Tageszeitungsproduktion in Brasilien 1942

Dieser kurze und interessante Propaganda-Film des "U.S. Office of Inter-American Affairs" aus dem Jahre 1942, zeigt uns wie eine Zeitung in den 1940er Jahren produziert wurde.

Es ist schon erstaunlich zu sehen, dass eine solch komplexe Prozesskette tatsächlich funkionierte und jeden Tag eine Zeitung erscheinen lies.

Weiterhin zeigt und dieses Video aber auch, dass der grösste Teil der Arbeiten, die früher geleistet werden mussen, damit eine Nachricht vom Ort des Geschehens zum Rezipienten gelangen konnte, heute obsolet sind. Ein Prozess mit dutzenden von Zwischenschritten, der nur unter Einsatz von vielen verschiedenen Arbeitskräften bewältigt werden konnte, ist heute mit ein paar Mausklicks erledigt. Eine Nachricht kann im Internet-Zeitalter ohne grossen Aufwand von fast jedem Ort der Welt ins Netz publiziert und von dort innert Sekunden via Social Media verteilt werden. Natürlich ist damit nicht die jounalistische Arbeit gemeint, sondern, wie hier im Film gezeigt, die möglichst schnelle Verbreitung von relativ "nakten" News.

 

Wie das Urheberrecht die kulturellen Werke des 20. Jahrhunderts zum Verschwinden bringt

Die Befürworter eines strengen Urheberrechtsregimes mit langer Schutzdauer, so wie es sich heute darstellt und weiter verschärft werden soll, bringen neben vielen anderen oft auch folgendes Argument in die Debatte: Nur eine lange Schutzdauer kann sicherstellen, dass Werke auch veröffentlicht bleiben.

Als jemand, der sich mit kulturellen Produktionen beschäftigt, stelle ich allerdings fast täglich fest, dass insbesondere Nichenproduktionen sehr schnell von der Bildfläche verschwinden und dann aufgrund des Urheberrechtsschutzes, der bis 70 Jahre nach dem Tod des Autors anhält, nie mehr publiziert werden. So ist zum Beispiel mehr oder weniger das komplette Filmschaffen der Schweiz des 20. Jahrhunderts für die breite Öffentlichkeit nicht zugänglich. Es gibt offenbar keine oder zuwenige ökonomische Interessen, die Spiel- und Dokumentarfilme, aber auch die Radio- und TV-Produktionen digital zu verwerten, bzw. es ist, aufgrund der Rechtesituation schlicht zu aufwändig. Dasselbe gilt leider auch für die meisten Bücher und Musikaufnahmen.

Ich spreche hier nicht von HD-Läppli Filmen oder von Krokus-Alben, sondern von den vielen kleinen, bei der Erstveröffentlichung vielleicht weniger erfolgreichen Werken, die längst vergessen sind, aber einen unschätzbaren Wert für das Verständnis der jeweiligen Zeit darstellen. Jedes Werk, egal wie intensiv die Rezeption bei der Erstveröffentlichung war, stellt eine erhaltenswürdige Quelle zur Zeitgeschichte dar. Die Früchte menschlicher Kulturarbeit sind das Einzige was übrigbleibt, und bilden damit die wichtigsten Tore zu unserer Vergangenheit.

Erstmals wird nun durch eine interessante Studie auch empirisch belegt, was ich und viele andere seit langem intuitiv wahrnehmen: Das heutige Urheberrecht bringt Werke vor allem schnell wieder zum Verschwinden und sorgt nicht dafür, dass diese möglichst lange verfügbar bleiben. (How Copyright Makes Books and Music Disappear (and How Secondary Liability Rules Help Resurrect Old Songs, Paul J. Heald, 2013)

Heald schreibt im Abstract:

Copyright correlates significantly with the disappearance of works rather than with their availability. Shortly after works are created and proprietized, they tend to disappear from public view only to reappear in significantly increased numbers when they fall into the public domain and lose their owners.

Er zeigt, dass heute mehr als doppelt soviele Bücher aus dem Jahre 1890 verfügbar sind, als Bücher aus dem Jahre 1950, obwohl 1950 viel mehr Buchtitel als 1890 publiziert wurden.

