Wer lernt was aus dem IKEAHackers-Fall?

Acht Jahre lang hat ein Fan von IKEA-Möbeln (ich wusste gar nicht, dass es das gibt) einen Blog unter der Domain Ikeahackers.net betrieben, in welchem sie darüber Berichtete, was die Nutzer der schwedischen Möbel auf der ganzen Welt alles damit anstellen. Die Site wurde zunehmend erfolgreicher und mit der Zeit ist sie offenbar auch zu ihrer Einkommensgrundlage geworden. Irgendwann war das Ganze den Markenwächtern von IKEA dann nicht mehr ganz geheuer und sie beschlossen, das Ding unter Ihre Kontrolle zu bringen.

Wie man das als grosse Kapitalgesellschaft so macht, sucht man nicht den Dialog, also das Gespräch zwischen Menschen, sondern regelt das 'professionell' mit einem sauber formulierten Schreiben, klaren Forderungen sowie den passenden Drohungen, sollte man dem Verlangen nicht nachkommen.

Blogger lernen: Don't play with brands.

Doch Jules Yap und ihre Fans sind Menschen und die fanden dieses Vorgehen nicht so toll. Sie haben sich empört und gemeckert und so im Netz viel "Meis" gemacht und prompt hat sich IKEA nach ein paar Tagen offenbar für den vorläufigen Rückzug entschieden

Unternehmen lernen: Don't mess with communities.

Allerdings müssen wir davon ausgehen, dass IKEA am Ende als Gewinnerin dastehen,und die Site, und wahrscheinlich auch die Bloggerin Jules Yap, unter ihre Kontrolle bringen wird.

Menschen lernen: Don't rely on brands.

Marken und Kapitalgesellschaften haben keine Seele. Sie interessieren sich nicht für Menschen und ihre Geschichten, sie tun nur so. Man sollte sich auf keinen Fall auf sie verlassen, geschweige denn sein Leben darauf aufbauen.

...weil nicht der Franken unser Maßstab ist, sondern der Mensch

Heute vor 125 Jahren ist Gottlieb Duttweiler geboren. Er war eine Art Jeff Bezos der Schweiz des frühen 20. Jahrhunderts. Denn er war zwar kaum der Erste, aber wohl damals der Erfolgreichste, der im Schweizer Detailhandel das Unternehmensmodell: "high-volume, low-margin" konsequent umgesetzt hat. Allerdings, und da liegt einer der Unterschiede zu Bezos, hat er seine Migros, dem Kapitalismus entzogen, indem er sie in den 1940er Jahren schlicht und einfach seinen Kunden geschenkt hat. Was für eine Tat!

Bei aller kritischen Distanz, die man gegenüber jedem Grossunternehmen, und damit auch gegenüber der Migros wahren muss, bleibt der Umstand, dass es sich dabei um eine Genossenschaft handelt, ein wichtiger mildernder Faktor.

Zitate, die aus dem Kontext gerissen werden und dann noch aus einer anderen Zeit stammen, stehen natürlich immer auf tönernen Füssen. Und wir können uns Dutti und seiner Denkweise nur annähern indem wir auch seine Zeit mitberücksichtigen.

Insbesondere die Art und Weise, wie die christliche Religion in der Zeit der Gründung der Migros, über die Jahre der Entbehrungen des zweiten Weltkriegs, bis in die späten 1960er Jahre die schweizerische Gesellschaft geprägt hat, muss berücksichtigt werden, um sowohl seine Handlungen als auch die Äusserungen seiner Kritiker zu verstehen.

Duttweiler hat den einzelnen Menschen mit seinen Herausforderungen, seinen Freuden und seinen Leiden in das Zentrum seiner Weltanschaung und seines Wirkens gestellt. Wir, die wir in einer individualistischen, von Kritkern gar hedonistischen Welt genannt, leben, können uns nicht vorstellen, wie stark seine Fokusierung auf den Einzelnen, der persönliche soziale Verantwortung trägt, mit dem Weltbild, das von einer Mischung aus kleinbürgerlich-christlich-konservativem, auf der einen, sowie einem sozialistisch angehauchtem Kollektivismus auf der anderen Seite, geprägt war, kollidierte. 

