gemeinsamkeiten von Christoph Blocher und Hugo Chávez oder die Einfachheit des ideologischen Geisteslebens.

In der WOZ Nr. 48 vom 29. November 2007 wird eine mehrseitige Berichterstattung über den umstrittenen, sozialistischen Staatspräsidenten von Venezuela durch ein Interview mit dem ehemalichen Schweizer Botschafter Walter Suter ergänzt. Suter, der in diesem Interview ziemlich unverblümt seine Sympathien für den linken Volkstribun zeigt, sagt unter anderem folgende Sätze um den bolivarianischen Revolutionär zu verteidigen:

"Chávez hat viele Ideen und gibt Impulse für die Politik. Das macht kein populistischer Diktator. Natürlich sind der Personenkult um Chávez und sein Gehabe für die europäische Wahrnehmung seltsam. Aber ein grosser Teil der Bevölkerung nimmt das nicht auf eine negative Weise als autoritär war. Man muss bei Chávez zwischen der Form und dem Inhalt unterscheiden. Die Form ist sehr extrem, das kann dazu verleiten, dass man daran den Inhalt misst"

Stellen wir uns nun vor, es hätte jemand diesen Aussage über den Ex-Bundesrat Christoph Blocher vor dem 12. Dezember gemacht. Das hätte sich dann so gelesen:

"Blocher hat viele Ideen und gibt Impulse für die Politik. Das macht kein populistischer Diktator. Natürlich sind der Personenkult um Blocher und sein Gehabe für die europäische Wahrnehmung seltsam. Aber ein grosser Teil der Bevölkerung nimmt das nicht auf eine negative Weise als autoritär war. Man muss bei Blocher zwischen der Form und dem Inhalt unterscheiden. Die Form ist sehr extrem, das kann dazu verleiten, dass man daran den Inhalt misst."

So wunderschön einfach ist das geistige Leben wenn man ideologisch unterwegs ist, dann kann man ohne mit der Wimper zu zucken beim einen sympathisch finden, was man beim anderen verteufelt.

 

Was ist Aufklärung?

Man kann es einfach nicht oft genug zitieren:

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschliessung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! "

Immanuel Kant

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