Netflix in der Schweiz - Will die Swisscom die Netzneutralität aufgeben?

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Netflix soll dieses Jahr in der Schweiz lanciert werden, wie wir lesen. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Auch wenn wir vom Angebot, zu Beginn mindestens, wohl ziemlich enttäuscht sein werden, da auch Netflix bei vielen Filmen die Rechte nicht bekommen wird, diese hier zu zeigen, bevor sie in unseren Kinos gelaufen sind. Es besteht die Gefahr, dass das Sortiment genauso dünn ist, wie bei den bereits verfügbaren Video-on-demand-Plattformen, was nicht an ihnen liegt, sondern an der Filmindustrie. Wir werden sehen. Ich freue mich auf jeden Fall, dass die Schweiz beim Roll-Out Ende Jahr dabei sein wird.

Was uns allerdings viel mehr Sorge bereiten sollte ist, wie sich die Swisscom gegenüber Inside-IT zum bevorstehenden Markteintritt von Netflix in der Schweiz geäussert hat:

«Mittelfristig würden sich diejenigen TV-Produkte durchsetzen, welche die besten Inhalte, Funktionen, die beste Service-Qualität und die einfachste Bedienung auf allen Bildschirmen (Smartphone, Tablet, PC) vereinen, glaubt Swisscom.» 

Was bedeutet "die beste Service-Qualität"? Swisscom könnte hier versucht sein, den Netflix-Daten weniger Bandbreite zur Verfügung zu stellen, als den eigenen Video-Angeboten. Damit kann sie auf jeden Fall eine bessere Service-Qualität für ihr eigenes Produkt 'organisieren' als für Netflix. Dasselbe gilt natürlich auch für UPC-Cablecom. In der Schweiz gibt es noch keine gesetzliche Regelung zur Netzneutralität, die die Internet-Zugangsprovider daran hindern würde, ihre eigenen Produkte gegenüber denen, die im öffentlichen Internet angeboten werden, zu bevorzugen. Bisher wurde das auch nicht gemacht, haben die grossen Provider unisono behauptet. Das könnte sich nun mit Netflix sehr schnell ändern, denn nun geht es bei Swisscom und UPC-Cablecom erstmals ans eingemachte. Es ist darum höchste Zeit, dass die Netzneutralität bei uns gesetzlich sicher gestellt wird, wie das die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit unlängst gefordert hat. Sonst ist es wohl bald vorbei mit dem Internet wie wir es kannten.

 

Kassensturz zum AGUR12 Bericht - Ueli Schmezer auf Abwegen

Martin Steiger, Ueli Schmezer & Christoph Trummer im Kassensturz vom 13.5.2014

Martin Steiger, Ueli Schmezer & Christoph Trummer im Kassensturz vom 13.5.2014

Der Kassensturz hat gestern einen Beitrag zu den Forderungen aus dem AGUR12-Bericht gesendet. Ueli Schmezer, selber Musiker, ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht Partei für die Konsumenten sondern für die andere Seite. Eigentlich eine ziemliche Frechheit, ein Sendegefäss, welches sich per Definition als Anwalt für die Konsumenten versteht so offensichtlich gegen die eigene Klientel und für die eigenen Interessen einzusetzen. Wenigstens gab es am Ende des Beitrags noch ein kurzes aber aufschlussreiches Streitgespräch zwischen Martin Steiger von der Digitalen Allmend und Christoph Trummer vom Verein Musikschaffende Schweiz*.

Als Ergänzung zum Beitrag möchte ich hier ein paar Äusserungen aus dem Beitrag kommentieren.

Ueli Schmezer beginnt mit der Aussage, dass der Film Rio 2, der offenbar momentan in den Kinos läuft, bereits auch im Netz in bester Qualität gefunden werden kann:

"Diesen Film kann man aber schon jetzt ganz bequem bei sich auf dem Computer schauen..."