In der Studie wird auch auf die Situation in der Musikbranche eingegangen und er kommt auch dort zum selben Schluss: 

In short, copyright seems to make both books and songs disappear.

Es ist nun natürlich so, dass dieser Effekt, insbesondere von der Content-Industrie, gewollt ist. Es herrscht die Meinung vor, dass es gut ist, wenn "das alte Zeugs" nicht verfügbar ist, denn auch jedes Stück Inhalt aus der Vergangenheit buhlt natürlich auch um das rare Gut Aufmerksamkeit.

Ich denke dagegen, dass es für die Autoren der Werke schleicht ist, wenn ihre Produktionen nicht verfügbar sind und es ist für die Gesellschaft schlecht, wenn sie sich nicht oder nur sehr eingeschränkt mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen kann.

Wir sollten darum die Schutzfristen des Urheberrechtes massiv verkürzen. Von heute 70 Jahre nach dem Tod des Autors, was völlig absurd ist, auf maximal 10 Jahre nach der Erstveröffentlichung des Werkes.

(Bild: © olly - Fotolia.com)

Erster Farbfilm von Edward Raymond Turner

Im Jahre 2012 wurde im Archiv des britischen National Media Museums eine alte Filmrolle aus dem Jahre 1902 entdeckt. Es handelt sich dabei zwar um einen schwarz/weiss Film, aber es scheint sich trotzdem um den ersten Farbfilm der je gedreht wurde, zu handeln. Edward Raymond Turner hat den Film mit einer Kamera aufgenommen, die jeweils 3 Aufnahmen mit verschiedenen Farbfiltern (Rot, Grün, Blau) hintereinander belichtet hatte. Offenbar war die Technologie aber zu Aufwändig und mit zu vielen Problemen behaftet, als das sie sich durchsetzen konnte.

Bild Wikimedia Commons: Turner's three-colour projector, 1902

Die einzelnen Bilder wurden nach ihrer Entdeckung in einem aufwändigen Verfahren digitalisiert und mit den jeweiligen Farbfiltern kombiniert, sodass nun tatsächlich ein Farbfilm aus dem Jahre 1902 betrachtet werden kann. Auf YouTube sind zwei Filme zu diesem Thema sehenswert. Eine kurze Beschreibung des Probjektes mit Ausschnitten aus dem Film produziert vom National Media Museum selbst und eine 30 Minuten BBC Doku, die die Hintergründe zu dieser Entdeckung etwas ausführlicher betrachtet.

Hier das National Media Museum Video:

Und hier die BBC Dokumentation "The Race for Colour":

500 x 5 Minuten Schweiz - Ein attraktiver Zugang zum NZZ Format Video-Archiv

Schon vor etwas mehr als einem Jahr ist NZZ-Format mit dem Download-Shop für DRM-freie TV-Sendungen positiv aufgefallen. Mittlerweile sind fast alle DVD's auch per Download verfügbar und es wäre sehr zu wünschen, dass sich andere Filmmaterial-Anbieter die NZZ als Vorbild nehmen würden.

Seit kurzem bietet NZZ-Format unter der Adresse swissmade.nzzformat.ch einen aparten Zugang zu einem Teil des vielfältigen Videomaterials aus dem Archiv der eigenen dokumentarischen Sendungen an. So können auf einer Karte der Schweiz 500 Videos, die jeweils ungefähr 5 Minuten dauern, ausgewählt werden. Jedes Video zeigt ein interessantes Stück Schweiz. Wir sehen endlich das Gesicht zum früheren Wetterfrosch von DRS 1, Mario Slongo in einem Beitrag aus dem Jahre 2001 oder können uns etwa die Geschichte des Schokoriegels Ragusa erzählen lassen. Vorsicht: Es ist nicht einfach, sich wieder auszuklinken!

Bezahlt Spotify den Musikern zu wenig?

