Apple iBooks Author - Es geht doch nicht um Schulbücher, es geht um Amazon und den ganzen Buchmarkt

Gesten hat Apple, wie wir alle wissen, die neuen Produkte iBooks2 mit iBooks Textbooks, den iBooks Author und das erneuerte iTunesU vorgestellt. Der Schwerpunkt der Präsentation lag auf der Betonung dieser neuen Anwendungen und Funktionen für die Aus- und Weiterbildung. Es gehe darum, das Schulbuch neu zu erfinden und Lehreren und Ausbildungsstätten weltweit neue Instrumente in die Hand zu geben, um das Lehren und Lernen zu vereinfachen und wirksamer zu gestalten und zu organisieren. 

Es ist sicher richtig, dass sowohl iTunes U wie auch diese neue Form der digitalen Lehrbücher einen grossen Schritt vorwärts für den Bildungssektor bedeuten könnten. Aber eigentlich geht es Apple um viel mehr.

Es geht darum Amazon mit ihrer Kindle Publishing Plattform und der Buchbranche insgesamt ein alternatives Modell entgegen zu stellen. Apple will den Erfolg des App Stores im iBookstore wiederholen und muss unbedingt gegenüber Amazon Terrain wettmachen. Dafür reichen die "Schulbücher" sicherlich nicht aus.

Mit dem kostenlosen E-Book Autorenwerkeug iBooks Author wird das erstellen von professionellen E-Books und das Publizieren und Verkaufen im iBookstore zum Kinderspiel. Richard Gutjahr beschreibt auf seinem Blog sehr schön, wie einfach und schnell das alles funktionert.

Dabei geht es keinesfalls nur darum, dass nun ein paar Hobbyautoren, wie sie da und dort abschätzig genannt werden, ihre Werke aufgepeppen und in den iBookstore stellen können.

Mit dem iBooks Author können auch die professionellen Verlage und Autoren arbeiten und ihre Inhalte mit viel weniger Aufwand als bisher, multimedial aufbereiten und über eine funktionierende E-Commerce Plattform verteilen. So wurde ja während der Keynote gezeigt, dass auch die Schulbücher von Pearson, McGraw-Hill, usw damit erstellt wurden. Ich bin ziemlich sicher, dass wir rasch eine explosionsartige Zunahme von grossartigen Inhalten im iBookstore sehen werden.

Der Goldrausch-Stimmung, die sich nun vielleicht ausbreitet, möchte ich allerdings einen kleinen Dämpfer aufsetzen. Gerade weil es so einfach wird, im iBookstore zu publizieren, wird es noch ein viel grösseres Überangebot an Inhalten, als im Markt für gedruckte Bücher geben. Viele, auch gute Inhalte werden kostenlos angeboten werden. Und dort wo man noch etwas Geld verlangen kann, werden die Preise um den Faktor 5-10 tiefer liegen, als beim gedruckten Buch. Das sieht man auch bei den angebotenen Schulbüchern wie dem Biologie Buch aus  dem Pearson Verlag, das im iBookstore für 15 USD angeboten wird, während die gedruckte Variante bei uns im Buchhandel ca. 130 CHF kostet. Es wird weiterhin viele gute Ideen brauchen, um die Bücher zum Leser zu bringen, und damit Geld zu verdienen. So wie es kein Perpetuum Mobile gibt, wird es keine Gelddruckmaschine im Internet geben.

Dann gibt es da auch noch den einen oder anderen Wermutstropfen. So braucht man eine Amerikanische Tax ID um im iBookstore Bücher verkaufen zu können. Der Aufwand, sich eine solche zu besorgen hält sich zwar in Grenzen, aber es ist halt doch eine Hürde, die zu nehmen ist. Als weitere Bedingung will Apple eine ISBN Nummer für jedes Buch, dass verkauft werden soll. Auch das ist eigentlich kein grosses Problem, aber man muss sich darum kümmern. Diese Bedingungen gelten nicht, wenn die Bücher kostenlos angeboten werden. Apple nimmt 30% des Verkaufspreises, was im Vergleich zu Amazon nicht unattraktiv ist. Ein weiterer negativer Punkt ist auch, dass die E-Books, die mit dem iBooks Author erstellt werden, zwar als PDF exportiert werden können, dann aber alle interaktiven Elemente verlieren. Das eigentliche Format der Apple iBooks ist natürlich ein proprietäres Format, und nicht etwa das als zukünftiger Standard vorgesehene EPUB3. Kommt dazu, dass die Nutzungsbedingungen von Apple verbieten, die E-Books, die mit dem iBooks Author erstellt werden auf andere Weise als durch den iBookstore von Apple zu verkaufen.

Doch alle diese Hindernisse werden die Inhalteanbieter nicht davon abhalten damit E-Books zu entwickeln und in den iBookstore zu publizieren. Der Grund ist ganz einfach. Es gibt im Moment noch keine Alternative. Es gibt keinen anderen internationalen Vertriebskanal für solche Bücher. Denn die klassischen E-Books sind damit nicht zu vergleichen.

Ich finde es zwar auch schade, dass Apple ihre Politik des geschlossenen Systems offenbar weiter führt, aber wir konnten ja nicht wirklich etwas anderes erwarten. Das ganze ist auch viel weniger problematisch als es auf den ersten Blick scheint. Denn Apple hat vor allem mal wieder gezeigt, wie es eigentlich sein sollte. Sie haben eine neue Benchmark gesetzt und der Markt wird uns bald Alternativen bescheren. Die Zukunft des E-Books liegt klar im HTML5 bzw. EPUB3 Format. Es wird Anwendungen wie den iBook Author geben, die im Browser als Service laufen und die E-Books in offenen Formaten exportieren und publizieren und die Bücher wieder aus ihren proprietären Silos befreien.

Bücher gehören ins offene Netz und nicht in irgendeine geschlossene Wolke und ich bin zuversichtlich, dass wir dahin kommen werden. Bis es soweit ist, ist der Apple iBookstore mit dem iBooks Author seit gestern eine interessante und definitiv disruptive Geschichte. Die Content-Welt bleibt spannend und die Möglichkeiten unendlich. 

