Alle Wege führen in die Schweiz?

Werbeplakat von Schweiz Tourismus aus dem Jahre 1936 gestaltet von Herber Matter.

'SNTO' im Logo unten links ist die Abkürzung von Swiss National Tourist Office, welches bis 1995 die offizielle englische Bezeichnung für die Schweizerische Verkehrszentrale war. Seitdem und bis heute heisst die Organisation kurz und bündig Schweiz Tourismus bzw. Switzerland Tourism (ST). 

All roads lead to Switzerland

(Aus der Plakatsammlung Travel Posters auf Flickr, der Boston Public Library, via Brainpickings)

Bezahlt Spotify den Musikern zu wenig?

Wird hören es immer mal wieder. Ein Musiker bekommt von Spotify pro Stream so wenig Geld, dass es auch nach mehreren Tausend Streams kaum für einen Kaffe reicht. So findet auch die Music Union in UK, dass es nicht richtig sei, wenn ein Song pro Stream 0.4p einbringe und damit bei 1 Mio Streams nur 4000£, wenn sie bei BBC Radio 2 für einen gespielten 3 Minuten Song ca. 60£ erhielten

BBC Radio 2 hat ca. 15 Mio. Zuhörer pro Woche. Es ist nicht möglich aufgrund dieser Angabe zu bestimmen, wieviele Hörer nun einen bestimmten Song auf BBC2 gehört haben, aber ich denke, wenn wir mal 100'000 als Schätzung für ein Rechenbeispiel annehmen, liegen wir kaum zu hoch. Auf jeden Fall gibt das dann pro Hörer noch 0.06p also etwa 6.5 mal weniger als bei Spotify.

Altersbeschränkung im Kino, Sackgebühr und Kantönligeist

Unsere Gesellschaften sind durch Pluralität und Diversität gekennzeichnet sind. Trotzdem versuchen wir dauernd Konformität herzustellen. Auf der einen Seite halten wir hoch, dass wir Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen integrieren können, und gleichzeitig wollen wir immer mehr Regeln auf alle Menschen angewandt wissen.

Keine Regelung kann der individuellen Situation des einzelnen Menschen gerecht werden. Das Alter, ab wann z.B. ein Film im Kino zugänglich sein darf, ist völlig willkürlich. Gerade im Teenager-Alter gibt es sehr grosse Unterschiede im Bezug auf die geistige Reife eines Menschen. Dass man solche Altersgrenzen setzen will, ist das eine, dass man aber auch will, dass diese überall gleich sein sollen, führt dazu, dass nicht einmal mehr mit verschiedenen Ansichten experimentiert werden kann. In Zürich gelten vorerst noch die eigenen Regeln, zwar eher aus ökonimischen, denn aus politischen Gründen, aber immerhin.

Mit dem negativ besetzten Begriff "Kantönligeist" wird jede Individualität der Regionen platt gemacht. Immer öfter wird gefordert, dass irgendeine politische Idee, überall Geltung haben soll, vielfach auch gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung vor Ort. So muss nun auch im Kanton Nidwalden die Sackgebühr eingeführt werden.

Ich glaube, dass das falsch ist und dass es uns besser geht, wenn wir die Verschiedenheit hochleben lassen und sie fördern. Föderalismus und Subsidiaritätsprinzip sind äusserst wichtige Grundlagen um der Demokratie eine möglichst hohe Akzeptanz in der Bevölkerung zu ermöglichen und um verschiedenen Konzepten und Ideen die Chancen zu geben, sich zu bewähren oder zu scheitern. Wenn wir schon der Meinung sind, in immer mehr private Lebensbereiche des Einzelnen eingreifen zu müssen, dann sollten wir wenigstens eine Vielfalt der Lösungen zulassen.

Weder ist das Web voll, noch gibt es zuviele Informationen

Stefan Betschon schreibt heute in der NZZ:

Web 2.0 war [...] das Web, das aus allen Nähten platzt, weil es darin einfach von allem zu viel gibt.

und:

Hinter der Vision des Semantic Web steht der Wunsch, sich in der Überfülle der im Web angebotenen Information leichter zurechtzufinden.

