Absurde und unverschämte Sperrliste der Content-Industrie

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Nun ist sie also da, die Wunschliste der Websites, die die US-Amerikanische Unterhaltungsindustrie und ihre Schweizer Handlanger in der AGUR12 gerne gesperrt hätten. Der Chaos Computer Club Zürich hat die sogenannte Sperrliste der SAFE (Schweizerischen Vereinigung zum Kampf gegen die Piraterie )veröffentlicht. Sie wurde den Providern anlässlich eines Branchenevents, der kürzlich stattgefunden hat, ausgehändigt und kann hier eingesehen werden.

Es ist traurig zu sehen, dass wir überhaupt über solche unglaublichen Vorhaben diskutieren müssen. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich leider klar und deutlich bestätigt. Durch die Netzsperren soll einfach alles, was der Industrie nicht passt, und zwar völlig unabhängig von der tatsächlichen rechtlichen Situation, gesperrt werden. Ich mache ein paar Beispiele.

Auf der Liste befindet sich Grooveshark, mit der zusätzlichen Bezeichnung "Illegal Streaming". Nun, Grooveshark wurde zwar in den USA von den grossen Majors verklagt, aber der Rechtsstreit ist noch nicht entschieden, und die Betreiberfirma die ganz offiziell in Florida und New York sitzt, darf die Website nach wie vor betreiben. Es kann zwar sein, dass am Ende die Content-Industrie ihre Prozesse gewinnt, aber derzeit sind die Würfel noch nicht gefallen. Trotzdem soll die Site, wenn es nach dem Gusto von SAFE ginge, in der Schweiz gesperrt werden, ohne rechtliche Grundlage, einfach weil sie es so wollen. 

Weiterhin befinden sich Websites auf der Liste, die es ermöglichen z.B. aus einem YouTube Video den Soundtrack zu extrahieren (sogenannte Stream-Ripper), also eine Art Aufnahmefunktion zur Verfügung stellen. Nun ist es sicher so, dass es dadurch möglich ist, zu einem MP3 File eines Songs zu kommen, der ja in der Regel legal auf YouTube verfügbar ist. Doch das verstößt nicht gegen geltendes Recht, höchstens gegen die Nutzungsbedingungen von YouTube. Nur der Umstand, dass ein solcher Service der Unterhaltungsbranche nicht genehm ist, kann doch kein Grund für eine Zugrifssperre für eine Website darstellen. Genausogut müssten dann Links zu Browsererweiterungen, die dasselbe ermöglichen, oder Links zu Anwendungen die die Aufnahme des Audiosystems es Computers ermöglichen, gesperrt werden. Dieser Logik folgend hätten man in den 1960er Jahren den Zeitungen auch verbieten müssen Anzeigen für Tonbandgeräte zu drucken.

Auch auf dieser Liste sind Websites zu finden, die zum weitaus grössten Teil legale Inhalte anbieten. Beispielsweise das Argentinische Forum "Taringa". Da dort die User aber über die Foren auch Links zu urheberrechtlich Geschützen Inhalte posten können, soll gleich die ganze Site gesperrt werden. Auch hier ist die Industrie im Betreiberland Argentinien rechtlich gegen die Site vorgegangen. Der Prozess wurde mit einem Vergleich beendet und die Website ist auf der ganzen Welt nach wie vor verfügbar und in der Spanisch sprechenden Community äusserst beliebt. Nun soll diese Website für die Schweizer Internet-Nutzer trotzdem einfach gesperrt werden.

Diese Liste zeigt ganz klar, wohin eine solche Regelung führt. Websites die einer kleinen Gruppe von Vertretern der Unterhaltungsindustrie nicht genehm sind und die in den Betreiberländern völlig legal verfügbar sind, sollen bei uns einfach gesperrt werden. Und bitte, wir sprechen hier nicht von sogenannten "Failed-States" ohne Rechtssystem, sondern von Ländern wie den USA, Argentinien oder Schweden.

Diese Sperrliste, die den Providern ausgehändigt wurde, dürfte ja nur einen kleinen Teil der Sites darstellen, die die Unterhaltungs-Industrie tatsächlich sperren lassen will.  Man stelle sich vor, wieviele Websites, die diesen Leuten nicht passen, vor uns verborgen werden sollen, wenn ein solches Regime erst einmal eingerichtet ist und diese Listen dann ja geheim sind. Willkür und Zensur sind Tür und Tor geöffnet. Wir dürfen das auf keinen Fall zulassen.

