Bücher scannen für das iPad
/Tim O'Reilly hat vor ein paar Monaten mal getwittert, dass immer mehr Japaner ihre Bücher einscannen um diese auf dem iPad oder anderen E-Book Readern zu lesen, und auf einen Artikel zu diesem Thema hingewiesen (der leider bereits nicht mehr verfügbar ist).
Was dem einen oder anderen nun absurd erscheinen mag, ist letztendlich die einzige Möglichkeit einen grossen Teil unserer gedruckten Kultur digital verfügbar zu machen.
Obwohl ich Bücher liebe, und inmitten einer stattlichen Bibliothek lebe, möchte ich die Inhalte dieser Bücher schon lange eben auch in elektronischer Form nutzen können. Volltextsuche, "Copy & Paste", online Zugriff, ich denke ich muss die Gründe nicht weiter ausführen.
Eigentlich wäre es ja am einfachsten, wenn die Buchverlage mir ein PDF (ohne DRM versteht sich) zur Verfügung stellen würden. Ich würde sogar noch einen Aufpreis zum gedruckten Buch dafür bezahlen. Aber das ist bekanntlich Wunschdenken. Im Moment zeigen die E-Book Strategien der etablierten Verlage genau in die andere Richtung.
Natürlich gibt es einige Bestseller auch irgendwo, bereits von jemandem eingescannt, im Netz. Doch die meisten meiner Bücher finde ich nirgends, oder dann nur nach langwierigem durchwühlen unzähliger Schlangenfänger-Websites.
Auch viele meiner antiquarischen Bücher, deren Urheberrechte aus meiner Sicht zwar abgelaufen wären, und von Google Books auch bereits gescannt wurden, sind hier in der Schweiz nicht verfügbar, bzw. nur via US-VPN Verbindung.
Also bleibt nichts anderes übrig, als selber zu scannen.
Die richtig coolen, vollautomatischen Buchscanner, wie sie Google und andere Archive nutzen, sind allerdings für meinen bescheidenen Einsatz doch etwas zu teuer. Die Preise beginnen irgendwo bei ca. 20'000 Euro. Die verschiedenen DIY Lösungen, die im Netz herumgereicht werden, wären zwar günstiger, machen aber nicht gerade einen vertrauenserweckenden Eindruck.
Die handelsüblichen Flachbettscanner sind allerdings für das Einscannen von Büchern nicht geeignet, da einerseit der Buchrücken beschädigt wird, und andererseits die Bildqualität gegen die Buchmitte hin schlecht ist, und jeder Scan nachbearbeitet werden müsste. Meines Wissens gibt es nur eine Firma die hierfür eine einigermassen erschwingliche und clevere Lösung anbietet: Plustek mit ihren OpticBook Scannern.
Vor etwa zwei Jahren habe ich mir das kleinere Modell den Plustek OpticBook3600 Plus gekauft, um meine Bücher einscannen zu können.
Das Spezielle an den OpticBook Scannern ist, dass die Glasscheibe bis an den Gehäuserand reicht und dadurch die Bücher Seite für Seite gescannt werden können, ohne den Buchrücken zu beschädigen.
Die mitgelieferte Software (nur Windows) dreht dann jeden zweiten Scan um 180°, sodass man relativ schnell vorwärts kommt. Ich schaffte damit 5-7 Seiten pro Minute. Das Buch "Die grosse Zukunft des Buches" mit Umberto Eco habe ich, beispielsweise, in ca. 50 Minuten eingescannt.
Mittlerweile habe ich mir noch das grössere Modell, den OpticBook Plustek A300 angeschafft (danke nochmal @mpolzin und @brack für die Lieferung). Erstens steht mir dadurch eine A3 Fläche zur Verfügung und kann nun endlich meine diversen antiquarischen Zeitschriften und Bücher scannen und zweitens ist das Ding doppelt so schnell wie der 3600er. Ich schaffe jetzt locker 8-12 Seiten pro Minute.
Klar, das ist ja eigentlich immer noch viel zu viel Arbeit, wenn man bedenkt, dass das PDF File, mindestens bei neueren Büchern, beim Verlag irgendwo herumliegen würde. Immerhin hat das Bücherscannen aber fast schon etwas meditatives, beruhigendes und man kann sich dazu endlich mal wieder ein ganzes Album anhören. Wenn ich mich also des Abends oder Sonntags nicht ins allgemeine gezwitschere einreihe, wisst ihr nun, woran ich arbeite :-)
Nach dem Scannen liegen erst mal Image-Files im Jpeg-Format vor, diese lasse ich danach durch die OCR-Software Abbyy Fine Reader Express for Mac in ein durchsuchbares PDF umwandeln. Gelagert werden die Files natürlich in der Cloud, zum Beispiel bei Scribd, Box.net oder Google Docs und archiviert bei Amazon S3.
Die eingescannten Bücher können bequem auf dem iPad gelesen, markiert und durchsucht werden. Ich nutze dafür iAnnotate, aber auch GoodReader würde wohl ähnlich funktionieren.
Natürlich nehme ich trotzdem immer noch gerne ein Buch zur Hand und lese weiterhin viel direkt im Holz. Aber die einfache Möglichkeit das elektronische Material zu verarbeien, möchte ich nicht mehr missen und ich freue mich darauf, wenn ich dereinst einmal meine ganze Bibliothek auch elektronisch verfügbar haben werde. Wird noch eine Weile dauern, ich weiss, aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel - nicht wahr? :-)