Damit bringt er das Problem auf den Punkt: Es gibt Menschen, die wollen "ganz bequem" zuhause einen Film schauen und nicht ins Kino gehen. Und es gibt andere, die finden das Kinoerlebnis fantastisch. Aber es will sich niemand mehr den Kanal vorschreiben lassen, den er nutzt, um einen Film zu konsumieren.

Dass es unzählige Europäer gibt, die sich ein Netflix-Abo leisten und zusätzlich noch Geld ausgeben müssen, um das Geo-Blocking zum umgehen, zeigt doch dass die Zahlungsbereitschaft da ist. Das Problem liegt einzig und allein darin, dass die Filmindustrie nicht bereit ist, ihre bestehenden Verwertungsketten zu überdenken. Es ist ganz einfach. Gebt der ganzen Welt die Filme gleichzeitig, macht sie auf einfache Art und Weise kostenpflichtig verfügbar und das so genannte "Piraterie-Problem" ist gelöst.

Auch Musik sei in Form von Raubkopien einfach verfügbar:

"Wenn sie beispielsweise genau jetzt, heute Abend Musik von ihrer Lieblingsband gratis im Internet Downloaden wollen, dann werden Sie höchstwahrscheinlich problemlos eine Möglichkeit finden."

Das ist zwar richtig, aber völlig irrelevant. Denn ich finde heute höchstwahrscheinlich alles, was auf diesen Plattformen verfügbar ist auch bei legalen Angeboten kostenlos. Fast jeder Künstler ist heute mit seinen Songs zum Beispiel auf YouTube oder Spotify vertreten oder bietet Streams auf seiner Website an. Es ist gar nicht mehr nötig, auf solche Angebote zuzugreifen und interessanterweise, findet man dann das wirklich Rare und Spezielle weder auf den legalen noch auf den 'luschen' Plattformen. 

Als nächstes behauptet Ueli Schmezer, dass sich Kulturschaffende jetzt beginnen zur Wehr zu setzen, dabei weiss er selber ganz genau, dass diese ganze Kampagne von der USA-Dominierten Unterhaltungsindustrie getrieben ist und nicht erst "jetzt" beginnt, sondern schon seit langem im Gang ist. Er war selber vor einem Jahr als Moderator verschiedener Veranstaltungen tätig und hat sich auch dort als voreingenommen und parteiisch gezeigt.

*Sie (die Kulturschaffenden) sagen, es könne doch nicht sein, dass man ihnen ihre Werke einfach nimmt, ohne dafür zu bezahlen"

Bei dieser Aussage müssen wir die wichtige Frage stellen, ob die Werke der Schweizer Kulturschaffenden wirklich genommen werden, ohne dafür zu bezahlen? Das ist eine unbelegte Behauptung. Selbst wenn wir einen Lyrik-Band eines Schweizer Autors auf einer Sharing-Plattform finden würden, was äusserst unwahrscheinlich ist, heisst das noch lange nicht, dass ihm dadurch Umsatz entgangen ist. Solange die Schweizer Kulturschaffenden nicht bereit sind, Zahlen zu nennen, damit wir wissen, worüber wir sprechen, können wir genauso gut davon ausgehen, dass unserer Kultur kein Schaden entsteht. Auch Stephan Eicher wird kaum von Downloads aus illegalen Quellen Einkommenseinbussen verzeichnen. Wenn er weniger verkauft, dann vor allem darum, weil die Konkurrenz viel grösser geworden ist.