(Bild: © djama - Fotolia.com) 

Arbeitsgruppe AGUR12 schlägt Überwachung der Internet-Nutzer und Zensur der Netzinhalte vor.

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Die NZZ am Sonntag schreibt unter dem Titel "Bund schiebt Raubkopieren einen Riegel" (Online wurde der Titel bereits geändert), dass sich eine Arbeitsgruppe des Bundes auf verschiedene Massnahmen zur Bekämpfung illegaler Anbieter von urheberrechtlich geschütztem Material im Internet geeinigt hätten. Es wird zwar im Artikel nicht wirklich ersichtlich, aber wir können wohl davon ausgehen, dass die Autorin dieses Beitrages sich dabei auf den Zwischenbericht des IGE zur letzten Sitzung der AGUR12 beruft, der hier auf der IGE Website nachzulesen ist.

Die AGUR12 ist eine Arbeitsgruppe, die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Spätsommer letzten Jahres einberufen wurde und die den Auftrag erhalten hat, "bis Ende 2013 Möglichkeiten zur Anpassung des Urheberrechts an die technische Entwicklung aufzuzeigen. Besonderes Augenmerk sei dabei auf die Entwicklung von Verwertungsmodellen zu legen, die den heutigen Internetnutzungen gerecht werden." Das Mandat ist online verfügbar (PDF).

In dieser Arbeitsgruppe sind verschiedene Interessen vertreten, wobei diejenigen, die am alten System der Rechteverwertung festhalten wollen und denen jedes Mittel recht ist, um ihre Monopolrente zu sichern, krass übervertreten sind. Vor allem haben die Hardliner, die eine eigentliche Zensurifrastruktur aufbauen wollen, grossen Einfluss auf die Diskussionen innerhalb der AGUR12, während moderate Stimmen und solche die sich ernsthaft mit den neuen Möglichkeiten und Herausforderungen der digitalen Gesellschaft auseinander setzen überhaupt nicht vertreten sind. Die Einzigen die sich gegen die permanente Überwachung der Netzuser wehren, sind die Zugangsanbieter, allerdings auch nicht mehr geschlossen, wie die Aussage des Swisscom-Sprechers Sepp Huber im erwähnten NZZ am Sonntag Artikel zeigt. Ich bin ziemlich sicher, dass Cablecom, Sunrise usw. diese Sache etwas anders sehen. Dass Swisscom hier ausschert, hat wohl vor allem damit zu tun, dass sie ja auch immer mehr zum Inhalteanbieter wird. Eine Entwicklung notabene, der der Bund als Eigentümer der Swisscom eigentlich einen Riegel  vorschieben müsste, aber das ist eine andere Baustelle.

Es wundert darum nicht, dass die Zwischenergebnisse nicht Gutes erahnen lassen. Die Massnahmen, die die Arbeitsgruppe vorschlägt, führen allesamt zu einem massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Internet-Nutzer und würden, wenn sie umgesetzt werden, vor allem hohe Kosten für den Staat und die Provider, und keinen einzigen Franken mehr für die Kulturschaffenden einbringen.

Der einzige Lichtblick in diesem Zwischenbericht ist die Aussage, dass die Verhältnismässigkeit und die Finanzierbarkeit der Massnahmen berücksichtigt werden sollen. Eine Forderungen, die ich sehr wichtig finde und die eigentlich dazu führen müsste, wenn wir sie ernst nehmen, dass endlich die Zahlen auf den Tisch kommen, die uns sagen, wieviel Geld die Schweizer Kulturschaffenden, insbesondere die lautesten von ihnen, die Musikschaffenden Schweiz durch die sogenannte Piraterie verlieren. Erst dann können wir seriös darüber diskutieren, wie verhältnismässig die vorgeschlagegen Massnahmen wirklich sind.