Er wurde als Bedrohung wahrgenommen, nicht nur vom Kleingewerbe, sondern von allen, die ein Welt- und Menschenbild pflegten, welches den Einzelnen, den bestehenden gesellschaftlichen Strukturen untergeordnet sieht. Er war im Bezug auf seinen Individualismus, ein früher Hippie, auch wenn er diese Zeit gar nicht mehr erlebt hat. Er stellte grundsätzlich jedes bestehende Machtgefüge in Frage und nicht zuletzt darum, hatte er sowohl die Rechte als auch die Linke gegen sich. Natürlich war er kein Anarchist, und er selbst schien eine Art natürliche Autorität ausgestrahlt zu haben, die auch ihn immer wieder zur Machtausübung verleitet zu haben mag.

Aber, und das ist, was ihn auch für unsere Zeit vorbildlich macht: Er glaubte an das Gute im Menschen und daran, dass den Menschen zu dienen bedeutet, die weniger Begüterten zu befähigen und nicht, sie zu bemuttern.

Hier nun das Zitat, welches den Titel dieses Beitrages spendete:

«Man versteht unsere Rechnung nicht, weil nicht der Franken unser Masstab ist, sondern der Mensch. Die Leidenschaft zu dienen, findet reichlicheren Lohn als die Sucht zu verdienen...» (Aus der Festschrift der Migros zu ihrem dreissigjährigen Bestehen, 1955)

(Disclosure: Meine Lebenspartnerin ist Mitarbeiterin der Migros)

(Bild: © GDI)

Jeff Bezos als Zeitungsverleger

"Ausgerechnet ein Internetunternehmer" kaufe die Traditionszeitung, verbreitet die Nachrichtenagentur dpa in den deutschen Medien, wie hier z.B. im Handelsblatt. Und aus Sicht des Tagesanzeigers hat sich Jeff Bezos einfach ein persönliches Spielzeug gekauft.

Es macht sich eine Art Schockstarre breit, nachdem die Nachricht die Runde gemacht hat. Man weiss nicht so recht, was davon zu halten ist. Nur eines scheint klar zu sein: ein "Traditionsblatt" wurde an einen der Akteure verkauft, die für die Ratlosigkeit der "Verlegerfamilie", welche die "Watergate-Zeitung" nach 80 Jahren und 4 Generationen einfach nicht mehr halten konnte, mitverantwortlich sind. 

Das subtlile Bild, welches gezeichnet wird, zeigt hier die guten Verlegerfamilien mit ihre wichtigen demokratischen Werten und dort die Internet-Tycoons, die die alte Welt zerstören und nur von einem Wert, dem ihrer Kassen, getrieben zu sein scheinen.

Dabei könnte man die Geschichte natürlich auch andersherum erzählen. Hier die alte Verlegerfamilie, die nach 80 Jahren ihren Unternehmergeist verloren hat und lieber Kasse macht und die 250 Millionen ins Trockene bringt, anstatt sich für ihre ach so wichtigen Werte ins Zeug zu legen, und dort der rastlose Gründer und Visionär, der sieht, dass die Menschen auch in Zukunft hungrig nach News sein werden und guten Journalismus erleben wollen und es halt nun mal zur Aufgabe des Unternehmers gehört, herauszufinden, wie man dieses Bedürfniss befriedigen und die dazu nötigen Prozesse finanzieren kann.

Ich glaube, dass das erst einmal gute Nachrichten sind, dass jemand, der Teil der Internet-Revolution ist, offenbar an eine Zukunft des Geschäftst mit flüchtigen Inhalten glaubt.

Bezos will gemäss eigener Aussage experimentieren lassen. Das lässt hoffen. Mit Amazon hat er gezeigt, dass er die Mechanismen des Netzes versteht und die Vorteile zu nutzen weiss.

Es gibt natürlich auch hier zwei Seiten der Medaille. Einerseits ist in Teilbereichen ein Marktführer mit ungesunder Einkaufsmacht entstanden, andererseits ermöglicht Amazon sowohl im Handel wie auch im Bereich Web-Applikationen unzähligen Klein- und Kleinstunternehmen den Zugang zu seinen Skalengewinnen, indem die Handelsplattform und die Infrastruktur des Unternehmens von allen genutzt werden kann.

Das heisst natürlich nicht, dass Amazon als offenes System zu bezeichnen wäre. Im Gegenteil, die Firma und auch Jeff Bezos selbst stehen nicht im Ruf, sich der Idee eines offenen Netzes verschrieben zu haben, bzw. dort wo er kann, schliesst er die Kunden und die Nutzer ein.

Trotzdem glaube ich, dass es für die Zeitungsbranche und für uns alle erst einmal gut ist, wenn sich mal ein paar andere am Thema Journalismus im Internet versuchen. Eine globale Monopolstellung ist in diesem Bereich vorläufig nicht zu befürchten. Die Chancen stehen gut, dass es befruchtend sein wird, zu sehen, was bei der Washington Post in den nächsten Jahren geschieht.