Später im Filmbeitrag kommt Lorenz Haas der IFPI Schweiz, des Verbandes der globalen Musikkonzerne zu Wort. Er findet, dass diejenigen die mit ihren Inhalten Geld verdienen, ohne ihnen etwas davon abzugeben, in Pflicht genommen werden müssen. Das ist legitim und auch verständlich. Nur kann es nicht sein, dass wir in der Schweiz, derartig massive Eigriffe wie Netzsperren und Netzüberwachung einrichten, nur weil die Musikindustrie es zu mühsam findet gegen die schwarzen Schafe juristisch vorzugehen. Fast alle Länder dieser Welt sind Mitglieder von weltweit gültigen internationalen Urheberrechtsabkommen. Dass diese auch funktionieren zeigt der Umstand dass laufend solche Angebote geschlossen werden. Die Juristen der Musikkonzerne haben genug Zeit um durch politisches Lobbing an geheimem runden Tischen ihre Interessen undemokratisch durchzusetzen, finden es aber zu mühsam in den Ländern, die sie selber in diese Vertragswerke drängen, Prozesse zu führen, wie es sich für eine demokratische und rechtsstaatliche Gesellschaft gehört.

 

*Disclosure: Ich bin Präsident des Vereins Digitale Allmend. Ich bin zwar nicht Mitglied bei den Musikschaffenden, habe aber mit dem Verein Musikschaffende zwei Workshops zum Thema "Monetarisierung von Musik im Internet" durchgeführt. Ich bin nicht dagegen, dass Künstler Geld verdienen und verstehe mich persönlich gut mit Christoph Trummer und vielen anderen Musikern und Kulturschaffenden der Schweiz. Mir geht es darum, dass wir die Verhältnisse im Auge behalten. Der Schaden für die Schweizer Kulturschaffenden ist mit grosser Wahrscheinlichkeit so gering, dass er für den einzelnen Künstler nicht ins Gewicht fällt. Bis jetzt sind sie es uns auf jeden Fall schuldig geblieben einmal zu beziffern, wieviel Einkommen ihnen tatsächlich durch die von ihnen behaupteten Probleme verloren gehen. Warum ist das wichtig? Weil wir eine Güterabwägung vornehmen können müssen. Immerhin schlägt die AGUR12 massive Eingriffe in unsere Bürgerrechte vor, da sollten wir schon darüber diskutieren dürfen, ob so etwas dann wirklich den Schweizer Kulturschaffenden nützt, die hier an vorderster Front für eine Verschärfung kämpfen, oder ob wir nicht besser nach anderen Lösungen suchen sollten.

Bligg über die Chancen im Netz, das Auslaufmodell CD und 360° die nur 280 sind

Bligg Pressefoto, Copyright by Alois Jauch, http://bligg.ch/blog/fotos/

Bligg Pressefoto, Copyright by Alois Jauch, http://bligg.ch/blog/fotos/

Der erfolgreiche Schweizer Mundart-Rapper Bligg war gestern zu Gast bei Roger Schawinski in dessen Talk-Sendung "Doppelpunkt" auf Radio 1 (MP3 Download).

Es ist eine Freude ihm zuzuhören. Ein Musiker-Unternehmer, der sich nicht von den grossen Majors über's Ohr hat hauen lassen und der im Netz vor allem Chancen sieht:

«Man hört aus der Musikindustrie nur immer "illegale Downloads" und dass die Branche den Bach runter ginge und solches Zeugs, dabei öffnen sich neue Chancen. Jammern bringt nichts!»

und etwas später im Gespräch:

«Wenn man kreativ ist, kann man sich auch im Internet neue Geldquellen erschliessen»

Er erzählt, wie er sein erstes Album in Tschechien pressen liess, finanziert aus eigenen Mitteln natürlich, und wie er mit seinen Kollegen dieses Album in Zürich dann persönlich in die Stores gebracht hat. Wie Universal später bei den Verhandlungen für ein weiteres Album zu hoch gepokert hat und warum er heute eine eigene Firma, die DreamStar Entertainment für seine Aktivitäten führt.

"Die grossen Major-Labels verkaufen allen ihren Künstlern das so genannte 360° Modell, die meisten haben aber höchstens die Kapazitäten und das Know-how um einen Teil der Leistungen erbringen zu können. Die hohle Hand machen Sie für 360°, die Umsetzung findet dann aber eher bei 280° statt."