Schauen wir uns nun die verschiedenen Massnahmen im Detail an:

Es wird davon gesprochen, dass die Internet-Zugangsanbieter den Nutzern von P2P-Netzen, welche in "schwerwiegender Weise Urheberrechte verletzen", Warnhinweise zustellen soll. Das ist so eine Art abgeschwächtes Loi Hadopie aus Frankreich. Dass der Begriff "schwerwiegend" erst einmal definiert werden müsste, ist dabei nur ein Nebenaspekt. Das viel grössere Problem ist natürlich, dass damit eine Überwachung der Inhalte, die jemand im Netz nutzt einher geht, denn nur so, könnte ja festgestellt werden, ob es sich dabei überhaupt um eine Verletzung des Urheberechts handelt. Das wäre etwas dasselbe, wie wenn jeder Paketpost-Anbieter dazu angehalten würde, jedes Paket zu öffnen und zu schauen, ob sich darin eventuell Material befindet, welches eventuell im Zusammenhang mit einer Verletzung des Urheberrechtes steht und darüber Buch zu führen, damit er feststellen kann, wann der Messwert für die Definition von "schwerwiegend" erreicht ist. Stellen wir uns doch einmal eine solche Forderung vor. Dann wird uns klar, wie absurd diese ist und vor allem wie gefährlich.

Als zweites wird gefordert, dass die sich in der Schweiz befindlichen Hosting-Provider dazu verpflichtet werden, auf Anzeige hin, urheberrechtlich geschütztes Material zu entfernen. Ein Notice-und-Take-Down-Verfahren wie es in den USA praktiziert wird. Grundsätzlich könnte man sich ja durchaus auf eine solche Massnahme einlassen, wenn wir aufgrund der Erfahrungen aus den USA nicht wüssten, dass solche Regelungen von der Content-Industrie massiv ausgenützt werden um sich Inhalte, an denen sie gar keine Rechte besitzen, anzueignen und zu monetarisieren. Martin Steigers Beispiel ist nur eines von sehr vielen, die zeigen, wie schlecht diese Lösung funktioniert. Ein weiteres Problem wird sein, dass die Content-Konzerne die Schweizer Provider mit solchen Anzeigen überschwemmen werden. Sie schiessen mit einer riesigen Schrotkannone einfach wild um sich, weil es sie nichts kostet, zu behaupten ein Song, ein Text oder ein Film gehört ihnen. Sobald sie das gemacht haben, muss der Provider handeln und weil er logischerweise keinen Ärger will, nimmt er das File sicherheitshalber mal vom Netz. Gerade die kleinen Provider werden sich hüten, sich auf juristische Streitigkeiten mit den Grosskonzernen der Medienindustrie einzulassen. Das Nachsehen haben die User, die nichts illegales tun und sich trotzdem dauernd gegen falsche Anschuldigungen wehren werden müssen.

Die dritte Forderung besteht darin, dass die Internet-Zugangsanbieter auf Anzeige der KOBIK oder einer anderen zu schaffenden Behörde, in schwerwiegenden Fällen den Zugang zu offensichtlich illegalen Quellen sperren sollen. Hier haben wir es also mit dem Lösungsansatz zu tun, der in Deutschland unter dem Namen "Zensursula" phänomenal gescheitert ist. Mit dieser Idee wird nun definitiv der Aufbau und Betrieb einer Zensurinfrastruktur gefordert. Websites, die einer bestimmten Industrie nicht genehmen sind, sollen gesperrt werden. Es wird behauptet, dass es ja nur ein paar sogenannte "Linksites" seien, die eben Links auf unlizenzierte Kopien von urheberrechtlich geschütztem Material anbieten. Doch welche Sites sollen das denn sein? Solche die ausschliesslich Links zu bestimmten Files bieten? Oder reichen schon einige Links, neben solchen die unproblematisch sind? Oder nur einer? Müsste Google gesperrt werden? Was ist eine Sucherergbnisseite anderes als eine Linksseite? Was ist überhaupt eine Linksite? Hier ist der Willkür Tür und Tor geöffnet. Kommt dazu, dass diejenigen, die sich wirklich Zugang zu Inhalten verschaffen wollen, die die Content-Industrie nicht oder noch nicht ermöglichen wollen, dies immer schaffen werden.

