Aus dem Archiv: Addi, Paolo, Renata und Moritz

Diese EP habe ich vor ein paar Monaten an einem Flohmarkt gefunden. Es handelt sich bei Addi, Paolo, Renata und Moritz um eine Ostschweizer Teenagerband aus den frühen 1970er Jahren, die sich selbst, wie den Songtexten zu entehmen ist, aber eher als Kinderband gesehen hat. Obwohl der Werbetext auf der Rückseite mit dem Satz schliesst: 

Von dieser Band ist noch viel Gutes zu erwarten!

scheint diese Prophezeiung offenbar nicht eingetreten zu sein. Mindestens im Netz ist nichts ausser dieser Schallplatte über die vier Jugendlichen zu finden.  

Aufgenommen und herausgegeben wurde das Werk von Rico Sonderegger, dessen Studio und «Exlusiv» Label auch heute noch zu existieren scheint.

Addi und Paolo, so heisst es auf der Cover-Rückseite seien von den Nielsen Brothers entdeckt worden. Die beiden Songs auf der A-Seite, die im Gegensatz zu den B-Nummern, in Hochdeutsch dargeboten werden, lassen uns diesen Einfluss auch deutlich hören. Der erste Titel «Mein kleines Herz» klingt auch darum wie «Aber Dich gibt's nur einmal für mich» weil er auch aus denselben Federn stammt (Ederer / Gudera).

3 der 4 Songs auf der EP sind von einem Martin Richard komponiert worden, der später mit seinem Martin Richard Quartett selber ein paar Schallplatten veröffentlichten durfte. Was aus den vier Musikern geworden ist, ist im Netz nicht dokumentiert, bzw. habe ich bisher nichts dazu gefunden. Vielleicht schaue ich bei Gelegenheit mal bei Herrn Sonderegger vorbei.

Und hier nun zum reinhören, die letzte Nummer der B-Seite, der «Buebe-Beat», mit einem zugegebenermassen für heutige Ohren etwas grenzwertigen Text.

Der Text auf dem Cover lautet wie folgt: 

Addi, Paolo, Renata und Moritz
Addi und Paolo, die beiden sympathischen Rorschacher Buben, wurden von den Nilsen Brothers entdeckt. Diese berühmten Musiker schrieben Lieder für sie, produzierten mit ihnen zwei Single- Schallplatten („Die Mutter ist Putzfrau bei Lehmann" bei Populär und „Ein Glück, dass wieder mal die Sonne scheint" bei Decca), und sie nahmen die kleinen Sänger auch oft mit auf Reisen. Addi und Paolo wirkten ausserdem in einer Fernsehshow („Betty's Beat Box Haus") und in einem deutschen Spielfilm („Hurra, unsere Eltern sind nicht da") mit.
Addi und Paolo wurden immer wieder von Unterhaltungskapellen gebeten, mit ihnen zu singen, aber schon bald hatten sie das jeweils kurzfristige Proben mit stets anderen Gruppen satt. Inzwischen hatten sie ja gelernt, Gitarre zu spielen, und sie fanden es an der Zeit, eine eigene Band zu gründen! Paolos um ein Jahr ältere Schwester Renata wurde als Organistin und Pianistin gewonnen, und in Moritz, der ebenfalls ein Jahr älter ist, fanden sie einen versierten Schlagzeuger, der zudem noch Gitarre spielen und Trompete blasen kann. Diese vier Kinder nun, die alle ihre Nummern allein und ohne Hilfe von Erwachsenen einstudieren, ergänzen sich musikalisch und gesanglich so ideal, dass der Erfolg einfach nicht ausbleiben konnte: Sie wurden schon bald als Attraktion von einem bekannten „Dance & Show Shop" engagiert, und sie gastierten an ungezählten Orten mit abendfüllendem Programm.
Und nun liegt also die erste Schallplatte von Addi, Paolo, Renata und Moritz vor! Die vier Kinder spielen und singen darauf erfolgreiche Lieder aus ihrem grossen Repertoire, und wer sich diese Platte anhört, wird bestätigen müssen: Von dieser Band ist noch viel Gutes zu erwarten!

Wir warten also... 

Mit der CVP auf dem Weg zum Polizei- und Überwachungsstaat

Die CVP hat Alarm geschlagen. Die Sicherheit in der Schweiz sei, wenn es so weiter geht, bald nicht mehr gewährleistet. Damit es nicht soweit kommt, hat die Partei ein Massnahmenpaket zusammengestellt, welches uns aufhorchen lassen muss. Wenn eine Mitte-Partei derart auf Law-and-Order setzen, verheisst das nichts gutes für unsere Zukunft und vor allem nicht für die kommenden Debatten zur BÜPF-Revision und zum Nachrichtendienstgesetz.