Das Bild des Webs, dass aus allen Nähten platze ist keine passende Metapher. Das würde ja bedeuten, dass wir uns das World Wide Web wie ein Kissen fixer Grösse vorstellen müssen, in welche jeder und jede ihre Informationen hineinpressen, bis das Ding auseinander fliegt. Das Web ist aber eben nicht in seiner Speicherkapazität begrenzt und theoretisch unendlich erweiterbar. Und das ist einer der Gründe, warum das Web derart wirksam bestehende Strukturen der Informationsproduktion und -vermittlung in Frage stellt.

Es gibt auch keine "Überfülle", es gibt kein Zuviel an Informationen im Web, weil die Informationen, die sich im Web finden jederzeit und je nach Kontext neu organisiert und verlinkt werden können. Und das ist einer der Gründe, warum dem Web als Werkzeug der Aufklärung eine ähnliche Bedeutung zukommt, wie dem Buchdruck vor 500 Jahren. 

(Bild: © Adrian Hillman - Fotolia.com)

Prince am Montreux Jazz Festival 2013

Es kann ja schon sein, dass denen, die zuhause hauptsächlich Creedence Clearwater Revival hören, die ersten beiden Abende der drei Prince Konzerte in Montreux weniger gefallen haben, und dass solche Menschen erst am dritten Abend voll auf ihre Kosten gekommen sind. Das ist aber deren Problem und weder das von Prince noch von all den anderen, die auch von den Funk-Abenden begeistert waren. Prince ist ein Funker, ein Rocker und ein Jazzer. Er ist Sänger, Gitarrist, Pianist, Komponist und Bandleader. Er ist ein unermüdlicher Schaffer, eine Diva, und ein Unternehmer. Alles das zusammen und noch viel mehr macht Prince aus. Wer sich nur auf einen Aspekt dieses Ausnahmekünstlers einlassen will, wird immer verlieren. Jammere nicht über sein fehlendes Gitarrenspiel, wenn Du ihn als Zeremonienmeister von einer Band mit 11 Bläsern und 3 Sängerinnen sowie eine begnadete Gitarristin wie Donna und eine Hammer-Drummerin wie Hanah bekommst. Sei nie enttäuscht, weil er nicht alles, was er zu bieten hat, an einem Abend unterbringen kann, sondern erfreue Dich an der Vielfalt des gebotenen Materials, der Virtuosität und Spielfreude seiner Musiker und ganz einfach daran, dass es Dir vergönnt ist, ihn in einer kleinen aber feinen Location wie der Stravinski-Hall in Montreux erleben zu dürfen. 

Hier noch drei Videos, die derzeit (und wohl nicht mehr lange) online sind. Damit man sich selber ein Bild machen kann, ob so ein enttäuschtes Publikum aussieht. Eines mit einem Ausschnitt vom ersten oder zweiten Abend, eines von der After-Show-Party mit Larry Graham Central Station und eines mit der Eröffnungssequenz des dritten Gigs. Wenn noch weitere und/oder bessere Videos auftauchen, werde ich diese hier nachschieben.

Das Vevey-Montreux-Chillon Tram

Wer sich heute die Grand-Rue in Montreux ansieht, kann sich kaum vorstellen, dass hier einmal eine Tramlinie durchgeführt wurde. Das Vevey-Montreux-Chillon Tram hat seinen Betrieb am 1. Mai 1888 aufgenommen und war damit die erste elektrische Bahn in der Schweiz. Die Strecke führte zuerst von Vevey über La Tour-de-Peilz, Clarens bis Territet, später im selben Jahr wurde die Linie bis zum Schloss Chillon erweitert. 1903 wurde eine weitere Bahn von Chillon nach Villeneuve in Betrieb genommen, die dann 1913 von der damaligen Betreiberin der ersten Strecke übernommen, und so die Gesamtstrecke zur Vevey-Montreux-Chillon-Villeneuve Bahn, abgekürzt VMCV, wurde. In den 1950er Jahren wurde die Tramlinie nach und nach aufgehoben und durch Trolleybuse ersetzt, deren Betriebsorganisation auch heute noch unter dem Namen VMCV SA  firmiert. 

Hier sehen wir eine Aufnahme der ersten Generation der Tramwagen, gemäss Angaben des VMCV Archivs, aus dem Jahre 1888. Die Wagen waren offensichtlich damals schon als Werbeträger im Einsatz:

Bild: Archiv VMCV, wahrscheinlich Public Domain

Und hier noch eine Aufnahme, die uns in Montreux die Grand Rue beim Place du Marché mit der Linienführung entlang des Trottoirs zeigt.