Abschliessend möchte ich noch darauf hinweisen, wie absurd sich mir auch in diesem Kontext wieder die Diskussion um die Buchpreisbindung präsentiert. Dass ein Branchenfremder wie Apple ein solches Produkt und einen Vertriebskanal dazu aufbaut, zeigt doch, dass die Buchbranche es bis jetzt ganz einfach verpennt hat, die digitale Welt für sich zu nutzen. Während wir hier darum streiten, ob die gedruckten Bücher einen festen Preis haben sollen oder nicht, wird in grossen Schritten die digitale Buchwelt entwickelt. Es wäre gescheiter die Branchverbände würden sich um die Internet-Weiterbildung ihrer Mitglieder kümmern als Geld in solche Kampagnen zu buttern.

Buchpreisbindung - Stürmische Zeiten für Verlage?

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Ich kann ja noch einigermassen nachvollziehen, dass kleine Buchhandlungen der Meinung sein können, dass Ihnen die Wiedereinführung der Buchpreisbindung etwas mehr Handlungsspielraum gibt. Wenn ich auch davon überzeugt bin, dass dieser Zusatznutzen im Vergleich zu den Herausforderungen, denen diese kleineren Händler gegenüber stehen, viel zu klein ist. Kommt dazu, dass das Buchpreisbindungsgesetz ja den Endverkaufspreis bindet und nicht den Einkaufspreis für den Händler. Die grossen Buchhandelskonzerne werden also auch in Zukunft zu viel tieferen Preisen einkaufen können als die kleinen Geschäfte. 

Eingentlich wollte ich mich ja für eine Weile nicht mehr zu diesem Thema äussern, aber der Beitrag "Stürmische Zeiten für Verlage: Verlagsvielfalt ist bedroht" auf der Website der Befürworter-Kampagne, lässt mich seit gestern nicht mehr los. Es ist eigentlich schade, dass ich dort nicht kommentieren kann, dann würde vielleicht eine Diskussion dort stattfinden, wo sie angestossen wurde. Nun denn...

Es schreibt also der Verleger Daniel Gaberell, dass die Buchpreisbindung für seinen kleinen Verlag "Herausgeber.ch" überlebenswichtig sei. In seinem Argument führt er an, dass er zwar seine Bücher auch mit Zuschüssen finanziert, aber dass es für ihn aufgrund der kleinen Auflage seiner Produktionen eine Rolle spielt, zu welchem Preis ein Buch im Laden verkauft wird. Er spricht dabei klar vom Endverkaufspreis, der ja zukünftig gebunden sein soll. Zitat:

Verkaufen wir 1000 Bücher zum Ladenverkaufspreis von 48 Franken, geht unsere Verlagsrechnung normalerweise auf. Entscheiden sich die Buchhandlungen beim selben Buch für einen Ladenverkaufspreis von 32 Franken, scheint uns das verlegerische Risiko bereits sehr hoch und wir würden von betreffenden Produktionen absehen.

Auf den ersten Blick mag dies für jemanden, der keiner eigenen unternehmerischen Tätigkeit nachgeht, einleuchten. 1000 Bücher zu 48 Franken verkauft, bringt mehr als 1000 Bücher zu 32 Franken verkauft. Nur, stimmt hier etwas ganz wichtiges nicht! Für den Verlag ist es völlig egal, zu welchem Preis der Händler das Buch verkaut, er nimmt ja nicht den Endverkaufspreis ein, sondern den Händlerpreis.

Wenn der Herr Gaberell also entscheiden will, dass sein Buch im Laden CHF 48 kosten sollte, kann er das auch ohne Buchpreisbindung jederzeit tun. Er gibt dann eine unverbindliche Preisempfehlung ab. Auf diesen Endverkaufspreis gibt es dann für den Buchhändler einen Rabatt, zum Beispiel 35%, zu welchem der Buchhändler das Buch einkauft. Lassen wir hier der Einfachheit halber die Mehrwertsteuer weg, dann kommen wir zu einem Einkaufspreis für den Buchhändler von CHF 31.50.

Ohne Buchpreisbindung ist es so, dass dieses Buch nun, beim Händler A zu CHF 48 verkauft wird, beim Händler B vielleicht zu CHF 45 beim Händler C für CHF 38, weil es schon lange da liegt und er es loswerden möchte, und beim Händler D sogar CHF 55, einfach weil er das so entschieden hat. Dem Verleger kann das, rein monetär gesehen ziemlich egal sein. Er bekommt für jedes Buch einfach CHF 31.50.

Daran ändert auch Buchpreisbindung nichts. Sie hat auf seinen Geschäftsgang überhaupt keinen Einfluss und ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum Herr Gabarell hier etwas völlig anderes schreibt.

Es kann natürlich sein, dass ich etwas grundlegendes ausser Acht gelassen habe und ich lasse mich da gerne aufklären. Aber es würde mich stark wundern, wenn die kaufmännischen Grundlagen in der Buchbranche nicht gelten würden.

(Bild: © Mikael Damkier - Fotolia.com) 

Die WochenZeitung - Die Lektüre der bodenständigen Schweizer Familie

Offensichtlich gab es mal eine "bodenständige" WochenZeitung, die natürlich nichts mit der heutigen WOZ zu tun hat, und ironischerweise vom Jean Frey Verlag, dem späteren Verlag der Weltwoche, publiziert worden ist.

(Inserat aus: Schweizerisches Handbuch der Absatzförderung & Werbung, 1946, Emil Oesch Verlag Thalwil)

Die "Fettabreibe" gibt's offenbar schon lange

Wir wir in diesem schönen Beitrag aus dem YouTube Archivkanal des Schweizer Fernsehens aus dem Jahr 1966 sehen können, ist das Thema Übergewicht schon seit längerem in der Öffentlichkeit präsent.

Besonders gelungen sind hier die Aufnahmen aus dem Maschienenraum eines damals modernen, aus den USA importierten Schlankheitsinstitutes (ab ca. 1:46). Ich wusste gar nicht, dass es diese Vibrationsband aus der Pneu Egger Werbung schon so lange gibt; köstlich.

Passend zu diesem Thema ist auch der britische Film aus den 1960er Jahren, der mit Erziehungsanspruch auf den Zusammenhang zwischen Übergewicht bei Kindern und falscher Ernährung im Elternhaus hinweist.