Musiker können heute viel einfacher direkt mit Unternehmen zusammenarbeiten. So hat Bligg sich durch einen Deal mit der CS eine kleine Pre-Release-Showcase-Tour finanzieren lassen. 

«Solche Modelle muss man in dieser Branche heute an den Start bringen. Es hat zu viele alte Hasen in diesem Gewerbe, die sich krampfhaft an den alten Gegebenheiten festkrallen und einfach nicht wahrhaben wollen, dass das Schiff untergeht. Die CD ist ein Auslaufmodell, damit muss man jetzt einfach klar kommen.»

Zum Schluss noch eine nette Homage an das Schweizer Musikschaffen von Bligg aus dem Jahr 2009 «Musig i de Schwiiz» :-) :

BLIGG - MUSIGG I DÄ SCHWIIZ Hi my name isch George min iPod wiis rot Ich bi Mothers Pride und Grandmothers Funk ...

PS: Wenn es diesen Song im Bligg-Shop als Download zu kaufen gäbe, hätte ich darauf verlinkt.

Neue Netzsperren-Initiative des Bundesrates

Bild: Public Domain - Quelle: http://pixabay.com/p-107860/

Vor 2 Tagen, am 30. April 2014, hat der Bundesrat die Vernehmlassung zum geplanten neuen Bundesgesetz über Geldspiele (BGS) eröffnet

Einmal mehr sollen Netzsperren eingerichtet werden um eine lokale Branche zu schützen. Im 7. Kapitel steht der folgende Artikel:

Art.88 Sperrung des Zugangs zu nicht bewilligten Spielangeboten 

  1. Der Zugang zu online durchgeführten Geldspielen ist zu sperren, wenn die Spiel-angebote in der Schweiz nicht bewilligt sind.
  2. Gesperrt wird ausschliesslich der Zugang zu Angeboten, deren Anbieter ihren Sitz im Ausland haben und die in der Schweiz zugänglich sind.
  3. Die ESBK und die interkantonale Vollzugsbehörde führen und aktualisieren jeweils eine Sperrliste betreffend die Angebote in ihrem Zuständigkeitsbereich.
  4. Die Fernmeldedienstanbieterinnen sperren den Zugang zu den Spielangeboten, die auf der Sperrliste aufgeführt sind.

Wie wir wissen, stehen Netzsperren für unliebsame Inhalte auch auf der Forderungsliste der AGUR12

Die Grundsätzlichen Probleme im Zusammenhang mit Netzsperren sind hinlänglich bekannt und müssen nicht wiederholt werden.

Ich möchte hier darauf aufmerksam machen, dass es sich abzeichnet, dass für jedes Problem welches irgendeine Interessengruppe gerade sieht, das Instrument der Netzsperren gefordert wird und dass wir eine Inflation der Sperrlisten sehen werden, wenn wir dieser Idee nicht eine klare grundsätzliche Absage erteilen.

Ein Internet welches durch politisch motivierte Sperrlisten blockiert ist, ist ein Internet der Zensur und des Totalitarismus.

Wir müssen endlich einsehen, dass die vielen einzelnen Gründe für Sperrlisten am Ende zu einem völlig unfreien und ungerechten System führen werden, welches einzig dazu dient, bestehende Strukturen zu schützen und die ursprüngliche Idee, der politischen und ökonomischen Befähigung des Einzelnen in kleinen und dezentralen Systemen, vernichtet.

Wir dürfen uns nicht blenden lassen von Begehrlichkeiten von Industrien, die unter dem Deckmantel des Schutzes des kleinen Mannes (und der kleinen Frau natürlich) bzw. des kleinen Künstlers, nicht anderes im Sinn haben, als den grossen Machtstrukturen, ihre etwas in Bedrängnis geratene Position zu sichern.