Bild: Eingestellte Bahnen der Schweiz - Archiv J. Ehrbar

Links:

Transports VMCV Publics - Historique

Transports publics Vevey–Montreux–Chillon–Villeneuve (Wikipedia DE)

Geschichte des elektrischen Antriebs von Schienenfahrzeugen (Wikipedia DE)

Eingestellte Bahnen der Schweiz - VMCV

Die Geschichte des Montreux Jazz Festival (ZDF Doku)

Vor 4 Jahren hat das ZDF eine 60 Min. Dokumentation zur Geschichte des Montreux Jazz Festivals produziert. Der Film ist in 6 Teilen auf YouTube verfügbar.

Teil 1 zeigt als Einführung, neben einigen Ausschnitten aus den Konzertaufnahmen des Festivals, verschiedene Statements von Musikern wie Quincy Jones, Joe Sample, Mike Hucknall oder Eddy Grant, sowie erste Einblicke in die Arbeitsweise und -umgebung von Claude Nobs

Im Teil 2 beginnt der Rückblick zu den Anfängen des Festivals im Jahre 1967. Interessant ist hier das kurze Statement von Raymond Jaussi, dem damaligen Chef von Claude Nobs im Tourismus Büro von Montreux, sowie die Geschichte wie Claude Nobs einfach bei Atlantic Records in New York herinreinspaziert ist, um dort die ersten Musiker für sein Festival zu akquirieren. Was wir hier lernen können, ist, dass es keine Hindernisse gibt, wenn man sie nicht sieht. Gegen Ende dieses Teils sehen wir wie Claude Nobs in seinem Chalet den Musikern aus aller Welt jedes Jahr ein 'Ferienfeeling' in freundschaftlicher und ungezwungener Umgebung gab, und damit einen der Grundsteine des Erfolges des Jazz Festival Montreux legte.

Im dritten Teil erzählt uns Claude Nobs mit der Geschichte zum Auftritt von Nina Simone 1976, dass es auch dazu gehört, sich von den schwierigen Fällen nicht aus der Ruhe zu bringen. Hier erfahren wir zudem, wie er David Bowie und Freddy Mercury dazu motiviert hat, zusammen ins Studio zu gehen, woraus dann der Song "Under Pressure" entstanden ist.

Teil 4 beginnt mit der ewigen Diskussuion, warum das Jazz Festival Montreux nicht auf Jazz beschränkt ist und zeigt wie die Veranstalter versucht haben das Festival 1976 und 1977 nur mit "Montreux Intenational Festival" zu bezeichnen, sie aber feststellen mussten, dass die Marke "Jazz Festival Montreux" längst in den Köpfen der Menschen etabliert war. Weiterhin hören wir, wie wichtig für Claude Nobs auch die freien Konzerte waren. Etwas, was sich die neue Festivalleitung vielleicht stärker zu herzen nehmen sollte. Das Fehlen des Montreux Jazz Café in diesem Jahr wird hoffentlich dereinst als Ausrutscher in die Gechichte eingehen. Gegen Ende dieses Teils, spricht Claude Nobs über den berühmten Casinobrand von 1971 und die Entstehungsgeschichte von Smoke on the Water von Deep Purple. Er würde uns auch zuhören lassen, aber im YouTube Video ist dieser Teil der Audiospur während fast einer Minute gemuted; aus urheberrechtlichen Gründen. Wir sehen hier sehr schön, wie willkürlich und absurd diese Einschränkungen sind. Es wird offenbar nur die Studioaufnahme gesperrt.

Im fünten Teil geht es vor allem um das fanstastische Archiv, welches Claude Nobs in den über 45 Jahren, seit Beginn des Festivals aufgebaut hat, und welches dieses Jahr in die Liste des UNESCO Weltdokumenterbes aufgenommen wurde. Leider werde ich wohl nicht mehr erleben, wie dieses Archiv den Menschen zugänglich gemacht wird. Auch hier verhindert ein veraltetes und einseitig konzipiertes Urheberrecht den Zugang zu Kulturgütern.

