Apple iBooks Author - Es geht doch nicht um Schulbücher, es geht um Amazon und den ganzen Buchmarkt

Gesten hat Apple, wie wir alle wissen, die neuen Produkte iBooks2 mit iBooks Textbooks, den iBooks Author und das erneuerte iTunesU vorgestellt. Der Schwerpunkt der Präsentation lag auf der Betonung dieser neuen Anwendungen und Funktionen für die Aus- und Weiterbildung. Es gehe darum, das Schulbuch neu zu erfinden und Lehreren und Ausbildungsstätten weltweit neue Instrumente in die Hand zu geben, um das Lehren und Lernen zu vereinfachen und wirksamer zu gestalten und zu organisieren. 

Es ist sicher richtig, dass sowohl iTunes U wie auch diese neue Form der digitalen Lehrbücher einen grossen Schritt vorwärts für den Bildungssektor bedeuten könnten. Aber eigentlich geht es Apple um viel mehr.

Es geht darum Amazon mit ihrer Kindle Publishing Plattform und der Buchbranche insgesamt ein alternatives Modell entgegen zu stellen. Apple will den Erfolg des App Stores im iBookstore wiederholen und muss unbedingt gegenüber Amazon Terrain wettmachen. Dafür reichen die "Schulbücher" sicherlich nicht aus.

Mit dem kostenlosen E-Book Autorenwerkeug iBooks Author wird das erstellen von professionellen E-Books und das Publizieren und Verkaufen im iBookstore zum Kinderspiel. Richard Gutjahr beschreibt auf seinem Blog sehr schön, wie einfach und schnell das alles funktionert.

Dabei geht es keinesfalls nur darum, dass nun ein paar Hobbyautoren, wie sie da und dort abschätzig genannt werden, ihre Werke aufgepeppen und in den iBookstore stellen können.

Mit dem iBooks Author können auch die professionellen Verlage und Autoren arbeiten und ihre Inhalte mit viel weniger Aufwand als bisher, multimedial aufbereiten und über eine funktionierende E-Commerce Plattform verteilen. So wurde ja während der Keynote gezeigt, dass auch die Schulbücher von Pearson, McGraw-Hill, usw damit erstellt wurden. Ich bin ziemlich sicher, dass wir rasch eine explosionsartige Zunahme von grossartigen Inhalten im iBookstore sehen werden.

Der Goldrausch-Stimmung, die sich nun vielleicht ausbreitet, möchte ich allerdings einen kleinen Dämpfer aufsetzen. Gerade weil es so einfach wird, im iBookstore zu publizieren, wird es noch ein viel grösseres Überangebot an Inhalten, als im Markt für gedruckte Bücher geben. Viele, auch gute Inhalte werden kostenlos angeboten werden. Und dort wo man noch etwas Geld verlangen kann, werden die Preise um den Faktor 5-10 tiefer liegen, als beim gedruckten Buch. Das sieht man auch bei den angebotenen Schulbüchern wie dem Biologie Buch aus  dem Pearson Verlag, das im iBookstore für 15 USD angeboten wird, während die gedruckte Variante bei uns im Buchhandel ca. 130 CHF kostet. Es wird weiterhin viele gute Ideen brauchen, um die Bücher zum Leser zu bringen, und damit Geld zu verdienen. So wie es kein Perpetuum Mobile gibt, wird es keine Gelddruckmaschine im Internet geben.

Dann gibt es da auch noch den einen oder anderen Wermutstropfen. So braucht man eine Amerikanische Tax ID um im iBookstore Bücher verkaufen zu können. Der Aufwand, sich eine solche zu besorgen hält sich zwar in Grenzen, aber es ist halt doch eine Hürde, die zu nehmen ist. Als weitere Bedingung will Apple eine ISBN Nummer für jedes Buch, dass verkauft werden soll. Auch das ist eigentlich kein grosses Problem, aber man muss sich darum kümmern. Diese Bedingungen gelten nicht, wenn die Bücher kostenlos angeboten werden. Apple nimmt 30% des Verkaufspreises, was im Vergleich zu Amazon nicht unattraktiv ist. Ein weiterer negativer Punkt ist auch, dass die E-Books, die mit dem iBooks Author erstellt werden, zwar als PDF exportiert werden können, dann aber alle interaktiven Elemente verlieren. Das eigentliche Format der Apple iBooks ist natürlich ein proprietäres Format, und nicht etwa das als zukünftiger Standard vorgesehene EPUB3. Kommt dazu, dass die Nutzungsbedingungen von Apple verbieten, die E-Books, die mit dem iBooks Author erstellt werden auf andere Weise als durch den iBookstore von Apple zu verkaufen.