SBVV Geschäftsführer bestätigt minimale Auswirkung der Buchpreisbindung

Die Buchpreisbindung wird uns hier in den nächsten Wochen wohl noch öfters beschäftigen.

In einem Interview auf Buchreport.de, publiziert am 16. Dezember 2011, bestätigt Daniel Landolf, der Geschäftsführer des Schweizerischen Buchhändler- und Verlegerverbandes (SBVV) und damit oberster Kampagnenführer der Befürworter der Buchpreisbindung, dass die Annahme des Gesetzes keine grossen Veränderungen mit sich bringen würde. 

Die letzte Frage des Gespräches lautete, ob die Branche einen Plan B vorbereitet hätte, falls das Volk im Referendum am 11. März 2012 das Gesetz ablehnt. Seine Antwort (Auszug):

....Wenn die Volksabstimmung Erfolg hat, verändert sich die Lage gegenüber heute ja nicht dramatisch. Und mit oder ohne Preisbindung, die Branche und damit der Verband stehen sowieso vor vielen großen Herausforderungen, Stichworte dazu sind Digitalisierung oder die für Schweizer Firmen ungünstigen Wechselkurse, um nur zwei zu nennen. Die Preisbindung aber würde Verlagen und Buchhandlungen helfen, diese Schwierigkeiten gestärkt anzugehen. 

Das Gesetz hast also wenig Auswirkungen. Nun, dann würde ich vorschlagen, lassen wir das Gesetz doch bleiben. Denn wenn es nur wenig, also fast nichts bringt, ist es doch völlig übertrieben, einer ganzen Branche ein solches Korsett anzulegen. Dann haben wir zwar ein Gesetz mehr, aber nicht wirklich eine bessere Lage.

Und was in eine Richtung gelten soll, stimmt wohl auch in die andere. Wir können daher am 11. März auch als Freunde des Buches und des Buchhandels guten Gewissens "NEIN" stimmen, denn "die Lage verändert sich ja gegenüber heute nicht dramatisch".

Die Kommunikationstricks der Befürworter der Buchpreisbindung - oder wie ein NZZ Journalist sich einspannen lässt

In der gedruckten NZZ von heute, wie auch bei NZZ Online wird über die bevorstehende Schliessung des allseits beliebten Reisebuchladens "Tavel Book Shop" in der Zürcher Altstadt berichtet. Nun, ich sehe das wie Peter: Es ist immer schade, wenn ein Buchhändler verschwindet, und auch ich kaufe oft und viel beim stationären Buchhandel in Zürich und Bern ein.

Der hier geschilderte Fall hat zwar so ziemlich nichts nicht der Buchpreisbindung zu tun, doch trotzdem wird uns im Artikel genau dies auf subtile Art und Weise zu vermitteln versucht.

Der Beitrag lässt Gisela Treichler, die 69-Jährige Gründerin des Tavel Book Shops zu Wort kommen, die uns im Prinzip einfach sagt, dass die Zeiten für Karten und Reisbücher nicht mehr so rosig sind wie auch schon. Tja, wen wundert das im Zeitalter von Google Earth und Reiseführer-Apps auf Smart Phones und Tablets?

Den geneigten NZZ-Leser und Amazon Kunden, beschleicht langsam ein schlechtes Gewissen, denn bei der Lektüre wird ihm wieder einmal bestätigt, was er längst weiss: die Buchhändler sind in Gefahr. Das Internet und die E-Books sind dabei uralte Branchenstrukturen zu zerstören, und nichts scheint diesen Prozess aufhalten zu können. Nicht einmal die mächtige Orell-Füssli-Gruppe wusste das schlimme Schicksal des Travel Book Shops zu verhindern. Denen geht es nähmlich auch nicht so gut, wie wir denken. Nein, da helfen nur noch Märchen und Mythen: nur ein "weisser Ritter" könnte den Laden, der stellvertretend für alle kleinen und feinen Buchhändler in der Schweiz steht, retten.

Doch halt... da gibt es einen Hoffnungsschimmer am Horizont: Die Buchhandlung Sec 52. Dort wuchsen die Umsätze in den vergangenen drei Monaten, während die Branche einen Rückgang von 7% hinnehmen musste, und sogar "eine junge Generation, zwischen 18 und 25" geht dort Bücher kaufen.

Aber auch dieses zarte Pflänzlein droht schon bald wieder platt gemacht zu werden. Die einzige Rettung, so suggeriert der NZZ Journalist Philipp Meier implizit in seinem Beitrag, ist die Buchpreisbindung.

Natürlich schreibt er das nicht selbst so, sondern er lässt Ricco Bilger, den Buchhändler des Sec 52 sprechen. Und der kann die Propagandasprüche der Kampagne zum unsäglichen Bundesgesetz über die Buchpreisbindung (PDF) unwidersprochen weitergeben, während sich in unserem Bildungsbürger-Kopf allmählich folgende Botschaft bildet:

Wenn wir die Buchpreisbindung nicht einführen, würde der grösste Teil der Buchhändler dem Schicksal von Frau Treichlers Travel Book Shop folgen und schliessen müssen, denn in England gibt es ja schon fast keine Buchhändler mehr. 

Auch das gute Beispiel unseres Hoffnungsträgers Bilger hier im Artikel, ist in Gefahr. Der gute Mann, der es doch schafft der Jugend Bücher zu verkaufen, würde wohl auch wieder untergehen, wenn wir das Gesetz zur Buchpreisbindung nicht annehmen. 

Und zu guter letzt kommt noch das absurdestes aller Argumente: Die Buchpreisbindung würde dazu führen, dass die Preise für Bücher sinken. 

Liebe Buchfreunde, lasst Euch nicht ins Bockshorn jagen! Frau Treichler hätte ihren Shop mit oder ohne Buchpreisbindung geschlossen und Herr Bilger kann der Jugend auch dann noch Bücher verkaufen, wenn wir das Gesetz am 11. März bachab schicken. Und noch etwas ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Kartelle führen nie zu tieferen Preisen. 

Bandcamp - Eine Plattform für Bands & Musiker, die Ihre Songs selber verkaufen wollen

Da haben wir doch erst gerade darüber sinniert, dass die Preise für digitale Güter zu hoch sind und dass es vor allem auch störend ist, dass der grösste Teil der Einnahmen an den Künstlern vorbei verteilt wird, und schon stolpere ich über einen Blogpost bei Techcrunch zur äusserst sinnvollen und gut gemachten Plattform Bandcamp.