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass sich Reto Nause immer noch nicht von der "Tanz-Dich-Frei-Geschichte" erholt hat. Hier ein paar Kostproben davon, wie die Christlichen Demokraten gedenken, den Teufel aus der Gesellschaft zu vertreiben (aus der Medienmappe mit dem Positionspapier PDF):

  • ...Die CVP unterstützt deshalb die Einführung von Schnellverfahren, vor allem bei Grossanlässen mit absehbarem Gewaltpotenzial
  • ...Wer sich an einer bewilligungspflichtigen Versammlungen oder Kundgebungen vermummt, erschwert oder verunmöglicht bewusst eine spätere Identifizierung. Die CVP fordert die Schaffung strafrechtlicher Instrumente, die auch dann greifen, wenn eine Gruppe Vermummte in ihrer Mitte vor dem Zugriff durch die Polizei schützt
  • ...Das Strafmass für Landfriedensbruch muss heraufgesetzt werden, tatverdächtige Angehaltene sollen bis zu 72 Stunden in Gewahrsam genommen werden können.
  • ...Insbesondere bei der Aufklärung von Straftaten bei unbewilligten Anlässen oder Gewaltausbrüchen sind nicht unverhältnismässig hohe Ansprüche an die Internetfahndung zu stellen
  • ...Heute haben weder die Polizei noch der Nachrichtendienst des Bundes die Möglichkeit in Fällen von Gewaltextremismus präventiv oder nach Gewalteskalationen reaktiv Telefone abzuhören oder Emails zu überwachen. Die CVP fordert die Schaffung der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen
  • ...Social Media-Kanäle, über die anonyme Aufrufe zu unbewilligten Veranstaltungen wie „Tanz dich frei“ veröffentlicht werden, müssen zur Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichtet werden können.
  • ...Die CVP unterstützt die Schaffung eines internationalen Regelwerks, welches internationale Verhaltensregeln, Standards und Normen über das Verhalten im Internet festlegt.
  • ...Die CVP hält weiterhin an ihrer Forderung nach 3000 zusätzlichen Polizisten fest.
  • ... Bestehende Videoüberwachungssysteme von Strassen sollen technisch aufgerüstet werden, so dass sie Kontrollschilder automatisch scannen und mit dem eidgenössischen Fahndungsregister Ripol, welches Datenbanken für Personenfahndungen, Fahrzeugfahndungen, Sachfahndungen und ungeklärte Straftaten umfasst, abgleichen können.
  • ...Der Nachrichtendienst des Bundes muss über die nötigen Kompetenzen für Einsätze im In-
    und Ausland verfügen, um als Frühwarnsystem zugunsten des Bundes und der Kantone proaktiv zu wirken.
  • ...Mit mehr Begleitpersonal, Überwachungskameras etc. verbessern wir die Sicherheit auf den Bahnhöfen und in den Zügen und garantieren die Sicherheit der Passagiere.
  • ...Der öffentliche Raum muss durch präventive Stadtgestaltung, bessere Beleuchtung und den verstärkten Einsatz von Videokameras an Brennpunkten Verwahrlosung, Vandalismus, Diebstählen, Wohnungseinbrüchen sowie Gewalt vorbeugen.

Zusammengefasst: Überwachung, Überwachung, Überwachung total, kombiniert mit Erhöhung des Gewaltpotentials des Staates. Und das alles nur, weil ein beleidigter Gemeinderat von Facebook keine Antwort auf seinen Brief erhalten hat.

Open Source Möbel

Mozilla hat ihr Büro in Japan mit Open Source Möbel ausstatten lassen, einzelne Designer bieten ihre Arbeiten bereits zum Download an und mit OpenDesk.cc gibt es eine äusserst nützliche Plattform für die Unterstützung der Beteiligten im Produktionsprozess.

Die Pläne der vorgestellten Holzmöbel können entweder downgeloaded und für die eigene Fertigung der Möbelstücke verwendet werden, oder man wählt einen lokalen Schreinereibetrieb, ein FabLab oder eine offene Werkstatt, in welcher die Produkte hergestellt werden können.