Auch in diesem Gesetz geht es in erster Linie darum, dem Kapital der Kasinobetreiber und den Pfründenverwalter der Lotteriegesellschaften ihre Geldquellen zu sichern. Der unbedarfte Spieler, den zu schützen sie vorgeben, ist ja gerade der, den sie gerne selber ausnehmen wollen. 

Bild: Public Domain - Quelle: http://pixabay.com/p-107860/

Loudr - eine interessante Bandcamp Alternative?

An den beiden Workshops mit dem Verein Musikschaffende Schweiz zum Thema "Monetarisierung von Musik im Internet" haben wir auch über die nützliche und auch bei uns zunehmend beliebte Lösung Bandcamp gesprochen. Vor ein paar Tagen bin ich nun über "Loudr.fm" gestolpert. Die Plattform bietet ähnlich wie Bandcamp eine Möglichkeit seine Musik direkt zu verkaufen, kann diese aber zusätzlich auch gleich an die wichtigsten Online-Stores und Streaming Plattformen verteilen. Ob man den Service auch aus der Schweiz heraus nutzen kann, weiss ich nicht. Falls jemand damit bereits Erfahrung gesammelt hat, würde mich ein kurzer Bericht interessieren.

Stellenanzeige der NSA von 1982

Kürzlich bin ich beim Stöbern in einem meiner ersten gekauften Computermagazine, einer Byte Ausgabe von 1982, auf dieses Inserat der NSA gestossen. Interessant auch die Anspielung auf das "Auge der Vorsehung" im Design der Anzeige. Damit will ich auf keinen Fall auf irgendwelche Verschwörungsideen hinweisen, sondern eher auf den Umstand, dass die hier symbolisierte "Allwissenheit" ja durchaus den programmatischen Vorstellungen der NSA und allen anderen Geheimdiensten dieser Welt entspricht. 

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Für Twitter ist Staatsschutz-Kritik sensibel oder obszön

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Hier liegt mal wieder ein wunderbares Beispiel dafür vor, dass Content-Filter nichts taugen und darum auf keinen Fall grundlegend in die Netzinfrastruktur eingebaut werden dürfen, wie das Großbritannien vor hat und auch bei uns immer wieder gefordert wird, zum Beispiel kürzlich von der Arbeitsgruppe AGUR12.

Ich habe gestern angekündigt, dass bei buch & netz die digitale Edition des vergriffenen Buches «Schnüffelstaat Schweiz - 100 Jahre sind genug» erscheinen wird und die ersten Kapitel bereits online verfügbar sind. Um die zukünftigen Diskussionen zum Buch in den Social Media zu sammeln habe ich den Hashtag #schnüffelCH vorgeschlagen.

Auf der Website zum Buch habe ich dann ein offizielles Twitter-Widget integriert, welches alle Tweets zu diesem Hashtag anzeigen sollte. Die Timeline war zu Beginn natürlich leer, weil es noch keine Tweets dazu gab. Danach habe ich einen ersten Tweet publiziert, welcher auch einige male retweeted wurde. Weiterhin habe ich gesehen, dass auch @martinsteiger auf das Buch inkl. Verwendung des vorgeschlagenen Hashtags aufmerksam gemacht hat:

Die Timeline blieb leer.

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Zuerst dachte ich, dass es halt einfach ein wenig Zeit braucht, bis die Tweets im Widget angezeigt würden. Danach hegte ich den Verdacht, dass das Twitter-Widget nicht mit Umlauten umgehen kann, zumal die Tweets, wenn man auf auf den Button "Auf Tweets überprüfen" klickte, erschienen, bis ich dann gemerkt habe woran es lag:

Für Twitter sind die Tweets zum Schnüffelstaat Schweiz entweder 'sensibel' («...wie etwa Nacktheit, Gewalt oder medizinische Verfahren...»)- oder 'obszön'. Denn wenn ich die Checkbox "Sicherer Suchmodus - Sensible Inhalte und Obszönität" ausschalte, erscheinen die Tweets in der Timeline:

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und sobald ich diesen Filter wieder einschalte, sind sie auch schon wieder weg:

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Ich will hier keine grosse Geschichte daraus machen und auch Twitter nicht unterstellen, dass sie in irgendeiner Form bewusst bzw. aktiv politische Inhalte im Bezug auf die Kritik am staatlichen Überwachungswesen in der Schweiz ausblenden lässt, zumal ich diesen Filter ja an und ausschalten kann.