Auf Bandcamp können Musiker ihre Alben und Songs in allen erdenklichen Formaten und Ausstattungen zu verschiedensten Preisen von kostenlos bis "der Käufer entscheidet" anbieten. Und das gute daran ist, dass vom Preis den die Fans bezahlen nicht nur 10%-30% bei den Künstlern verbleiben, sondern satte 85%.

Im Promo Video auf der Website wird auch gezeigt, dass auf eine ansprechende Darstellung der Inhalte und eine kundenfreundliche, einfache Benutzerführeung geachtet wurde.

Im Blog von Bandcamp weisen die Macher der Plattform u.A. darauf hin, dass alleine im Dezember für 1 Mio USD Musik gekauft wurde, und dass bei 40% der Käufe die Fans mehr bezahlten, als vom Künstler vorgeschlagen. Hellhörig sollte auch die Aussage machen, dass viele Käufe stattfinden nachdem die Besucher von Bandcamp bei Google nach "Torrents" gesucht haben.

Interessantes Goodie: Auf der Website ist live zu sehen, was gerade zu welchem Preis und aus welchen Ländern gekauft wird.

Die Preise für Musik- und Film-Downloads müssen runter

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Über die Festtage hat man ja etwas Zeit sich unterhalten zu lassen. Dabei ist mir aufgefallen, wie sich mein Kaufverhalten für Unterhaltungs-Content gegenüber früher verändert hat. Noch vor ein paar Jahren war es für mich völlig normal für einen Film auf DVD 35 CHF bzw. für eine Audio CD 25 CHF aufwärts hinzublättern, ohne mit der Wimper zu zucken. Online "fühlen" sich solche Preise für Inhalte, die nur noch elektronisch "geliefert" werden, aber deutlich zu hoch an.

Das hat einerseits damit zu tun, dass ja offensichtlich der Aufwand für Produktion und Distribution der Datenträger wegfällt, und wir aber alle wissen, dass die frei gewordene Marge nicht den Künstlern, sondern den Labels und den Systembetreibern zufällt.

Andererseits gibt es durch den Siegeszug der App Stores nun Vergleichswerte für digitale Inhalte, die nicht innerhalb festgefahrener Branchen-Traditionen entstanden sind. Da werden hochwertige Games die stundenlange Spielfreude bieten, oder äusserst nützliche Anwendungen die man tagtäglich einsetzt, für wenige Franken bzw. Euros angeboten. 

Und natürlich kommt noch der Wettbewerb mit den kostenlosen Inhalten dazu. Dabei spreche ich nicht von den sogenenannten "Raubkopien", sondern von den unzähligen und gut gemachten Produktionen, die legal im Netz verfügbar sind.

In einem solchen Umfeld für einen einzelnen Song CHF 2.20 zu verlagen ist ziemlich gewagt, um nicht zu sagen unverschämt.

Ich bin nach wie vor bereit für digitale Kopien von Musikaufnahmen, Filmen, oder Büchern zu bezahlen. Allerdings müssen die Preise runter. Ein Song sollte nicht mehr als 0.50 CHF kosten, ein Film vielleicht max. CHF 10.-- und der Preis für ein Buch (eBook) müsste irgendwo dazwischen liegen. Der Kauf muss einfach über die Bühne gehen, das File muss ich selber verwalten können, d.h. es muss bei Bedarf downloadbar sein. Natürlich darf es nicht durch DRM Systeme Kopiergeschützt sein, und es muss in einem idealerweise offenen Standard-Format angeboten werden.

(Bild: © treenabeena - Fotolia.com) 

Das Buch im Netz

Als ich vor ein paar Wochen die Buchmesse in Frankfurt besucht habe, war ich mächtig beindruckt. Es kam mir vor, als wäre ich bei einem "unendlichen Buchhändler" gelandet. Alle grossen und bekannten, und viele kleine und weniger bekannte Verlage waren da. Überall glitzerte und glänzte es. Ganz besonders teuer und luxuriös bei den Wissenschaftsverlagen, dies nur nebenbei bemerkt.

So viele Bücher auf einmal habe ich noch nie gesehen, nicht einmal die Untergeschosse der Zentralbibliothek in Zürich können da mithalten. Trunken vor Freude über die publizistische Vielfalt unserer Tage, wandelte ich durch die vollgestopften Hallen, jeden Seitengang hoch und runter, keinen auch noch so kleinen Stand ausgelassen, und fragte mich, ob all den Menschen hier, den Verlegerinnen und Buchhändlern, den Autoren und Agentinnen und nicht zuletzt den Leserinnen und Lesern, ob all diesen Büchermenschen wirklich nicht klar ist, dass sich diese Epoche dem Ende zuneigt, oder ob sie einfach so tun, als geschähe nichts, in der Hoffnung, dass wenn sie nicht hingucken, das Netz sie auch nicht finden würde?

Es wurde zwar im Vorfeld und im Nachgang der Buchmesse viel über die Digitale Revolution im Buchwesen geschrieben und gesprochen, aber gespürt hat man davon an der Messe selbst, eigentlich nichts. Da und dort gab es zwar einen E-Book Reader anzufassen und die meisten Verlage denken laut darüber nach, ihre Programme auch als E-Books verfügbar zu machen. Doch alle scheinen sie noch hauptsächlich in der analogen Welt verhaftet zu sein.

Das E-Book ist nicht die Zukunft des Buches im Netz

. Das E-Book ist zwar eine digitale Form des Buches, aber es entspricht immer noch den alten Konzept der Werkskopie, die in sich geschlossen, und nur über Textreferenzen mit der restlichen Welt verbunden ist. Das E-Book, wie es den Verlagen derzeit vorschwebt ist einfach eine simple 1:1 Übertragung der Buch-Metapher in die digitale Welt.

Es geht aber, bei der sich abzeichnenden Veränderung gar nicht so sehr um die Digitalisierung an und für sich; diese ist nur die Voraussetzung für etwas viel wichtigeres und grösseres: das Netz. Und hier im Netz dreht sich alles nur um eines: um den Link.