Open Source für "Alltags-Hardware" ist nichts neues. Die OpenDesk.cc Plattform zeigt aber sehr schön, wie ein Ökosystem, welches auf offenem Wissen basiert, funktionieren kann.

Die Designs sind unter einer Creative-Commons Non-Commercial Lizenz publiziert. Das bedeutet, für den privaten Gebrauch können diese jederzeit genutzt und weiter kopiert werden. Natürlich kann auch eine Schreinerei damit beauftragt werden, die Möbel nach diesen Plänen herzustellen. Weiterhin ist es möglich, gleich auf der Plattform aus einer Liste von offiziellen Herstellern einen zu wählen, und diesen mit der Produktion zu beauftragen. 

Für Handwerksbetriebe besteht die Möglichkeit eine Wiederverkäufer-Lizenz zu erwerben, um die Möbel lokal herzustellen und verkaufen zu können. Gleichzeitig ist man dann auch in der erwähnten Liste der offiziellen Herstellerbetriebe aufgeführt, die vom User der Plattform direkt als Produktionsbetrieb gewählt werden können.

In der Schweiz gibt es bislang noch keine Schreinerei oder ähnliches, aber die Chancen stehe nicht schlecht, dass es auch hierzulande bald Betriebe geben wird, die sich solchen Initiativen anschliessen.

Das Modell ist in jeder Hinsicht vorbildlich für eine, sowohl in ökologischer, wie auch in sozialer Hinsicht nachhaltiger organisierten Welt. Anstelle ein paar weltweit dominierenden Superherstellern, die die Produktion zentralisieren, das Kapital akkumulieren und den globalen Transport von Materialen anfeuern, werden dereinst solche weltweite dezentrale Netzwerke aus lokalen Herstellern, Designern und Nutzern die Grundlage unserer Wirtschaft darstellen.

Darum ist Open Knowledge in jeder Hinsicht zu unterstützen. Es gehört zu den wichtigsten Konzepten für die Gestaltung unserer Zukunft. Vom 16. bis 18. September findet mit der OKCon 2013 übrigens die wichtigste Konferenz zum Thema Open Knowledge in Genf statt.*

(*Disclosure: Ich bin mit buch & netz offizieller Supporter der OKCon 2013)
(Bilder: Website opendesk.cc)
(via TechCrunch)

Rizzoknor @ Frischluftkultur Muri

Gestern war der zweite Abend des kleinen aber feinen Frischluftkultur-Festivals in Muri im schönen Oberfreiamt.* Kanal K hat Live übertragen. Es spielten unter anderem auch Rizzoknor, die ich vor ein paar Jahen schon mal in Zürich im Papiersaal erlebt habe. 

In der Soundcloud gibt es einiges an Material. Aber natürlich kann das alles kein Live-Konzert ersetzen. Geht hin, bei nächster Gelegenheit, es lohnt sich.

(*Disclosure: da bin ich aufgewachsen :-)

Wenn Kulturjournalisten auch PR-Manager sind

Wenn Kulturjournalisten auch PR-Manager sind

In der gedruckten NZZ von heute, wie auch online, ist ein Beitrag erschienen, der die Kultur des "Do-it-yourself" in der Welt der Pop-Musik zu analysieren vorgibt. 

Die Autorin kommt im Artikel, zusammen mit einem Vertreter der Verwertungsgesellschaften, die derzeit in der AGUR12 darauf hinarbeiten eine Zensur- und Überwachungsinfrastruktur in der Schweiz aufzubauen, zum Schluss:

«Mit DIY 2.0 alleine nämlich hat noch niemand den Durchbruch geschafft.»

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Gesucht: Schweizer Filmschaffen im Netz

Es ist Locarno-Zeit und das Schweizer Filmschaffen ist wieder einmal ein wenig öffentliches Thema. Wobei, nicht das eigentliche Schaffen, mal abgesehen von Brons Blocher-Experience, sondern vielmehr die Frage nach den Fördermitteln, wie jedes Jahr.

Heuer geht es um Zentralisierung vs. Diversität, aber auch darum, welche Bereiche im komplexen Prozess der Filmproduktion bzw. -vermittlung, wieviel Geld erhalten. So bekundet das BAK, dass man die Drehbuchschreibenden besser fördern will und die hiessigen Film-Festivals haben via Bundesamt für Statistik kommunizieren lassen, dass sie für das Filmschaffen eine wichtige Rolle einnehmen und darum Förderungwürdig bleiben.