(Bild: CC-BY 2.0 Wikimedia Commons: Steve Jurvetson)

Das papierlose Büro ist auf der Zielgeraden

Ich weiss, das papierlose Büro wird schon seit Jahrzehnten propagiert und ebenso lange gibt es Stimmen, die behaupten, dass es sich hier um Wunschdenken von technikverliebten Utopisten handelt. Die drei Hauptargumente gegen die Erfüllung der Vision vom papierlosen Büro sind:

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Lieber Reto Burrell: Dein Problem sind kaum illegale Downloads

Lieber Reto Burrell

Du kannst singen und Songs schreiben, keine Frage. Doch dummerweise, oder glücklicherweise - je nach Standpunkt, können das zehntausende Andere auf dieser Welt auch. Es gibt so unglaublich viel gute Musik. Noch nie in ihrer Geschichte war die Popwelt so vielfältig bevölkert, wenn auch manchmal von etwas einfältigen Einheiten. Noch nie gab es so viele Menschen, die mit und von der Musik ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Noch nie war es für so viele Talente möglich unter derart tiefen Kosten gute Aufnahmen zu produzieren, und diese unter die Leute zu bringen. Das schafft natürlich Konkurrenz.

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KPMG Schweiz zeigt, wie Content Marketing funktioniert.

KPMG ist ein weltweit tätiges Wirtschafts- und Steuerberatungsunternehmen. Wer bei diesem Thema nicht in erster Linie an Blogs, Social Media und Mobile Apps denkt, ist wohl nicht alleine. Doch genau diese KPMG, bzw. das Online Team der KPMG in der Schweiz, hat offenbar verstanden, dass Content Marketing der Königsweg des Online Marketings ist.

Durch Content Marketing werden die Kunden, Interessenten und Partnern einer Organisation nicht einfach mit Marketingbotschaften berieselt. Es wird ihnen Mehrwert geliefert, indem Informationen und Fachwissen und durchaus auch unterhaltende Inhalte, die mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden, publiziert werden. Das Konzept ist eigentlich nichts Neues. Besonders grössere Unternehmen haben auch im vordigitalen Zeitalter ihr Fachwissen publiziert und meistens in Form von gedruckten Büchern, Booklets und Magazinen unter die Leute gebracht. Umso erstaunlicher ist es, dass oft genau die Unternehmen, die bereits viele nützliche und interessante Inhalte produzieren, noch immer einen Bogen um die einfachen und wirkungsvollen Publikationsmöglickeiten im Netz machen. 

Nicht so die KPMG Schweiz. Neben dem im November 2011 aufgeschalteten Corporate Blog hat das Unternehmen kürzlich auch eine iPad App mit dem passenden Namen «KPMG Knowledge» im App Store veröffentlicht.

Die App bietet den Apple iPad Nutzern bequem und einfach Zugang zu allen Studien, White Papers, Blog Posts, Tweets und anderen Veröffentlichungen der KPMG.

Die KPMG Knowlege App will mir nichts verkaufen. Sie bietet lediglich Zugang zu den Inhalten die von KPMG bereits im Netz publiziert wurden. Dadurch, dass mir durch Inhalte ein Mehrwert geboten wird, werden mir gleichzeitig die Werte der Marke vermittelt. Indem ich meine Aufmerksamkeit den Inhalten von KPMG schenke, verbringe ich gleichzeitig auch Zeit mit dem Brand KPMG.

Die App ist dabei vor allem auch als Teil eines ganzen Orchesters von Kommunikationskanälen und Inhaltskategorien zu sehen. Auf dem KPMG Blog und dem Twitter Account, wird auf einzelne Inhalte durch die Mitarbeiter der KPMG hingewiesen und dadurch der Firma ein menschliches Gesicht gegeben, sowie auf deren Kompetenz aufmerksam gemacht. Im eigenen YouTube Channel werden einzelne Themen in Form von Interviews und Gesprächen beleuchtet und auf der Facebook Fan Page werden vor allem die Inhalte, die für Stellensuchende und Studierende interessant sind, weiter verbreitet.

Die KPMG Schweiz ist ein sehr gutes Beispiel für Content Marketing in Action. Es werden die verschiedensten Kanäle bedient und sowohl kurze, schnellebige Inhalte, wie auch längere, gehaltvollere Texte veröffentlicht. Es wird ein eigenes Coroporate Blog und ein eigene Website betrieben und sich damit nicht in die totale Abhängikeit der Plattform Anbieter manövriert und es wird via Mobile App Content gebündelt damit weitere Leserkreise erschlossen.