Alleine im deutschsprachigen Raum erscheinen jedes Jahr 90’000 gedruckte neue Bücher. Noch viel mehr wird laufend elektronisch publiziert. Wir wissen es alle, wir leben in einer Welt des grandiosen Reichtums an Inhalten, welchen wir aber nur zu einem sehr kleinen Teil unsere Aufmerksamkeit widmen können.

Ein neues Buch steht nicht nur mit anderen Büchern im Wettbewerb um Aufmerksamkeit, sondern mit allen Inhalten die laufend produziert und publiziert werden, insbesondere auch in zunehmendem Masse mit den Inhalten, die im Netz verfügbar sind.

Die meisten der gedruckten Bücher finden ihre Leser nicht.

Sie werden für einen kurzen Moment im Buchhandel ausgestellt, werden vielleicht da und dort besprochen, und wenn sich dann nicht nach kurzer Zeit eine rege Nachfrage einstellt, fristen sie ein ewiges Schattendasein in den Lagerhäusern der Verteilzentren und Kellern der Verlage und später beim Verramscher oder im Antiquariat. Dabei kann auf keinen Fall davon ausgegangen werden, dass es nicht mehr Leser für dieses Buch gegeben hätte. Das Zeitfenster war einfach zu klein und die örtliche Verbreitung zu eingeschränkt um das Potential auch nur annähernd auszuloten.

Im Netz kann einem Buch hingegen ein langes Leben beschieden sein, sodass es immer wieder von neuem von jemandem entdeckt und gelesen wird, unter der einen Voraussetzung, dass es gefunden werden kann. Gefunden wird es aber nur, wenn es verlinkt wird. Je mehr Links auf den Buchinhalt zeigen, desto grösser die Chance dass es gelesen wird.

Inhalt wird im Netz wahrgenommen, weil andere darauf verweisen.

Dies geschieht ihn zunehmendem Masse über Sociale Media Kanäle. Google+, Facebook, Twitter und alle anderen Plattformen leben davon, dass deren Nutzer auf interessante Inhalte im Netz verlinken. Was nicht verlinkt werden kann, wird nicht mitgeteilt, exisitert nicht im Internet.

Bei gedruckten Büchern und kopiegeschützten E-Books kann aber nur auf den Titel und den Klappentext, im besten Fall auf ein paar Beispielseiten verlinkt werden. Die Chance verlinkt zu werden steigt natürlich mit jedem zusätzlichen Absatz, der im Netz steht. Die grösste Chance verlinkt und damit entdeckt zu werden, haben demnach Bücher, die vollständig im Netz publiziert sind.

Es liegt einfach in der Natur des Internets, dass Bücher in Zukunft vollständig als verlinkbare und damit mitteilbare, kommentierbare Webseiten publiziert werden, und nicht als kopiergeschützte E-Book Silos, wie wir sie derzeit angeboten bekommen.

Der Wunsch, die Bücher als E-Books im digitalen Zeitalter weiterleben zu lassen, kommt daher, dass die Buchbranche sich nicht damit abfinden will, dass die Zeiten, in welchen die Haupteinnahmequelle auf dem Verkauf von Kopien an den Leser basierte, sich dem Ende zuneigen.

Das E-Book, wie wir es heute kennen, entspricht nicht er Natur des Internets und nicht dem Wunsch der Leser. Es wird bald wieder verschwinden, denn der Link ist die starke Kraft im Netz.

Die für die nächsten Jahre massgebliche Webtechnologien wie HTML5 / CSS3 werden es erlauben, ein und dasselbe Buch in Form von verlinkbaren, mitteilbaren, kommentierbaren und damit auffindbaren Webseiten zu publizieren und es gleichzeitig in verschiedensten Formaten für verschiedenste Endgeräte in Echtzeit bei Abruf aufzubereiten. Wer ein Buch als langen Fliesstext mit Pagination lesen will, wird das weiterhin tun können, aber er braucht dazu nicht extra eine spezielle Version des Buch herunterzuladen.

Natürlich stellt sich die grosse Frage, wie denn Bücher finanziert werden sollen, wenn sie frei im Netz stehen müssen, damit sie überhaupt gefunden und gelesen werden. Nun, ich weiss es auch noch nicht wirklich, aber eines scheint so sicher wie das Amen in der Kirche, die bezahlte Kopie wird zunehmend weniger an den Umsatz beitragen, weil sie obsolet wird und nicht dem Netz entspricht. Ich gehe im Moment davon aus, dass ein grosser Teil durch Werbung und Sponsoring erzielt werden kann und wir zusätzliche Einnahmen beim Leser durch Komfort und Einzigartigkeit generieren können.

Das gedruckte Buch wird zwar nicht so schnell verschwinden, denn es bietet genau dies: Komfort und Einzigartigkeit, aber es wird mit grosser Wahrscheinlichkeit in ein, zwei Generationen nur noch ein Nischendasein fristen, ähnlich der Vinylschallplatte.

Bis dahin allerdings, wird man auch dann gedruckte Bücher verkaufen können, wenn dasselbe Buch frei im Netz verfügbar ist. Ganz einfach, weil es Menschen gibt, die lieber ein gedrucktes Buch lesen als eine elektronische Variante. Ich gehe sogar davon aus, dass das gedruckte Buch länger überleben wird als das kopiergeschützte E-Book. Was übrigens auch für die Verlage von Vorteil ist. Denn wenn es um den Verkauf von kopiergeschützten E-Books geht, sind die Verlage in einer unsäglichen Abhängigkeit von Amazon, Apple und anderen Online Händlern gelandet und diese werden bis zur unerträglichkeit die Margen der Verlage verkleinern. Die effektivste Lösung, sich aus den Klauen der elektronischen Verteiler zu lösen, ist die Bücher frei ins Netz zu publizieren und sich nach anderen Einnahmequellen umzusehen. Kommt dazu, dass man sich dann auch die sinnlose und teure Jagd nach den Piraten sparen kann.