Wird hören es immer mal wieder. Ein Musiker bekommt von Spotify pro Stream so wenig Geld, dass es auch nach mehreren Tausend Streams kaum für einen Kaffe reicht. So findet auch die Music Union in UK, dass es nicht richtig sei, wenn ein Song pro Stream 0.4p einbringe und damit bei 1 Mio Streams nur 4000£, wenn sie bei BBC Radio 2 für einen gespielten 3 Minuten Song ca. 60£ erhielten

BBC Radio 2 hat ca. 15 Mio. Zuhörer pro Woche. Es ist nicht möglich aufgrund dieser Angabe zu bestimmen, wieviele Hörer nun einen bestimmten Song auf BBC2 gehört haben, aber ich denke, wenn wir mal 100'000 als Schätzung für ein Rechenbeispiel annehmen, liegen wir kaum zu hoch. Auf jeden Fall gibt das dann pro Hörer noch 0.06p also etwa 6.5 mal weniger als bei Spotify.

Weder ist das Web voll, noch gibt es zuviele Informationen

Stefan Betschon schreibt heute in der NZZ:

Web 2.0 war [...] das Web, das aus allen Nähten platzt, weil es darin einfach von allem zu viel gibt.

und:

Hinter der Vision des Semantic Web steht der Wunsch, sich in der Überfülle der im Web angebotenen Information leichter zurechtzufinden.

Das Bild des Webs, dass aus allen Nähten platze ist keine passende Metapher. Das würde ja bedeuten, dass wir uns das World Wide Web wie ein Kissen fixer Grösse vorstellen müssen, in welche jeder und jede ihre Informationen hineinpressen, bis das Ding auseinander fliegt. Das Web ist aber eben nicht in seiner Speicherkapazität begrenzt und theoretisch unendlich erweiterbar. Und das ist einer der Gründe, warum das Web derart wirksam bestehende Strukturen der Informationsproduktion und -vermittlung in Frage stellt.

Es gibt auch keine "Überfülle", es gibt kein Zuviel an Informationen im Web, weil die Informationen, die sich im Web finden jederzeit und je nach Kontext neu organisiert und verlinkt werden können. Und das ist einer der Gründe, warum dem Web als Werkzeug der Aufklärung eine ähnliche Bedeutung zukommt, wie dem Buchdruck vor 500 Jahren. 

(Bild: © Adrian Hillman - Fotolia.com)

Umbenennung von heissen Kartoffeln

Die politisch motivierte Umbenennung von Aspekten unseres Daseins ist nichts neues. Wir alle kennen die Geschichte von den Zwillingsbegriffen Atomkraft und Kernkraft, wobei hier nicht wirklich geklärt ist, wieviel Zufall in dieser Zweiteilung steckt.

Ziemlich klar sieht es aber bei den Umbenennungen von heissen politischen Kartoffeln neueren Datums aus. So hat kürzlich der Spiegel vermeldet, dass die CDU/CSU von der "Vorratsdatenspeicherung" abrücke. Im Artikel können wir dann lesen, dass das Vorhaben nun einfach in "Mindestspeicherfristen" umbenannt wurde.

Auch in der Schweiz haben die Renaming-Spezialisten der politischen Kommunikation kürzlich wieder zugeschlagen. Da können wir in der Medienwoche erstaunt davon lesen, dass das "Leistungschutzrecht [in der Schweiz] vom Tisch sei" und dass der Verband Schweizer Medien sich davon verabschiede. Allerdings stellt sich dann heraus, dass sie einfach auf den Begriff verzichten und ihre Forderungen weiterhin im Rahmen einer Anpassung des Schweizer Urheberrechts umgesetzt haben wollen. 

In beiden Fällen bleiben die dahinterliegenden inhaltlichen Forderungen unverändert bestehen. Es geht offenbar vor allem darum, den politischen Gegnern die kommunikative Angriffsfläche zu nehmen.  Sicherlich kann eine solche Begriffsanpassung auch den Weg frei machen, wieder über Argumente zu diskutieren, statt sich nur Kampfbegriffe um die Ohren zu schlagen. Das wäre die positive Seite der Medaille. Allerdings müsste man dieses Ziel dann auch in der Kommunikation so darstellen. "Der Begriff «Leistungsschutzrecht» ist belastet, darum soll er nicht mehr gebraucht werden" oder "Die Union gibt der «Vorratsdatenspeicherung» den neuen Namen «Mindestspeicherfrist». 