Was man aber sehr schön sieht, ist, dass diese Filter unbrauchbar sind. Solange die Maschinen kein semantisches Verständnis haben und nicht denken können, und davon sind wir allen Singularity-is-Near-Rufen zum trotz und wahrscheinlich zum Glück noch weit entfernt, können wir keine globalen Inhalte-Filter die auf Algorithmen basieren zulassen.

Stellen wir uns vor, die Frage, ob dieser Filter, wie ihn mir Twitter zur Verfügung stellt, eingesetzt werden soll oder nicht, wird nicht mehr vom Benutzer sondern von einer Behörde oder noch schlimmer von Branchen- bzw. Industrievertretern entschieden. Es gäbe keine Tweets zur Neuauflage des Schnüffelstaat Schweiz Buches und diese stehen natürlich nur stellvertretend für unzählige Inhalte, die einfach nicht mehr erscheinen würden. Das werden wir ja hoffentlich nicht wollen, nicht wahr?

(Bildquelle: Wikimedia Commons - Karikatur die gute Presse - Public Domain)

Linkliste zur AGUR12 - Updated 8. Dezember 2013

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Die AGUR12 ist eine Arbeitsgruppe, die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga ins Leben gerufen wurde und sich im Oktober 2012 das erste Mal getroffen hat. Die AGUR12 soll «bis Ende 2013 Möglichkeiten zur Anpassung des Urheberrechts an die technische Entwicklung aufzuzeigen.».

Dabei müssen wir uns im Klaren darüber sein, dass diese Arbeitsgruppe aufgrund intensiven Lobbyings, insbesondere der Unterhaltungsindustrie, zustande gekommen ist, weil wir in der Schweiz eines der liberalsten Urheberrechte haben. Wir alle sind damit bisher gut gefahren und es gibt derzeit absolut keinen Grund die rechtliche Situation anzupassen.

Es werden bei uns zum Glück keine existenzbedrohenden Prozesse gegen Jugendliche und ihre Eltern geführt und trotzdem sind für die Schweizer Kulturschaffenden keine nennenswerten Verluste von Einnahmen durch Verstösse gegen das Urheberrecht zu verzeichnen. Zumindest war bisher noch niemand in der Lage uns mal eine Zahl zu nennen, über die wir dann diskutieren könnten.

Die AGUR12 ist nur dem Anschein nach ausgewogen zusammengesetzt. In Wahrheit hat die Unterhaltungsindustrie dort das stärkste Gewicht und es spricht Bände, dass die Gruppe nicht bekannt geben will, welche 3 der 15 Mitglieder den Schlussbericht geschrieben haben. 

Nun denn, ich denke, die Diskussion um die Ergebnisse der AGUR12 bzw. um die Inhalte des Schlussberichtes wird uns noch eine Weile beschäftigen, darum werde ich hier eine Linkliste führen, damit wir uns einfach und schnell ein Bild über die Situation machen können. 

Diese Liste ist natürlich weder ausgewogen noch abschliessend. Es geht vor allem darum, die Stimmen denjenigen, die nicht zur Mitarbeit in  der Arbeitrgruppe eingeladen wurden, aber massgeblich von den Ergebnissen betroffen sind, zu Wort kommen zu lassen. Wir, die das Internet täglich nutzen, wir, die das Kulturschaffen auf vielfältige Weise unterstützen, wir, die keinen Zensur- und Überwachungsstaat Schweiz wollen.