Bei allem Verständnis dafür, dass das Geldproblem eine wichtiger Dauerbrenner der Branche ist, müssen wir trotzdem feststellen, dass die allerwichtigste Frage, die nämlich, wie man erreicht, dass der Schweizer Film auch gesehen wird, selten bis nie ein Thema ist.

Der schlimme Gedanke, der sich mir einschleicht ist, dass es  für die Finanzierung der meisten Schweizer Filme völlig egal ist, ob dieser Film ausserhalb der eigenen Szene wahrgenommen bzw. gesehen wird oder nicht, und sich darum auch niemand wirklich darum kümmert. 

Es macht den Anschein, dass kein wirkliches Interesse daran besteht, dass alle diese Filme, die nun über die Jahrzehnte weitgehend durch private und staatliche Fördermittel finanziert wurden, auch gesehen werden. (Neues Buch zum Thema Filmförderung in der Schweiz: Der Schweizer Film von Olivier Möschler)

Dem Mantra, dass es für die kulturelle Identität der Schweiz wichtig sei, ein eigenes Schweizer Filmschaffen aufrecht zu erhalten und wir dieses deswegen auch fördern sollen, steht die Realität entgegen, dass mehr oder weniger das komplette Schweizer Filmwerk in Datenbanken und Lagerhallen eingeschlossen und nicht online zugänglich ist. Es gibt wohl hundertausende von YouTube-Videos, die von mehr Zuschauern gesehen wurden, als die meisten Schweizer Filme.

Wer im Netz nach Schweizer Filmen sucht, stösst irgenwann man auf die Website von Swissfilms, deren Auftrag nach eigenen Angaben lautet:

Kernaufgaben der Stiftung sind Verbreitung, kulturelle Vermittlung und Vernetzung des Schweizer Filmschaffens.

Dort gibt zwar eine Datenbank mit mehr als 4000 Filmen. Doch online sehen oder kaufen kann man diese Filme nirgends. 

Dann gibt es den Filmlink, die Schweizer Filmszene in Internet, doch auch hier dieselbe Tristesse, keine Schweizer Filme, die man Online sehen oder als Download kaufen könnte.

Versuchen wir es mit den älteren Produktionen. Diese werden von der Cinemathèque Suisse, dem Schweizer Filmarchiv aufbewahrt, und vom Verein MemoriAV erschlossen und konserviert. Nun, wir ahnen es: Keine Möglichkeit unsere kulturelle Filmgeschichte zu rezipieren. Dafür gibt es mit Memobase eine Datenbank mit Metadaten zu mehr 300'000 Audiovisuellen Dokumenten. Auch das ist bestimmt eine lobenswerte Einrichtung für Spezialisten, aber von Metadaten haben wir nicht gegessen. Wunderbar passend zur Situation ist der Hinweis, dass wir im Bundesarchiv selber VHS Kopien machen dürfen, wenn wir einen Beitrag der Schweizer Filmwochenschau sehen wollen. Im Jahre 2013 dürfen wir also Technologien aus den 1980er Jahren nützen. Ich frage mich, ob da jemand aus versehen all die Jahre im Archivkeller eingeschlossen war?

Zu guter letzt besuchen wir noch die Website Artfilm.ch, welche sich auf Autorenfilme aus der Schweiz und dem Ausland spezialisiert hat. Artfilm.ch bietet immerhin ein Streaming- und ein VOD-Miet-Angebot für ungefähr 150 Schweizer Filme an. Das ist schon mal ein lobenswerter Anfang. Aber im Netz auf eine Plattform und auf DRM-Technologien zu setzen, ist selten von grossem Erfolg gekrönt.

Wem wirklich etwas daran liegt, dass das Schweizer Filmschaffen auch gesehen wird, sorgt dafür, dass diese Filme im Netz verbreitung finden. Die neuen Kanäle heissen YouTube und Vimeo und nicht DVD und VHS. DRM ist völlig unnötig und verhindert blos, dass die Filme einfach verkauft und gekauft werden können. Der NZZ Videoshop ist ein gutes Beispiel für eine Lösung, die ohne DRM funktioniert.

Es ist doch ein Witz, dass in einer Zeit in welcher soviele Videominuten konsumiert werden, wie noch nie, ausgerechnet die Filme, die mit dem Anspruch gefördert werden, einen wichtigen Beitrag zur Schweizer Kultur zu leisen, nicht gesehen werden können.