Doch alle diese Hindernisse werden die Inhalteanbieter nicht davon abhalten damit E-Books zu entwickeln und in den iBookstore zu publizieren. Der Grund ist ganz einfach. Es gibt im Moment noch keine Alternative. Es gibt keinen anderen internationalen Vertriebskanal für solche Bücher. Denn die klassischen E-Books sind damit nicht zu vergleichen.

Ich finde es zwar auch schade, dass Apple ihre Politik des geschlossenen Systems offenbar weiter führt, aber wir konnten ja nicht wirklich etwas anderes erwarten. Das ganze ist auch viel weniger problematisch als es auf den ersten Blick scheint. Denn Apple hat vor allem mal wieder gezeigt, wie es eigentlich sein sollte. Sie haben eine neue Benchmark gesetzt und der Markt wird uns bald Alternativen bescheren. Die Zukunft des E-Books liegt klar im HTML5 bzw. EPUB3 Format. Es wird Anwendungen wie den iBook Author geben, die im Browser als Service laufen und die E-Books in offenen Formaten exportieren und publizieren und die Bücher wieder aus ihren proprietären Silos befreien.

Bücher gehören ins offene Netz und nicht in irgendeine geschlossene Wolke und ich bin zuversichtlich, dass wir dahin kommen werden. Bis es soweit ist, ist der Apple iBookstore mit dem iBooks Author seit gestern eine interessante und definitiv disruptive Geschichte. Die Content-Welt bleibt spannend und die Möglichkeiten unendlich. 

Abschliessend möchte ich noch darauf hinweisen, wie absurd sich mir auch in diesem Kontext wieder die Diskussion um die Buchpreisbindung präsentiert. Dass ein Branchenfremder wie Apple ein solches Produkt und einen Vertriebskanal dazu aufbaut, zeigt doch, dass die Buchbranche es bis jetzt ganz einfach verpennt hat, die digitale Welt für sich zu nutzen. Während wir hier darum streiten, ob die gedruckten Bücher einen festen Preis haben sollen oder nicht, wird in grossen Schritten die digitale Buchwelt entwickelt. Es wäre gescheiter die Branchverbände würden sich um die Internet-Weiterbildung ihrer Mitglieder kümmern als Geld in solche Kampagnen zu buttern.

Das dezentrale Web im Kampf gegen Zentralisierung

Das Internet ist ja für viele das Beispiel für ein dezentrales Netzwerk. Man kann das mit guten Gründen in Frage stellen (siehe unten), doch vor allem die darüberliegende Schicht, das World Wide Web, konnte sich nicht zuletzt dank seiner nicht-hierarchischen Struktur in solch kurzer Zeit so schnell verbreiten und die gesellschaftlichen Umwälzungen anstossen, deren Zeugen, Betroffene und Akteure wir sein dürfen.

Seit einiger Zeit lassen sich aber verschiedene Entwicklungen beobachten, die dieser dezentralen Organisationsform entgegenwirken. Facebook vereinigt einen grossen Teil der aktiven Netzbevölkerung auf seiner Platform. Apple scheint das Ziel zu verfolgen, die Netzinhalte für Mobile Geräte über ihre zentralen Strukturen zu schleusen. Der weitaus grösste Teil der Online Videos wird auf YouTube gehostet, die Fotos auf Flickr usw. Auch Cloud Computing bedeutet, zumindest auf der Infrastrukturebene vor allem eines: Zentralisierung.

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Jetzt sind sie also da, die DRM-Free iTunes Songs

Soeben hat sich mein iTunes zum Updaten gemeldet. Mit der neuen Version 7.2 sind jetzt die früher angekündigten DRM-Free Songs von EMI unter dem Namen iTunes Plus verfügbar. Es sind zwar immer noch AAC und keine MP3 Files, aber damit kann ich leben.