Wir können also festhalten, dass das was die AGUR12 vorschlägt, das schlimmste aus Frankreich, den USA und Deutschland kombiniert und wenn dieser Strauss an Forderungen umgesetzt würde, die Schweiz wohl bald den Spitzenplatz in der Rangliste der westlichen Länder mit den stärksten Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte im Internet belegen würde.

Es ist wahrlich dreist, wie die internationalen Mediengrosskonzerne über lokale Verbände in der AGUR12 und auch über diesen Runden Tisch des SECO versuchen die Freiheits- und Persönlichkeitsrecht der Schweizer Bürgerinnen und Bürger einzuschränken, nur damit sie ihre alten Gelddruckmaschinen weiter betreiben können. Man stelle sich vor, diese Leute hätten bereits früher gemerkt, was das Internet mit ihren Geschäftsmodellen anstellt. Wir würden wohl immer noch Faxen, statt E-Mails verschicken und Leserbriefe statt Blogposts schreiben und vor allem würden wir weiterhin all den Schrott auf Datenträgern kaufen müssen, den sie uns während Jahrzehnten vorgelegt haben.

Wir müssen genau hinschauen, ob und auf welche Weise die aktuellen Vorschläge der AGUR12 tatsächlich umgesetzt werden sollen und uns vehement dagegen wehren. Hier geht es nicht um ein paar Jugendliche, die sich ihre Musik und Filme irgendwo im Netz holen, ohne dafür zu bezahlen. Es geht um das Weiterbestehen einer Internet-Infrastruktur die frei ist von Zensur, Überwachung und Willkür und damit einen erheblichen Beitrag zur Prosperität unserer Geschellschaft leistet, und das geht uns alle an.

(Bild: © burak çakmak - Fotolia.com) 

Die trügerischen Argumente für das Leistungsschutzrecht der Presseverleger in der Schweiz

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin der Meinung, dass das Leistungschutzrecht für Presseverleger in der Schweiz mit allen Mitteln verhindert werden muss. Wir dürfen auf keinen Fall auf den von einigen Befürwortern eines solchen Maulkorb-Gesetztes neu eingeschlagenen konzilianten Ton hereinfallen. Es wäre völlig falsch hier auch nur die kleinste Kompromissbereitschaft zu signalisieren. Ein solches Gesetz kann nur schlecht sein für die Gesellschaft, denn es wird immer darauf hinauslaufen, dass grosse Konzerne mehr Macht erhalten und die Vielfalt der Kommunikationskanäle eingeschränkt wird. Auch wenn die Verleger in der Schweiz nun etwas "Kreide gegessen" haben, werden sie bei der konkreten Umsetzungsdiskussion eines solchen Gesetzes alles, was Grösse stärkt und ihnen Wettweberb vom Halse schafft, einbringen.

Bis vor kurzem gab es ja nur Äusserungen einzelner Exponenten der Schweizer Mediengrosskonzerne. Seit heute haben wir so etwas wie eine offizielle Stellungnahme des Verbandes Schweizer Medien. In der NZZ vom 15. Januar 2013 äussert sich deren Geschäftsführer Urs F. Meyer zum Thema und legt dar, warum ein solches Leistungschutzrecht gefordert wird. Der wichtigste Kampf um den Erhalt und den Ausbau der Medienvielfalt in der Schweiz seit Jahrzehnten ist damit offiziell eingeläutet.

Ich werde hier nur kurz auf die trügerischen Metaphern und Argumente, die im heutigen NZZ Beitrag von Urs F. Meyer verwendet werden eingehen.

Das Internet ist kein Wochenmarkt

Meyer beginnt mit einem beschaulichen Bild um uns einzulullen:

"Vergleichen wir das Internetangebot doch einmal mit einem traditionellen Wochenmarkt: Da kommen die regionalen Bauern, mieten einen Marktstand, bezahlen die Marktgebühr und bieten ihre Produkte an." (Urs F. Meyer, Geschäftsführer Verband Schweizer Medien, NZZ Online)