Damit wir uns nicht falsch verstehen. Es braucht weder neue Fördermittel, noch müssen die bestehenden umgelagert werden, um diesen traurigen Umstand zu ändern. Es braucht nur den Willen der Beteiligten, ihre Sonntagsreden über die Wichtigkeit des Schweizer Filmschaffens in Taten zu verwandeln.

(Bild: © Vladislav Kochelaevs - Fotolia.com)

Überwachungsstaat: «Das kann ja nicht die Lösung sein»

Der Autor Ilija Trojanow hat 2009 zusammen mit Juli Zeh das Buch «Angriff auf die Freiheit: Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte» veröffentlicht. Gestern hat Simone Fatzer ein kurzes Gespräch mit ihm im Echo der Zeit geführt.

Auf die Frage, ob er denn nun, in Anbetracht der durch Edward Snowden bekannt gewordenen Überwachungsaktivitäten der westlichen Demokratien, auf gewisse Kommunikationsmittel bewusst verzichte, antwortete er:

Nein, das kann ja nicht die Lösung sein. Es kann ja nicht die Lösung sein, dass aufgrund einer perversen staatlichen Dauerüberwachung, ich als Bürger gezwungen werde, irgendein Instrument, irgendeine Kommunikationsform, die mein Leben erleichtert, nicht zu nutzen. Genauso, wie ich es problematisch finde, dass manche Menschen sagen: "Gut, nun werde ich absolut alles verschlüsseln und geheimhalten". Dieser Zwang, dass man selber dann beginnt, solche Paranoiden verhaltensweisen nachzuahmen, ist an sich für mich schon nicht akzeptabel.

Immer wieder wird ja vorgeschlagen, dass wir einfach unsere E-Mails verschlüsseln sollen. Oder auch, dass wer Cloud-Dienste nutze, schlicht selber schuld sei. Das ist eine erstaunliche Haltung. Nur weil es technisch möglich ist, unsere E-Mails und andere Daten zu lesen, ist es noch lange nicht richtig, dass wir das zulassen. Wir hätten früher auch nicht akzeptiert, wenn ähnliches mit der Briefpost geschehen wäre. Wir dürfen nun nicht klein beigeben und uns zurückziehen, sondern müssen von der Politik verlangen, dass sie im Sinne der Bürgerrechte handelt und nicht gegen sie.

Ein Problem der Geheimdienste ist gemäss Trojanow:

...dass gerade im geheimen wirkende Bürokratien, jede technische Möglichkeit und jede rechtliche Grauzone, die sich ihnen bieten, auch ausnutzen. Das heisst, Selbstkontrolle gibt es bei Geheimdiensten nicht. Die einzige mögliche Kontrolle ist die einer demokratischen Transparenz.

Ich würde weiter gehen und sagen, dass überhaupt keine Kontrolle möglich ist. Darum sollten wir in der Schweiz auf jeden Fall darauf verzichten unseren Geheimdienst mit weiteren Werkzeugen auszustatten. Das Beste was man tun kann,  ist, auf solche Organisationen im Staat zu verzichten, oder ihnen wenigstens nur die allernötigsten Rechte zuzugestehen.

Und noch einmal zur Wiederholung für alle, die denken, dass das alles nicht weiter schlimm ist, weil sie ja nichts zu verbergen haben:

Die genaue Lektüre, nicht nur meiner Akte, sondern auch vieler anderen Akten zeigt, dass es eine Irrealität gibt, die entsteht. Aufgrund dessen, dass man alles beobachtet, ist natürlich auch ein Generalverdacht auf alles gelegt, und dieser Generalverdacht trägt in sich eine Ernergie, die bestätigt sein will. Das heisst, es ist geradezu unmöglich, davor unschuldig zu wirken. Auch scheinbar naives oder harmloses verhalten erscheint aufgrund dieser tendenziösen Beobachtung dann als verdächtig.

Das sollte uns in der Schweiz an den Fischenskandal erinnern und diese Erinnerung wäre doch schon Grund genug, ein Nachrichtendienstgestzt wie es geplant ist, gar nicht erst zu diskutieren. Und sollte es trotzdem im Parlament durchkommen, müssen wir uns schon jetzt bereit machen:

Ich glaube dass entscheidende ist, dass man früh und wirklich heftig jetzt Widerstand leistet. Diese wirklich verlogene Schutzbehauptung, es sei zu Sicherheit des Bürgers gedacht, die dürfen die Bürger auf gar keinen Fall akzeptieren.

Hier ist das ganze Gespräch aus dem Echo der Zeit von SRF4 News vom 8. August 2013:

 (Bild: © kebox - Fotolia.com)