Das ist eine kleine Revolution die hier relativ still stattfindet. Wir erleben hier das Ende von DRM, einem Begriff, der in ein paar Jahren schon Geschichte sein wird und das ist gut so.

Hin und wieder wird moniert, dass in den DRM-Free Files der Name des Käufers codiert sei und es darum eine Farce sei, hier von "Free" zu sprechen. Ich sehe das nicht so. Dass ich die Songs nicht einfach einmal kaufen und dann an mein ganzes Netzwerk verteilen kann, leuchtet ja auch ein. Darum ging es mir bei meiner Abneigung gegenüber den DRM-Lösungen nicht. Ich will aber den gekauften Song beliebig oft und ohne lange zu überlegen, von einem meiner Geräte die Audiofiles spielen können auf ein anderes kopieren und mir nichts dabei überlegen müssen.

iTunes Plus ist ein gutes Angebot. 2 CHF pro Song, sind zwar noch etwas viel, aber hier wird der Wettbewerb mit der Zeit schon noch ein wenig nachhelfen.

Mr. Passion - Steve Wozniak am Tweakfest in Zürich

tweakfest.gifIch habe mich gestern Abend spontan entschieden, doch noch ans Tweakfest in den Technopark zu gehen um zu hören was Steve Wozniak über Innovation zu sagen hat.

Obwohl er in seinem Vortrag direkt nicht viel zum Thema Innovation geboten hat, war es doch inspirierend und spannend, ihm zuzuhören. Sicher war einer der Gründe warum er mir Freude bereitet hat, dass er vor allem seine Geschichte und die Geschichte von Apple und damit die Geschichte des Personal- bzw. Homecomputers erzählt hat. Ich habe viele der von ihm beschriebenen ersten Computer während den Anfängen von Apple selbst bewundert und erlebt. Den Commodore PET, den TRS-80 und auch den Apple II, nur konnte ich mir damals als Schüler halt "nur" den ZX-81 leisten.

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Steve Wozniak
Seine wichtigste Message aber, die gestern rüberkam, konnte sicher auch diejenigen begeistern, die nicht wie ich, ein wenig verklärt in der Vergangenheit schwelgten: Wenn man etwas tut, dann soll man es mit uneingeschränkter Leidenschaft tun. Er verkörpert diese Leidenschaft für das "tüfteln" und "entwickeln" wohl wie selten jemand. Passion ist sein Credo, und genau diese Leidenschaft ist eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung um Grossartiges und Neues hervorzubringen.

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Wozniak (l.) und Jobs (r.) in den Anfängen von Apple

Er hat auch öfters und auf sehr humorvolle Art und Weise darauf hingewiesen, wie wichtig die Rolle von Steve Jobs war, indem dieser immer den "Verkaufsaspekt" im Auge behielt. Steve Wozniak wollte grossartige Geräte, insbesondere Computer bauen und Steve Jobs wollte grossartige Geräte unter die Leute bringen. Es war erfreulicherweise kein Groll, kein Jammern in seinen Worten, sondern Grösse durch das betonen der eigenen Fähigkeiten und das Erkennen dessen, was nicht zu seiner Persönlichkeit gehört.

Erstaunlich war auch die Episode, wie er immer wieder versucht hat, seinen damaligen Arbeitgeber HP davon zu überzeugen, den Apple Computer zu bauen. Wie wir wissen, ohne Erfolg. Wahrscheinlich war das aber gut so, denn eine zweite Aussage die er über seine Motivation machte, etwas Neues zu bauen, war die, dass es immer auch die knappen oder die fehlenden Ressourcen waren, die die grössten Innovationen hervorbrachten. Eigentlich ist das einleuchtend und ein wichtiges Grundprinzip unseres Lebens. Nur wenn uns etwas fehlt, versuchen wir neue Wege zu gehen.

Das ist auch der Grund, warum Firmen, die von Anfang an vor allem mit viel Geld ausgestattet werden, oft scheitern. Wo es an nichts fehlt, gibt es keine Kreativität und damit keine Innovationen!