Doch das Internet bzw. was World Wide Web sind keineswegs mit einem Wochenmarkt vergleichbar. Ein Wochenmarkt liegt an einer Strasse oder an einem Platz. Alle Besucher des Wochenmarktes versammeln sich entlang dieser Strasse oder dieses Platzes. Das Netz ist völlig anders gebaut. Es gibt zwar die Maktstände, wenn wir dieses Bild schon bemühen wollen, aber es gibt keine feste Strasse und keinen festen Markt. Die Wege zu den Martkstandbetreibern sind dynamisch, werden jede Sekunde tausendfach neu gebaut. Es sind die Links, die die Strassen darstellen und die Klicks die Laufkundschaft; und diese Links werden fortwähren neu gesetzt und neu geklickt. Es gibt zwar solche Marktplatzstrukturen auch im Web. Das wären dann aber eher die Aktionsplattformen wie eBay und Ricardo. Der weitaus grösste Teil der Internet-Umsätze wird aber nicht an diesen Marktplätzen generiert, sondern direkt an den Marktständen. Die Aufgabe des Standbetreibers ist dauernd dafür zu sorgen, dass die Links zu ihm gebaut und geklickt werden, und nicht den Märkten entlang zu fahren.

Dann kommt die böse Google ins Spiel:

"Die Beschaulichkeit wird dann jedoch massiv gestört, wenn ein aussenstehender Anbieter ohne eigene Marktware einen riesigen Marktstand mietet, sich bei einzelnen Bauern, ohne zu fragen, geschweige denn gar zu bezahlen, Produkte von der Auslage nimmt und sie bei sich, nach eigener, nicht transparenter Rangordnung, mit dem Hinweis ausstellt, man könne sie beim jeweils genannten Bauern kaufen gehen. " (Urs F. Meyer, Geschäftsführer Verband Schweizer Medien, NZZ Online)

Ich hoffe, es ist bereits klar, warum dieses Bild völlig daneben ist. Es gibt wie gesagt, den Marktplatz im Netz so nicht. Die verwendete Metapher hier ist aber gleich doppelt falsch. Google und andere Aggregatoren nehmen den Presseverlegern nichts weg aus der Auslage. Das würde ja bedeuten, dass wir den Artikel dessen Anriss Google anzeigt, nicht mehr in der Originalquelle lesen könnten. Wenn ich einen Apfel aus der Auslage nehme und ihn bei mir einstelle, ist er beim Bauern weg und damit wertlos. Wenn ich einen Artikel-Anriss nehme, diesen im Netz woanders darstelle, und einen Link zur Quelle baue, dann ist der Artikel bei der Quelle noch vorhanden und durch den Link wertvoller geworden.

Warum wollen denn die Presseverleger sowas nicht, wenn ich behaupte, dass die Links der Aggregatoren ihnen etwas bringt? Die sind ja auch nicht blöd, oder?

Richtig. Sie sind überhaupt nicht blöd. Das Problem für die Verleger ist, dass sie viel stärkerer Konkurrenz ausgesetzt sind, weil es viel einfacher ist, eine "Strasse" aus Links zu bauen und wieder abzubauen. Sprich, weil die Linkwelt eben ausserordentlich dynamisch ist, und jeder Mensch mit einfachen Mitteln jederzeit die beste Quelle sein kann, und deswegen die Verleger zu recht um ihre Vormachtstellung bangen, wollen sie das Leistungsschutzrecht. Das Problem für die Presseverleger ist, dass die neue Medienwelt, die am entstehen ist, viel mehr Diversität bieten wird. Die Marken der Zukufnt sind Journalisten und kleine Journalistenkollektive, die ohne dass sie sich bei den Verlagen versklaven müssen, direkt an Ihr Publikum gelangen können und auch direkt monetarisieren werden können. Die grossen Medienkonzerne wissen genau, dass die von Ihnen als Internet-Idealisten und Träumer betittelten Menschen recht haben. Ihre Zeit nähert sich dem Ende und entgegen den Behauptungen ihrer Protagonisten und Lakaien, ist das gut so. 

Das heisst nicht, dass die Zeit des Journalismus zu Ende wäre, im Gegenteil. Es heisst auch nicht, dass es keinen Platz für gute Verlage gäbe, im Gegenteil. Es wird wieder Vielfalt herrschen und es wird viele kleine Inhaltenabieter geben, die hervorragenden Journalismus bieten werden. Dieser Journalismus wird vielleicht etwas anders aussehen als heute, aber er wird wohl seiner Rolle des Watchdogs der Gesellschaft und des Raumes für die öffentliche Debatte gerechter werden, als der den wir heute haben - sofern wir das Leistungschutzrecht verhindern. In der Schweiz können wir das zum Glück und darauf müssen wir uns vorbereiten. Aber ich schweife ab...

