T-Mobile startet den bislang perfidesten Angriff auf die Netzneutralität

Der deutsche Telekom-Anbieter T-Mobile hat in den USA den bislang perfidesten Angriff auf die Netzneutralität gestartet. Anlässlich ihres Werbe-Anlasses "5th Uncarrier-Event" (Live-Stream-Video ab ca. Min. 0:32) hat John Legere, der CEO von T-Mobile USA, angekündigt, dass in Zukunft die Music Streaming Services nicht mehr an das verbrauchte Datenvolumen angerechnet werden. Er nennt dieses Programm euphemistisch "Music Freedom" und erzählt davon, dass jede Art von Musikstreaming allen Nutzern kostenlos zur Verfügung stehen sollen. Später wird dann konkretisiert, dass es sich nicht wirklich um die gesamte gestreamte Musik im Netz sondern um alle "top music streaming services" handelt.

Es soll zwar noch eine Website geben (t-mobile.com/musicfreedom) unter welcher die Community für die Aufnahme weiterer Music-Streaming-Services in das Programm abstimmen kann, doch der Fall ist klar: Wenn solche Modelle Schule machen, ist es in Sachen Musik mit dem offenen Internet vorbei.

Das Netz ist als eine Plattform gestartet, die es unbeachtet der Grösse des Anbieters und ungeachtet der Art des Inhaltes, jedem und jeder ermöglicht seine Werke zu publizieren. Die einzige Aufgabe der Zugangsanbieter ist es, die Infrastruktur für den Datenanschluss bereit zu stellen und dafür dem Kunden einen Gebühr zu verlangen.

Angebote wie dieses von T-Mobile machen den Provider zum neuen "Gatekeeper". T-Mobile und niemand sonst entscheidet nun, aus welcher Quelle die T-Mobile Kunden Musik hören können. Es ist logischerweise nur eine Frage der Zeit bis T-Mobile den "glücklichen" Music-Streamimg-Services erklären wird, dass sie für den Zugang zu den Kunden Geld bezahlen müssen. Dadurch kann sich der Anbieter der Infrastruktur ein Stück des Kuchens der Unterhaltungsindustrie abzweigen und dies übrigens garantiert zulasten der Künstler.

Eine solche Entwicklung ist, ohne zu übertreiben, eine Katastrophe, die bei uns mit allen Mitteln verhindert werden muss. Zum Glück haben wir derzeit wenigstens etwas positive Signale aus der Politik. So hat der Nationalrat diese Woche mit 65% Ja Stimmen einer Motion von NR Balthasar Glättli zur gesetzlichen Festschreibung der Netzneutralität in der Schweiz zugestimmt.

Die grossen Internet-Zugangsanbieter in der Schweiz, wie die Swisscom oder die UPC-Telekom werden im Ständerat dagegen mobil machen. Sie behaupten unentwegt, dass es in der Schweiz keine Verletzungen der Netzneutralität gäbe. Wir können aber auf jeden Fall davon ausgehen, dass ohne die gesetzliche Garantie des freien Flusses der Daten von Computer zu Computer, solche unsäglichen "Free Music" Angebote auch bei uns kommen werden. Dann ist "Aus die Maus" für die kulturelle und unternehmerische Vielfalt im Schweizer Internet.

Netflix in der Schweiz - Will die Swisscom die Netzneutralität aufgeben?

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Netflix soll dieses Jahr in der Schweiz lanciert werden, wie wir lesen. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Auch wenn wir vom Angebot, zu Beginn mindestens, wohl ziemlich enttäuscht sein werden, da auch Netflix bei vielen Filmen die Rechte nicht bekommen wird, diese hier zu zeigen, bevor sie in unseren Kinos gelaufen sind. Es besteht die Gefahr, dass das Sortiment genauso dünn ist, wie bei den bereits verfügbaren Video-on-demand-Plattformen, was nicht an ihnen liegt, sondern an der Filmindustrie. Wir werden sehen. Ich freue mich auf jeden Fall, dass die Schweiz beim Roll-Out Ende Jahr dabei sein wird.

Was uns allerdings viel mehr Sorge bereiten sollte ist, wie sich die Swisscom gegenüber Inside-IT zum bevorstehenden Markteintritt von Netflix in der Schweiz geäussert hat:

«Mittelfristig würden sich diejenigen TV-Produkte durchsetzen, welche die besten Inhalte, Funktionen, die beste Service-Qualität und die einfachste Bedienung auf allen Bildschirmen (Smartphone, Tablet, PC) vereinen, glaubt Swisscom.» 

Was bedeutet "die beste Service-Qualität"? Swisscom könnte hier versucht sein, den Netflix-Daten weniger Bandbreite zur Verfügung zu stellen, als den eigenen Video-Angeboten. Damit kann sie auf jeden Fall eine bessere Service-Qualität für ihr eigenes Produkt 'organisieren' als für Netflix. Dasselbe gilt natürlich auch für UPC-Cablecom. In der Schweiz gibt es noch keine gesetzliche Regelung zur Netzneutralität, die die Internet-Zugangsprovider daran hindern würde, ihre eigenen Produkte gegenüber denen, die im öffentlichen Internet angeboten werden, zu bevorzugen. Bisher wurde das auch nicht gemacht, haben die grossen Provider unisono behauptet. Das könnte sich nun mit Netflix sehr schnell ändern, denn nun geht es bei Swisscom und UPC-Cablecom erstmals ans eingemachte. Es ist darum höchste Zeit, dass die Netzneutralität bei uns gesetzlich sicher gestellt wird, wie das die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit unlängst gefordert hat. Sonst ist es wohl bald vorbei mit dem Internet wie wir es kannten.