Ich fasse zusammen:

  • Das Internet und die digitale Welt tragen dazu bei, dass der Reichtum an Informationen und Inhalten laufend zunimmt.
  • Es wird für Inhalte immer schwieriger, gefunden und gelesen zu werden.
  • Die Chance für Inhalte gefunden und gelesen zu werden steigt mit der Anzahl Links, die auf diese Inhalte verweisen.
  • Wenn ein Buch vollständig im Netz publiziert wird, werden die Chancen auf Links erhöht.
  • Links funkionieren nicht und werden darum weniger gesetzt, wenn die Inhalte hinter einer Paywall publiziert werden.
  • Darum werden immer mehr Bücher vollständig und frei im Netz publiziert werden.
  • Wenn Bücher vollständig und frei im Netz publiziert werden, müssen neben dem Verkaufen von Kopien an die Leser neue Geschäftsmodelle gefunden werden.
  • Eine wichtige Einnahmequelle wird die Werbung sein. Weitere können auf Einzigartigkeit und Komfort basieren.
  • Das E-Book wie wir es derzeit sehen, wird aus diesen Gründen nicht lange überleben, mit grosser Wahrscheinlichkeit noch weniger lange als das gedruckte Buch, welches wenigstens noch Komfort und Einzigartigkeit bieten kann.

Das Buch hat eine grosse Zukunft vor sich, als freies, verlinkbares Buch im Netz!

 Mit dem vor ein paar Monaten gestarteten Verlag

buch & netz

habe ich vor, einen bescheidenen gestaltenden Beitrag dazu zu leisten.

Warum ich die Piratenpartei wähle und Euch dazu motivieren möchte, es mir gleich zu tun

Vor etwas mehr als 2 Jahren, am 12. Juli 2009, war ich an der Gründungsversammlung der Piraten Partei Schweiz in Zürich-Affoltern dabei, und bin seither einfaches Mitglied. Jetzt gilt es ernst! Am 23. Oktober 2011 finden bekannterweise die Eidgenössischen Parlamentswahlen statt und ich habe ja bereits versprochen zu schreiben, warum ich die Piraten wählen werde. Gestern sind die Wahlzettel bei mir angekommen, darum ist es jetzt an der Zeit dieses Versprechen einzulösen.

Die Piraten treten in verschiedenen Kantonen an und sie haben in den Kantonen Bern und Zürich auch Chancen auf jeweils einen Sitz. Der Erfolg der Piraten in Berlin hat gezeigt, dass es immer mehr Menschen gibt, die die Themen der Piraten wichtig finden; viele mehr, als bisher angenommen. Ich darf im Kanton Zürich wählen und ich werde hier wie gesagt auf jeden Fall die Piratenliste in die Urne legen. Mit diesem Blogbeitrag möchte ich Euch dazu motivieren, es mir gleich zu tun. Vor allem diejenigen unter Euch, die in den Kantonen Zürich oder Bern wohnen, sollten die Chance nutzen, mitzuhelfen, dass wir für nächste Legislaturperiode wenigstens eine oder gar zwei Stimmen im Nationalrat haben, die sich u.A. um folgende wichtigen Themen kümmern:

Netzneutralität

Stell Dir vor Du sitzt vor Deinem Computer oder an Deinem Handy und Du kannst nicht mehr davon ausgehen, dass Du alles was im Internet verfügbar wäre, auch zu sehen bekommst. Ganz einfach darum, weil Dein Provider z.B. von bestimmten Inhalteanbietern Geld nimmt, um dessen Daten den Vorzug zu geben, oder weil die Behörden bestimmte Inhalte sperren. Teilweise ist es ja leider bereits heute so, dass Du auf viele Inhalte, die im Ausland verfügbar sind, nicht zugreifen kannst, weil die Anbieter dies abhängig von Deinem Standort verhindern können.

Richtig problematisch wird es aber, wenn der Zugangsanbieter solche Eingriffe vornimmt. Einfach ausgedrückt, sollte es nicht soweit kommen, dass die Organisationen, die die Verfügungsmacht über die Leitungen bzw. die Netze besitzen, auch darüber entscheiden, welche Inhalte übertragen werden können. Um dies zu verhindern, muss die Netzneutralität in der Verfassung festgeschrieben werden und bis das soweit ist, ist es äusserst wichtig, dass sich jemand um dieses Thema kümmert und während der Gesetzgebungsprozesse ein wachsames Auge darauf hält, dass nirgends Fakten geschaffen werden, die eine spätere Diskussion um die Netzneutralität erschweren würden.

Zugang zum Netz

Rund um uns herum werden Gesetze erlassen oder diskutiert, die den Verwertern der geistigen Monopolrechte, den grossen Unterhaltungskonzernen also, weitreichende Möglichkeiten zur Überwachung Deiner Netzaktivitäten bis hin zur temporären Sperrung Deines Internet Zugangs ermöglichen (Beispiel: Frankreich Loi Hadopi). Das wäre etwa so, wie wenn man einem Verkehrssünder nicht nur den Fahrausweis entziehen, sondern ihm auch die Benützung des gesamten Verkehrssystem verbieten würde. Ein unglaublicher Verhältnisblödsinn, welcher vor allem zeigt, wieviel gesetzgeberischen Einfluss sich die Unterhaltungsindustrie bereits verschaffen konnte.

Der Internetzugang ist nun aber mittlerweile so grundlegend wichtig geworden, dass es keine Gesetze geben darf, die diesen Zugang verhindern. Im Gegenteil es muss alles daran gesetzt werden, dass alle Menschen immer und überall zu tiefsten kosten online sein können. Es braucht Stimmen im Parlament, die bei jeder Gelegenheit daran erinnern.

Überwachungsstaat

Manchmal könnte man denken, die Fichenaffäre Ende 1980er / Anfang 1990er Jahre hätte gar nicht stattgefunden. In grossen Schritten wurde der staatliche Überwachungs- und Bevormundungsapparat mit der Begründung, die Sicherheit für uns zu erhöhen, in den letzten Jahren ausgebaut, und ein Ende ist keineswegs in Sicht. So steht zum Beispiel die Revision des Bundesgesetztes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) an, die die bereits bestehenden Überwachungsmöglichkeiten sowie die Infrastruktur massiv ausweiten soll. Oder es werden internationale Verträge wie das ACTA Statement, welches vor allem auf staatliche Verfolgung von Urheberrechtsverstössen und damit auf den Ausbau der Überwachungsinfrastruktur drängt, in der Dunkelkammer verhandelt und unterschrieben. Auf die klassische Linke, die früher Opfer des staatsschützerischen Übereifers war, ist heute im Kampf gegen Big Brother kein Verlass mehr und auch die FDP, die aufgrund ihrer liberalen Grundidee ja eigentlich gehen solche Auswüchse sein müsste, setzt im Zweifelsfalle auf den Apparat. Es braucht unbedingt Piratenstimmen im Parlament, die aufzeigen, auf welchem Irrweg wir uns befinden.