Nochmal zu diesem unsäglichen Marktplatz / Bauern Bild: Google ist in dieser Situation sicher nicht derjenige, der einen eigenen, nur viel grösseren, Marktstand aufgestellt hat, um den armen lieben Bauern aka Meidenkonzerne wie Ringier, Tamedia, usw. die Apfel weg zu nehmen. Wenn schon ist Google die Firma, die viel dazu beiträgt, dass immer wieder neue Strassen mit Laufkundschaft gebaut werden und dass diese Strassen zu den Bauern führen. Und hier gleich noch angefügt: Wir könnten ja denken, dass Herr Meyer mit den Apfeln, die ihm weggenommen werden, die Journalistischen Inhalte meint. Das ist nur oberflächlich so, er sagt Apfel damit wir glauben es gehe ihm um Inhalte, aber er mein Rosinen, nähmlich die Inserate, die ihm weggenommen wurden.

Es ist eben nicht so, dass in dem Bild, welches Herr Meyer verwendet, die Presseverlage die Bauern auf dem Marktplatz darstellen. Die Bauern sind die Journalisten, die Äpfel sind die Inserate; die Verlage hatten früher einfach den Martkplatz für sich gepachtet und konnten für den Zutritt zu diesem dafür verlangen, was sie wollten. Das ist das Problem der Presseverleger: es braucht keine solchen Marktpläzte mehr.

Halten wir also fest, dass diese Metapher vom Marktplatz und den Bauern absolut trügerisch ist und überhaupt nichts mit dem Problem des Leistungschutzrechtes zu tun hat. Oder anders gesagt: Lassen wir uns nicht veräppeln.

Es geht weiter:

"Im obenstehenden Beispiel aber tritt der aussenstehende Anbieter machthaberisch auf, nimmt, ohne zu fragen, und diktiert, wem das nicht passe, der solle zusätzliche Arbeit leisten, indem er seine Angebote entsprechend markiere, damit sie von der Marktschau nicht berücksichtigt werden." (Urs F. Meyer, Geschäftsführer Verband Schweizer Medien, NZZ Online)

Diesmal will der Schreiber uns weismachen, dass es Arbeit bedeute, in einem einzigen File ein Attribut zu setzen. Ja, stimmt: 10 Min. Wenn es nur dieses Problem ist, welches die Presseverlage gelöst haben möchten, werden wir eine Spendestelle einrichten, um das Geld zu sammeln, welche für die Bezahlung der Arbeit, die dafür notwendig ist, zu bezahlen. Wir werden wohl nicht mehr als 10'000 CHF zusammenbringen müssen, um allen Presseverlagen in der Schweiz anzubieten, ihre robots.txt kostenlos so einzurichten, damit sie aus dem Google Index verschwinden.

Der Witz ist eben, dass die Verlage nicht möchten, dass sie aus dem Index verschwinden, denn es ist ja in der Tat wertvoll dort zu sein, sondern sie möchten, dass Google und Co. dazu gezwungen werden sie zu indizieren und dafür zu bezahlen. Das zeigt der Aufschrei, der durch den Blätterwald (ja, vor allem dort) ging, als Google angekündigt hat, in Frankreich die Presseverlage aus dem Index zu nehmen, wenn dort ein Leistungschutzrecht eingeführt würde. Manchmal wird auch das Beispiel Belgien genannt, wo Google das auch tatsächlich gemacht hat. Da hiess es allenorten, dass dies Erpressung sei. Kann es noch absurder gehen? Das würde ja bedeuten, dass der grosse böse Marktplatzhirsch, der den mächtigen Stand aufgestellt und die Äpfel geklaut hat, nun plötzlich die Äpfel nicht mehr zurückgeben darf, sondern jeden Tag neue kaufen muss, auch wenn er gar nicht will?