Der letzte Teil befasst sich mit der wichtigen Rolle von Quincy Jones und seiner Freundschaft mit Claude Nobs, sowie den Spekulationen darüber, was mit dem Festival geschehen wird, wenn Claude Nobs einmal nicht mehr unter uns weilt. Dieses Jahr, am 10. Januar, ist leider wahr geworden, was bei den Aufnahmen des Filmes im Jahre 2009 noch in weiter Ferne schien. Claude Nobs war eine Ausnahmeerscheinung, er war ein Mann mit Leidenschaften, ein Freak mit einer Vision und gleichzeitig ein Macher, der sich auch nicht von grossen Steinen im Weg aufhalten liess. Einer, den man sich getrost zum Vorbild nehmen darf.

Der Gefangene von Chillon

Zurzeit beglückt uns Prince in Montreux. Vor fast zweihundert Jahren war eine andere Hoheit, Lord Byron, hier in der Nähe, auf Schloss Chillon zu besuch. Sein Gedicht "The Prisoner of Chillon" gilt neben Jean-Jacques Rousseaus Briefroman "Julie ou la Nouvelle Héloïse" als wichtiger kultureller Werbeträger für die Region. Es handelt von François Bonivard, einem Reformationsbefürworter aus Savoyen der von 1530 bis 1536 im Schloss Chillon eingekerkert war und von den Bernern befreit wurde, als diese die Waadt eroberten. Lord Byron hat 1816 auf der Durchreise das Schloss besucht und danach dieses Gedicht geschrieben. Der französische Maler Eugène Delacroix hat sich wohl von Byrons Gedicht wiederum zum Bild mit demselben Namen inspirieren lassen.

Und hier nun zum Abschluss und weil heute Sonntag ist, ein Ausschnitt aus dem Gedicht "The Prisoner of Chillon" von Lord Byron, gelesen von Sean Barrett (YouTube Video EN):

Was die Haptik für das eBook ist die Präsenz für den MOOC

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Seit einiger Zeit sind MOOC's in aller Munde. Die Berichterstattung über Plattformen wie Coursera, edX, oder iVersity hat das Phänomen zwar noch lange nicht in einer breiten Öffentlichkeit, aber doch bei vielen die sich mit Bildungsfragen, insbesondere dem Hochschulwesen beschäftigen, bekannt gemacht.

Wie fast immer, wenn sich ein neues Internet-Buzz-Word verbreitet, kommt es aus den USA. Und auch wie fast immer, wird dann von den meisten, deren primäre Informationsträger auch im Jahre 2013 noch weitgehend von Papier und Funkwellen geprägt sind, und sie darum erst davon erfahren, wenn schon viel Staub aufgewirbelt wurde und sie sich deswegen nicht als Teil der Entwicklung, sondern als von ihr überrollt verstehen, ersteinmal mit Abwehr reagiert.

Eine der Aussagen, die man in diesem Zusammenhang hören kann, ist die, dass es den Präsenzunterricht immer brauchen wird und darum MOOC's allerhöchstens ergänzend sein können und man darum auch keine Eile hat, sich diesem Thema zu widmen. Das erinnert mich sehr an den Haptik-Mythos des Gedruckten. Auch die Druckbranche glaubt, dass es immer gedrucktes geben wird, weil das Digitale nicht annähernd ein derart haptisches Erlebnis vermittle, wie gedrucktes Material.

Beide haben natürlich etwas recht. Gedruckt fühlt sich anders an als digital und körperliche Präsenz ist nicht dasselbe wie virtuelle. Doch gibt es keine logische Verbindung zwischen diesen Aussagen und den möglichen Entwicklungen von Papier als Informationsträger oder Präsenzuniversitäten als Bildungs-und Forschungseinrichtungen. Es ist auch nicht sinnvoll sich darüber den Kopf zu zerbrechen, weil wir ja sowiso nicht wissen, wie die Zukunft aussieht.

Viel wichtiger ist es sich zu fragen, wie wir die Zukunft gestalten wollen, also wie diese neuen Möglichkeiten zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden können. Dabei ist es erst einmal völlig unwichtig, ob das bedruckte Papier oder die Präsenzuniversität, so wie sie heute existieren, überleben.

Hier noch ein paar interessante Links zum Thema MOOCs:

(Bild: © jazzerup - Fotolia.com)