Open Access

Die Absurdität der Art und Weise, wie Forschungsergebnisse, die durch öffentlichen Gelder finanziert sind, verwertet werden, ist kaum zu überbieten: An den Universitäten, Fachhochschulen und Instituten wird durch die öffentliche Hand finanziert geforscht. Die Forschungsergebnisse werden aber nicht direkt wieder der Gesellschaft zur Verfügung gestellt, sondern kostenlos an private Wissenschaftsverlage abgegeben. Selbige verfügen nun über die Publikationsrechte an den Forschungsergebnissen und verkaufen diese in Form von elektronischen Zeitschriften und Datenbanken wieder an dieselben Universitäten und Institute für teures Geld zurück, damit die Forschung überhaupt weitergehen und neue Ergebnisse für die Verlage produzieren kann. Das Wissenschaftsverlagswesen ist eine skandalöse Verschwendung öffentlicher Mittel.

Mit dem Open Access Konnzept könnte das Problem weitgehen gelöst werden. Glücklicherweise sieht es die Forschungscommunity grösstenteils auch so und viele Akademische Institutionen bekennnen sich bereits zum Open Access Ansatz. Die Lobbyisten der Verwerter der geistigen Monopolrechte werden sich dieses schöne Stück Steuergeld aber kaum kampflos wegnehmen lassen, wie auch die letzte Urheberrechtsrevision in Deutschland gezeigt hat (PDF, Kuhlen 2008). Darum ist es wichtig im Parlament Menschen zu haben, die auf diese Alternativ-Konzepte hinweisen, die den anderen Politikern oft nicht bekannt sind.

Open Government Data

Neben den oben erwähnten Forschungsergebnissen gibt es noch sehr viele weitere Daten, die eigentlich der Öffentlichkeit gehören, dieser aber nicht zugänglich sind. Das geschieht zumeist nicht durch böse Absicht, sondern eher durch wenig Interesse oder fehlendes Wissen der zuständigen Politiker und Behörden. Die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit hat hier sicher schon viel bewirken können und die Open Data Bewegung in der Schweiz ist gut mit den Behörden vernetzt, aber bei diesen Themen kann es nur besser werden, wenn zusätzlich noch ein, zwei Piratenstimmen gehört werden. Es ist wichtig, dass möglichst viele Daten, möglichst vielen Menschen zur Verfügung stehen. Je mehr Menschen sich um ein besimmtes Problem kümmern können, desto grösser sind die Chancen, dass gute Lösungen gefunden werden.

Informationelle Selbstbestimmung

Wir geben immer mehr Informationen über uns und unser Verhalten im Internet preis, und dies tun wir auch aus guten Gründen. Es ist sinnvoll und nützlich solche Informationen zu teilen, und die interessanten Möglichkeiten die sich daraus ergeben sind erst in Ansätzen sichtbar. Das Hauptproblem dabei ist aber, dass wir oft den Zugang zu diesen, unseren Daten selbst nicht erhalten. Sei dies nun bei wirtschaftlichen bzw. privaten oder bei behördlichen Datensammlungen. Mein Einkaufsverhalten via Cumulus oder Coop Supercard zu tracken und messen wäre eigentlich sinnvoll, wenn ich mit diesen Daten auch selbst arbeiten könnte. Wenn Google, Facebook, Apple & Co Daten von uns erhalten, ist das okay, aber wir sollten den Zugang zu diesen Daten genauso erhalten. Wenn Behörden über uns Datensammlungen anlegen, sollten wir diese auch selber prüfen und verwerten können, usw. Und ich muss alle diese Daten jederzeit löschen lassen können, mindestens in den Datenbanken, in welchen Sie angelegt wurden, auch wenn ich die Daten freiwillig verfügbar gemacht habe. Wir brauchen eine Kultur, in welcher ich jederzeit selber bestimmen kann, welche persönlichen Daten ich mit wem teile, und ich jederzeit auch auf die Datenbanken zugreifen kann, in welchen Daten von mir und über mich gespeichert sind.

Das Recht auf Anonymität

Wenn ich durch die Strassen von Zürich gehe, erwartet niemand von mir, dass ich mit Namen angeschrieben bin und dass ich mich bei jedem Betreten eines Ortes ausweise, und jeden Satz den ich von mir gebe protokolliere und mit meinem Namen unterschreibe. Es würde wohl auch nicht gerade gefallen, wenn zum Beispiel in einem Café der Wirt oder die Wirtin alles mitschreiben würden, was am ihrem Ort des Zusammentreffens so geschieht. Wer ist wann hereingekommen? Wie lange? Mit wem gesprochen? Welches Thema, usw.? Genau dies aber geschieht zum Teil bereits heute im Internet, und es gibt starke Kräfte die noch viel weiter gehen wollen. Die Pflicht zur Identifikation im Netz ist nahe. Das ist eine äusserst gefährliche Entwicklung und wird sehr schwierig Rückgängig zu machen sein, wenn das mal eingerichtet ist. Darum braucht es Leute, wie die Piraten, die möglichst viele Politker der anderen Parteien auf die Gefahren dieser Entwicklung für die offene Gesellschaft aufmerksam machen.

Ein-Thema-Partei?

Ich höre immer wieder den Vorwurf, dass die Piraten nur eine Ein-Thema-Partei seien und dass die Politik ja viele andere wichtigere Issues zu bearbeiten hätte, von welchen diese Leute entweder selbst keine Ahnung haben oder aber wir als Wähler mindestens nicht wissen, wie sie dazu stehen.

Grundsätzlich stimmt der erste Teil dieses Einwandes. Die Piraten haben sich auf einen Teilaspekt der Politik konzentriert. Das ist aber nicht per se schlecht, denn es handelt sich dabei um einen Aspekt, der eigentlich hohe Aufmerksamkeit verdient hätte. Es geht schliesslich um die politische Begleitung und Mitgestaltung eines ziemlich wichtigen gesellschaftlichen Veränderungsprozesses.