Wichtig sind auch die Äusserungen zum Kartellrecht, die immer wieder gemacht werden. Es heisst dann jeweils von Seite der Presseverlage, sie könnten nicht einfach ihre Inhalte aus dem Index löschen. Dies müssten alle gleichzeitig machen, was sie aber aus kartellrechtlichen Gründen nicht dürften. Ich kann das nicht beurteilen, aber diese Aussage steht dann natürlich im krassen Gegensatz zu der Behauptung von Herrn Meyer im Artikel:

"Will ein Verlag seine Produkte verkaufen, sollen sie entsprechend im Internet erscheinen. Will jemand seine Zeitungen gratis publizieren, so soll er das können, ..." (Urs F. Meyer, Geschäftsführer Verband Schweizer Medien, NZZ Online)

Wenn das so wäre, dann würde ja, sofort nach Einführung des Gesetzes jemand, oder mehrere Anbieter ihre Angebote ohne das Leistungsschutzrecht zu bemühen ins Netz stellen. Diese hätten dadurch einen enormen Trafficvorteil gegenüber allen anderen die dafür Geld verlangen wollen. Die Presserverleger müssen also ein Leistungschutzrecht einrichten, welches unliebsame Konkurenz, die darauf verzichten will, verhindert, denn sonst wäre es völlig nutzlos.

Wenn das aus Opportunitätsgründen nicht von Anfang an gefordert wird, müssen wir damit rechnen, dass bald nach der Einführung eines solchen Leistungsschutzrechtes, weitere Wünsche lautbar werden. Es wird dann gejammert werden, dass es da draussen im Netz von Google und Co. finanzierte (früher war es der Kommunist) Unternehmen gäbe, die das Leistungsschutzrecht nicht nutzen, sondern einfach so, ohne zu fragen journalistische Erzeugnisse ins Netz stellen, was ihr Geschäftsmodell tropiere und dass sie untergehen werden, wenn die Politik nicht eingreife. Das Ergebniss wäre dann wohl eine Bewilligungspflicht für journalistische Erzeugnisse, wie wir es absurderweise ja schon im RTVG kennen (Art. 3 RTVG) und deswegen wohl auch kein YouTube in der Schweiz haben.

Ach, ich könnte noch lange weiter machen, aber lasse es für heute mal gut sein. Das Thema wird uns wohl die nächste Zeit beschäftigen. Es gilt nun wachsam zu sein, und zu schauen, welche Vorschläge aus der AGUR12 hervorgehen. Es hat ja mit dieser Arbeitsgruppe eigentlich ganz harmlos begonnen. Aber ich hege grösste Befürchtungen, dass wir uns für einen heftigen Kampf gegen eine URG Revision rüsten müssen, die das Netz, wie wir es heute kennen, zur Geschichte machen will.

Die Zukunft der Stadt?

Bei Gerd Leonhard auf dieses interessante kurze Video gestossen. Arthur C. Clarke, der Autor eines Teils der Grundlagen zum Film «2001: A Space Odyssey», erzählt hier 1964, wie er die Stadt im Jahre 2000 sieht. Er meint, dass sich bis dann das Konzept der Stadt völlig verändert hat, weil aufgrund der verfügbaren Kommunikationstechnologien viel weniger Leute in den Städten leben werden. Nun, wie wir wissen hat er sich geirrt.

Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass er sich nur in der Zeit etwas verschätzt hat und wir tatsächlich am Anfang eines Trendwechsels stehen, dass zumindest viele der Arbeitsplätze aus den Städten wieder verschwinden, weil wir noch viel stärker als bisher via Internet ortsunabhängig zusammenarbeiten werden.

Gesetze wie Code im Kollektiv schreiben?

Clay Shirky wirft in diesem TED Talk eine interessante Idee auf. Er zeigt, dass uns die Open Source Entwickler mit Git und ähnlichen Systemen, bzw. Social Coding Plattformen wie github täglich zeigen, wie die Zusammenarbeit in grossen Gruppen an komplexen, voneinander abhängigen Regelsystemen in Textform funktionieren kann. Die Idee, dass das was mit Programmcode möglich ist auch mit Gesetztetexten klappen sollte, ist äusserst spannend und bietet viel Raum für Phantasien darüber, wie der Gesetzgebungsprozess in Demokratien in der vernetzen Welt dereinst organisiert werden könnte. Hier gehts zum TED Talk von Clay Shirky «How the Internet will (one day) transform government».