Wenn Ihr weitere Links kennt, die ich hier anfügen sollte, dann meldet Euch bitte, in den Kommentaren oder via Kontaktformular.

(Bild: Wikimedia Commons, Public Domain)

iPad-Frustrationen eines Zeitungskäufers

Der Tages-Anzeiger bietet nur den Kauf von Abos an, keine Einzelausgabe.

Der Tages-Anzeiger bietet nur den Kauf von Abos an, keine Einzelausgabe.

Es ist wieder einmal Montag nach einem spannenden Abstimmungswochenende in der Schweiz. Ich möchte mir gerne ein Bild über die Kommentare zu den Ergebnissen in den für meinen Lebensbereich wichtigen gedruckten Zeitungen machen. Die NZZ habe ich abonniert, kein Problem. App Starten, ePaper downloaden oder Webpaper-Ausgabe lesen. Zusätzlich würde mich heute auch der Tages-Anzeiger, und weil ich im Aargau lebe auch die Aargauer-Zeitung interessieren.

Ich könnte mich natürlich auf den Weg zum Kiosk machen und dort die beiden Zeitungen auf Papier kaufen. Aber wir leben ja in der Zeit des Internets, der Tablets und der Smartphones und in einer Zeit in der viele der Branchenvertreter nicht müde werden zu betonen, wie schwierig es ist, mit den digitalen Angeboten Geld zu verdienen. 

Also, so denke ich, kaufe ich mir die digitalen Ausgaben der beiden Blätter. Ich muss noch nicht raus in die Kälte und die Verlage bekommen trotzdem ihr Geld. Alle haben gewonnen, wenn auch ein Teil an Apple abgeführt werden muss, aber das wäre ja beim Kiosk nicht anders.

Nur, das geht so einfach nicht. Der Tages-Anzeiger will mir partout keine Einzelausgaben verkaufen, sondern entweder ein Wochenabonnement für CHF 9.-- ein Monatsabonnement für CHF 29.--. Das möchte ich aber nicht, ich will nur den «Tagi» von heute kaufen.

Bei der Aargauer-Zeitung sieht es nicht viel besser aus. Einziger Lichtblick, wenn man dort in der App, den Kauf des Abos ablehnt, erscheint die Möglichkeit zum Kauf einer Einzelausgabe für CHF 2.50, was ich dann sofort genutzt habe. Nur funktioniert der Download danach nicht.

Es mag sein, dass es sich hier bei der AZ um ein vorübergehend technisches Problem handelt. Fakt ist, dass ich heute morgen 2 zusätzliche Zeitungen auf dem Tablett lesen wollte und ohne mit der Wimper zu zucken, dafür zu zahlen bereit war. Die eine wollen mir das natürlichste Angebot, die Möglichkeit eine Einzelausgabe zu beziehen, nicht machen, die anderen machen es zwar widerwillig, aber haben es technisch nicht im Griff. Solche Erlebnisse Ende 2013 sind nicht nur frustrieren sondern auch dafür verantwortlich, dass ich das Geschwätz vom Bösen Internet vieler Branchenvertreter einfach nicht ernst nehmen kann.

Wie die US-Unterhaltungsindustrie in der Schweiz Politik macht

Rechtsanwalt Martin Steiger hat seine Erkenntnisse zum geheimen Runden Tisch des SECO und den USA Vertretern, nachdem er aufgrund des Öffentlichkeitsgesetztes einige Dokumente erhalten hat, zusammengefasst. Es bleibt äusserst fragwürdig, dass wir offenbar nicht erfahren dürfen, was an diesen Sitzungen genau besprochen wurde. Die Beteuerung der Vertreter der Unterhaltungsindustrie in der AGUR12, dass sie nicht in erster Linie die Interessen der Grosskonzerne und Hollywood vertreten, werden dadurch auch nicht glaubwürdiger.