Die Situation der Piraten ist vergleichbar mit der Situation der Grünen in den 80er Jahren. Sie haben die notwendigen Impulse gegeben, um Fragen des Umweltschutzes und der nachhaltigen Lebensweise in der politischen Landschaft zu verankern. Auch die Grünen waren damals eine kleine Minderheit und später die Exoten im Parlament. Aber sie waren wichtig. Nur schon, weil es für den politischen Prozess gut ist, auch einige der Minderheitenstimmen im Parlament zu haben, ist es sinnvoll dieses mal die Piratenliste einzuwerfen und mitzuhelfen, dass der digitalpolitische Mainstream hin und wieder mit einer anderen Sichtweise konfrontiert wird.

Zum zweiten Teil ist zu sagen, dass die Piraten zwar bisher nicht ganz zu jedem politischen Thema Stellung bezogen haben, dass wir aber aus dem Parteiprogramm und den verschiedenen Positionen durchaus lesen können, wie die Grundhaltung der Piraten zu verstehen ist.

Die Piraten stehen, so meine Interpretation, für eine offene Gesellschaft, die es ihren Mitgliedern ermöglichen soll, mit gleichen Rechten und gleich langen Spiessen an den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Prozessen zu partizipieren. Das bedeutet: sie sind liberal in Fragen der Lebensgestaltung inkl. einer Wirtschaftsordnung, die den Einzelnen in Freiheit agieren lässt. Sie sind aber klar gegen schädliche Monopole und Oligopole, die darum durch regulativen Eingriff verhindert oder zerstört werden müssen und dort, wo sie unumgänglich sind, unter demokratische Kontrolle gestellt werden sollen.

Sie stehen für eine Demokratie die den Menschen als mündigen Staatsbürger ernst nimmt und ihn daher nicht bevormundet, ihn in die politischen Prozesse integriert, möglichst transparent informiert und den Dialog auf allen Ebenen vereinfacht und ermöglicht. Und sie stehen für die Idee, dass die digitale Revolution für die Gesellschaft mehr Chancen als Risiken bietet, sofern alle von den Errungenschaften dieser Entwicklung gleichermassen profitieren können. Das bedeutet insbesondere keinen staatlichen Schutz für Geschäftsmodelle die auf Zugangsbeschränkung und künstlicher Verknappung des wichtigsten Rohstoffes unserers Zeitalters, der Information, beruhen.

Ich denke darauf lässt sich aufbauen und auch ableiten, wie ungefähr die Piraten zu Themen stehen werden, für welche sie noch keine oder erst eine oberflächliche Position entwickelt haben. Vielleicht sei hier noch zu erwähnen, dass auch bei Parteien mit langer Tradition und ausformulierten Positionen zu allen Lebenslagen, viel Spielraum für Interpretaionen offen bleibt. Wenn Du also hauptsächlich deswegen zweifelst, die Piraten zu wählen, weil Du nicht weisst, wie sie in anderen Fragen stimmen werden, dann bedenke, dass Du das auch bei den etablierten Parteien nicht viel besser weisst. Ausser bei der SVP herrscht ja nirgends wirklich Fraktionszwang.

Verschwendete Stimmen?

Jacqueline Badran (SP), die ich mit Samuel Dubno (GLP) auf die Piratenliste panachieren werde, schreibt, dass die Wahl der Piraten Stimmenverschwendung sei, weil die Piraten nie und nimmer einen Sitz machen würden. Ich bin, bevor die Listenverbindungen im Kanton Zürich bekannt wurden, auch dieser Meinung gewesen. Die Piraten sind allerdings mit der Alternativen Liste, der PDA und den Konfessionslosen in Zürich eine äusserst sinnvolle Partnerschaft eingegangen. Wären sie einer der grösseren Listenverbindungen beigetreten, hätten sie wohl nur als Stimmenlieferant gedient, und wären dabei selber leer ausgegangen. Die aktuelle Lösung führt dazu, dass es im Kanton Zürich für die Piraten tatsächlich möglich ist, einen Sitz zu gewinnen. Vor allem, wenn Du auch mitmachst und die Piratenliste einwirfst! Wie sich die Situation in anderen Kantonen im Detail darstellt, habe ich nicht recherchiert. Man hört und liest aber da und dort, dass auch in anderen Kantonen, so zum Beispiel in Bern, ein Sitz im Bereich des Möglichen liegt.

Wenn die Listenverbindung der Piraten mit AL, PDA und den Konfessionslosen ca. 2.5% Wähleranteil im Kanton Zürich schafft, sollte das für einen Sitz reichen. Wenn die AL 1.5% beiträgt und wir den Konfessionslosen und der PDA, je 0.2% zusprechen fehlen nur noch 0.6%, die die Piraten bringen müssten, damit die Liste einen Sitz gewinnt. Wenn die Piraten mehr erreichen, braucht es entsprechend weniger Stimmen von den anderen. Damit dieser Sitz den Piraten und nicht der AL zufällt, müssen die Piraten mehr Stimmen als diese erreichen. Das Zielband für Zürich liegt also irgendwo zwischen 1.5% und 2.5%, was sicher nicht einfach, aber auch nicht unmöglich ist. Denken wir wieder an Berlin. Es ist nun einfach wichtig, dass wir, die wollen, dass in der nächsten Legislaturperiode oben erwähnten Themen grössere Bedeutung zukommt, die Piratenliste wählen.

Ich fasse zusammen: Wem es wichtig ist, dass die offene Gesellschaft durch die digitale Revolution gestärkt wird, und nicht nur einzelne Grosskonzerne und der Staatsaparat von den Möglichkeiten der modernen Kommunikationsinfrastruktur profitieren können, der wählt am 23. Oktober 2011 die Piratenpartei.

Keine Angst, es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass nach dem 23. Oktober das Parlament nur noch aus Piraten besteht. Wenn Du aber nicht mitmachst, kann es passieren, dass nicht einmal eine Stimme für die moderne digitale Gesellschaft nach Bern fährt. Es wird für die anderen Parteien genug andere Wähler und Wählerinnen geben, setze ein Zeichen und wähle Piraten!

Wir sehen uns an der Urne :-) Ahoi!