(Bild: © XtravaganT - Fotolia.com)

Journalisten sind auch nur Menschen, bzw. Racheengel.

Fotolia_52258550_XS.jpg

Der Artikel von Stefan Betschon "Das Waterloo des Guerilla-Marketing" in der NZZ wärmt die Diskussion um die Rolle der Blogger im Kommunikationsprozess der Unternehmen vom Sonntag vor einer Woche noch einmal auf.

Dazu gäbe es eigentlich nichts mehr zu sagen, wenn nicht am Schluss dieses Beitrages diese äusserst Bemerkenswerten Sätze stehen würden:

«Doch sobald sich diese Firmen eine Blösse geben, dürfte es vielen Journalisten schwerfallen, die Frustrationen zu vergessen, objektiv zu bleiben. Apple bekam das im Zusammenhang mit «Antennagate» zu spüren.»

Hier offenbart der Journalist, dass er eben auch nur ein Mensch ist, und es mit seiner so viel gepriesenen Objektivität in der Berichterstattung, die den Bloggern ja fehlt, nicht sehr weit her geholt ist.

So unverholen zu drohen, dass, wer nicht brav die Journaille streichelt und füttert, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit mit der medialen Rachekeule zu rechnen hat, ist ein schon starker Tobak; und so herrlich entlarvend. (via @kusito)

(BIld: © Sergey Oganesov - Fotolia.com) 

Was die Haptik für das eBook ist die Präsenz für den MOOC

Fotolia_29005158_XS.jpg

Seit einiger Zeit sind MOOC's in aller Munde. Die Berichterstattung über Plattformen wie Coursera, edX, oder iVersity hat das Phänomen zwar noch lange nicht in einer breiten Öffentlichkeit, aber doch bei vielen die sich mit Bildungsfragen, insbesondere dem Hochschulwesen beschäftigen, bekannt gemacht.

Wie fast immer, wenn sich ein neues Internet-Buzz-Word verbreitet, kommt es aus den USA. Und auch wie fast immer, wird dann von den meisten, deren primäre Informationsträger auch im Jahre 2013 noch weitgehend von Papier und Funkwellen geprägt sind, und sie darum erst davon erfahren, wenn schon viel Staub aufgewirbelt wurde und sie sich deswegen nicht als Teil der Entwicklung, sondern als von ihr überrollt verstehen, ersteinmal mit Abwehr reagiert.

Eine der Aussagen, die man in diesem Zusammenhang hören kann, ist die, dass es den Präsenzunterricht immer brauchen wird und darum MOOC's allerhöchstens ergänzend sein können und man darum auch keine Eile hat, sich diesem Thema zu widmen. Das erinnert mich sehr an den Haptik-Mythos des Gedruckten. Auch die Druckbranche glaubt, dass es immer gedrucktes geben wird, weil das Digitale nicht annähernd ein derart haptisches Erlebnis vermittle, wie gedrucktes Material.

Beide haben natürlich etwas recht. Gedruckt fühlt sich anders an als digital und körperliche Präsenz ist nicht dasselbe wie virtuelle. Doch gibt es keine logische Verbindung zwischen diesen Aussagen und den möglichen Entwicklungen von Papier als Informationsträger oder Präsenzuniversitäten als Bildungs-und Forschungseinrichtungen. Es ist auch nicht sinnvoll sich darüber den Kopf zu zerbrechen, weil wir ja sowiso nicht wissen, wie die Zukunft aussieht.

Viel wichtiger ist es sich zu fragen, wie wir die Zukunft gestalten wollen, also wie diese neuen Möglichkeiten zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden können. Dabei ist es erst einmal völlig unwichtig, ob das bedruckte Papier oder die Präsenzuniversität, so wie sie heute existieren, überleben.

Hier noch ein paar interessante Links zum Thema MOOCs:

(Bild: © jazzerup - Fotolia.com)