Das Tüpfelchen auf dem «i» wäre nur noch, dass die KPMG Inhalte unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlicht würden und dass auch die PDF Publikationen zusätzlich als HTML Versionen publiziert würden, wie wir das bei «buch & netz» machen. Durch die HTML Publikation könnte nicht nur auf die Titel der Publikationen verlinkt werden, sondern direkt in die Inhalte und durch die Creative Commons veröffnentlichung wären die Inhalte noch besser gerüstet um als freier Content auf die Reise durch die unendlichen Weiten des World Wide Webs zu gehen.

Wer mehr zum Thema Content Marketing lesen möchte, dem sei der Blog Post «Content Marketing ist das neue Marketing» von Gergina Hristowa (@gergina_ch) auf dem Namics Blog ans Herz gelegt. 

(Offenlegung: Ich kenne Marcel Härtlein (@haertlein) und Urs Bucher (@ursbucher) von KPMG persönlich. Diesen Blogpost habe ich, wie immer, aus eigenem Antrieb geschrieben, weil ich es genau so meine, wie ich es hier schreibe.)

Unternehmer jammern nicht

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Die US Filmindustrie jammert, die Musikindustrie sowieso, die Schweizer Buchhändler jammern und die Bauern meistens auch. Die Exportindustrie und der Detailhandel tun es, nicht zu sprechen von der Tourismusbranche. Sie alle lamentieren gerne und oft darüber, dass die Welt nicht so ist, wie sie sie am liebsten hätten. Darüber, dass es schwierig ist, dass die Zeiten härter werden, dass die Kunden nicht vom Himmel fallen, dass die Konkurrenz nicht schläft, oder ganz einfach darüber, dass die Welt sich ändert. Der Reiz des Wirtschaftens liegt aber doch darin, in Hindernissen Herausforderungen zu sehen, die es anzupacken gilt. Jedes Problem, dass sich uns in den Weg stellt, ruft nach unternehmerischen Lösungen.

Unternehmer jammern nicht.

(Bild: © Benjamin Thorn - Fotolia.com) 

Die anderen sind meistens nicht schlechter als Du

Kürzlich ist bei Facebook und Twitter von David Worni ein älterer nicht mehr ganz neuer, aber lesenswerter Artikel über die Management Methoden von Ricardo Semler geshared worden. Semlers Credo besteht im Wesentlichen darin, die Mitarbeiter als Erwachsene zu behandeln; als mündige Partner, die selbständig zusammen arbeiten und sinnvolle Entscheidungen treffen können, wenn man Ihnen diese Möglichkeit bietet, ihnen vertraut und ihnen natürlich auch die richtigen Werkzeuge in die Hände gibt.

Die häufigste Reaktion auf solche Modelle folgt dem Muster: Das wäre schon toll, geht aber nicht, weil "die anderen" zu faul, zu dumm, zu böse, zu hinterhältig, zu autoritätsgläubig, zu verantwortunglos, usw. seien. 

Wie auch Götz Werner im Zusammenhang mit Diskussionen zum Bedingungslosen Grundeinkommen jeweils feststellt: Offenbar haben wir zwei Menschenbilder; das gute von uns selbt und das schlechte von den anderen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Semler in dem Punkt recht hat, dass in der Arbeitswelt den meisten Menschen zuwenig zugetraut bzw. vertraut wird. Fast jede/r will etwas sinnstiftendes und nützliches tun und mit anderen in harmonischen Verhältnissen zusammenleben und -arbeiten, sowie Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen.

Die anderen sind meistens nicht schlechter als Du.

Allerdings können wir nicht bestreiten, dass auch bösartiges oder moralisch fragwürdiges Verhalten bei Menschen vorkommen kann. Deswegen aber gleich davon auszugehen, dass Gesellschafts- oder Arbeitsmodelle die auf Freiheit und Verantwortung basieren nicht funktionieren können ist falsch.

Solche Systeme müsse einfach so beschaffen sein, dass Macht auf viele verteilt und dadurch beschränkt ist. Denn moralisch fragwürdiges Verhalten ist vor allem dann ein Problem, wenn dies aus einer Machtposition heraus geschieht. Je mehr Macht ein Mensch hat, desto grösser ist der Schaden den er anrichten kann und desto besser kann er sich vor Aufdeckung seiner "Machenschaften" schützen. Nicht zuletzt deswegen sind an Inhaber von Machtpositionen egal ob in Politik, Wirtschaft oder Kultur, höhere Transparenzsansprüche zu stellen.