(via Kevin Kelly on Google+)

Booksorber - Eine Software die das Bücher scannen schnell, einfach und kostengünstig macht.

Vor ein paar Wochen wurde ich in einem Kommentar zu meinem zwei Jahre alten Blogpost "Bücher Scanen für das Ipad" auf das Projekt "Booksorber" aufmerksam gemacht. Es handelt sich dabei um eine Software, die aus fotografierten Buchseiten, brauchbare Vorlagen für PDF E-Books erstellt.

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backupify - Cloud Datensicherung jetzt auch für Salesforce.com

Ich nutze den Service backupify.com schon seit längerem für automatische online Backups meiner Google Apps, Picasa, Flickr, Twitter und Facebook Daten. Nun kann der Service auch für die Sicherung von Salesforce.com Daten eingesetzt werden. Backupify für Salesforce kostet für 10 User 50$ / Monat und dann für jeden weiteren User zusätzliche 5$.

Auch dann, wenn man einen Cloud Service nutzt, bleibt man für seine Daten verantwortlich. Es ist zwar richtig, dass bei den meisten Cloud Anbietern, die eigenen Daten besser vor Verlust durch technische Fehler geschützt sind, weil sie dort redundant gespeichert werden, aber es kann nach wie vor vorkommen, dass Daten durch menschliche Fehler gelöscht werden. Auch hierfür bieten professionelle Cloud Services in der Regel verschiedene Schutzmechanismen an, doch wer sich sicherer fühlen will, führt regelmässig einen Backup durch. Backupify.com ist schon fast eine perfekte Lösung dafür. Das einzige was mir fehlt, ist die Möglichkeit, ein eigenes S3 Bucket für die Speicherung der Backupdaten zu verwenden.

Offene Gesundheitsdaten - Interessante und wichtige Panel Diskussion in Basel

Der Verein opendata.ch organisiert zusammen mit der TagesWoche am 27. September eine Panel Diskussion in Basel, die äusserst interessant zu werden scheint. Denn es  geht um die Frage, wie wir als Gesellschaft, mit den über uns gesammelten Gesundheistdaten umgehen wollen.

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Model Thinking - Ein interessanter MOOC auf coursera.org

MOOC ist die Abkürzung für Massive Open Online Course. Sie sind im Moment in aller Munde. Philippe Wampfler stellt das Konzept auf seinem Schule und Social Media Blog kurz vor.

Coursera.org ist eine der verschidenen Plattformen, die solche Online Kurse organisieren und anbieten und bereits mehr als 1 Million eingeschriebener Nutzer aufweist. Ich habe mich vor ein paar Monaten für den Kurs "Model Thinking" von Scott E. Page, einem Soziologen und Professor für komplexe Systeme der an Universtität Michigan, eingeschrieben. In erster Linie, weil mich das Thema interessiert, aber auch weil ich gerne mal an einem solchen MOOC teilnehmen möchte. Erleben wir hier doch vielleicht gerade den Beginn einer Revolution im Bildungsbereich.

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Kommentar zur neuen Musikschaffenden.ch Kampagne gegen Schweizer Unternehmen welche vermeintlich Piraterie unterstützen

Die Musikschaffenden Schweiz haben wieder eine Kampagne gestartet. Unter dem Titel "Schweizer Unternehmen sponsoren die Internet Piraterie" wurde heute eine Pressmitteilung verschickt, die mit Screenshots von Websites ergänzt ist, auf welchen Banner-Einblendungen von Schweizer Unternehmen zu sehen sind. Die Screenshots sollen uns suggerieren, dass man auf diesen Webseiten mit einem Klick Songs, auch von Schweizer Musikschaffenden, kostenlos downloaden kann. Songs, für die man sonst etwas bezahlen müsste. Schlimmer noch, es gibt die bösen Piraten und Google, die durch die Werbung, die auf diesen Seiten geschaltet werden, mit dem Schaffen unserer Schweizer Künstler Geld verdienen.

Die Botschaft die vermittelt werden soll ist, dass es ja schon eine Schweinerei ist, wenn die Künstler durch Piraten und Google enteignet werden, aber noch viel Schlimmer ist es, wenn dies mit Unterstützung von Schweizer Unternehmen geschieht. Wo gibt's denn sowas? Der Staat muss endlich eingreifen.

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