Besser eine Rotation-Beschränkung statt eine Quote für Schweizer Musik

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Eine Quote für Schweizer Musik am Radio fordert der CVP Nationalrat Luc Barthassat. Auf der Website von Joiz finden wir die Argumente für und gegen ein solches Ansinnen. Ich sehe es wie Mathias Möller. Eine solche Quote würde den vielen tollen Schweizer Bands und Künstlern nicht viel bringen.

«Es würde immer noch immer nur das Gleiche laufen. Die Heavy-Rotation-Kandidaten Lady Gaga, Rihanna und David Guetta würden eben durch Baschi, Gölä und Stefanie Heinzmann ersetzt.» (Mathias Möller auf joiz)

Von den angestrebten 25% würden vor allem die bereits erfolgreichen profitieren. Der von den Marketingleuten errechnete Durchschnitts-Musikgeschmack der Masse lässt sich auf diese Weise nicht ändern. 

Wir könnten statt dessen für alle öffentlich-rechtlichen Stationen und diejenigen Privaten, die Gebührengelder beziehen, eine Rotation-Beschränkung einführen. Ein Song dürfte maximal 52 mal pro Jahr gespielt werden. Wer ihn öfter hören will, soll selber dafür sorgen.

Oder man könnte einen degressiven Tarif für die Verwertungsgesellschaften definieren. Je öfter ein Song gespielt wird, desto tiefer der Tarif. Auch die Verteilung der Gebührengelder könnten wir an Vielfalt koppeln. Je mehr verschiedene Songs pro Jahr gespielt werden, desto mehr Geld bekommen die Radiostationen. 

Der Staat muss dort eingreifen, wo der Markt nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. Wenn also die meisten Radiostationen alle mehr oder weniger dasselbe spielen und wir als Gesellschaft Vielfalt wünschen, wären diese Vorschläge wohl wirksamer als die geforderte Quote.  

(Bild: 4 Pitch @ Technics 1210 CC BY 2.0, Acid Pix on Flickr) 

Wir müssen keine Experten sein, um an politischen Diskussionen teilzunehmen

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Politik ist die Gestaltung des gesellschaftlichen Raumes. Sie betrifft alle Menschen dieses Raumes, und in einer sinnvoll konzipierten Demokratie können sich möglichst viele Betroffene an dieser Gestaltung beteiligen.

Aus organisatorischen Gründen delegieren wir die operativen Tätigkeiten dieser Systemgestaltung an Repräsentanten, die wir direkt oder indirekt wählen. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns deswegen aus den politischen Diskussionen, die die Herausforderungen der Gesellschaftsgestaltung begleiten, verabschieden sollen.

Solche Diskussionen sind wichtig um eine eigene Haltung oder Meinung zu entwickeln, bzw. diese laufend zu konkretisieren und zu verbessern.

Wir wissen, wenn wir mit einem neuen Thema konfrontiert werden, äusserst wenig. Doch bereits mit diesen wenigen Informationen werden wir, zum grossen Teil unbewusst, ein erstes Urteil entwickeln. 

Es ist wichtig, sich besonders bei politischen Fragen, das eigene innere Urteil bewusst zu machen und die eigenen Begründungen aufzuspüren, die zu diesem Urteil geführt haben. Wenn wir uns nicht darum kümmern, laufen wir Gefahr, unbewusst oder bewusst, einem nicht selbst begründeten Urteil, nennen wir es Vorurteil, entsprechend zu handeln oder zu sprechen.

Sobald wir beginnen unseren Urteilen auf den Grund zu gehen, sehen wir, dass wir in der Regel wenig Handfestes zu bieten haben, die unsere Meinungen stützen und doch brauchen wir eine solche um Entscheidungen treffen zu können.

Darum ist es sinnvoll, sich klar zu machen, dass jede eigene Meinung, immer nur eine vorläufige sein kann, die aber solange durch die eigene Begründung vertreten werden soll, bis sie durch bessere Argumente revidiert oder gar fallen gelassen werden muss. 

Diese Erkenntnis führt dazu, dass wir unsere Begründungen formulieren und diskutieren müssen. Nur auf diese Weise, kann sich unsere Beurteilung einer politischen Frage weiter entwickeln. Unser Urteil wird dadurch immer vielschichtiger und besser abgestützt. 

Nun ist es natürlich so, dass es Menschen gibt, die sich mit einem bestimmten Thema viel intensiver und länger auseinander gesetzt haben, als andere Menschen. Wir nennen sie Experten. Viele sind Experten in bestimmten Bereichen, aber immer wird sich wohl jemand finden, der einen Aspekt noch tiefer analysiert hat, und damit für den konkreten Fall der bessere Experte ist.  Und wir können davon ausgehen, dass wir für jedes politische Problem mehrere Experten finden werden.

Doch das ist kein Grund, die Diskussion diesen Experten zu überlassen und zu schweigen. Als Staatsbürger müssen wir zu den wichtigen politischen Fragen eine eigene Meinung entwickeln, sonst können wir nicht sinnvoll am demokratischen Prozess teilnehmen. Dabei können Experten durchaus hilfreich sein, indem sie Argumente liefern, die wir mit den unsern konfrontieren können, und indem sie Aspekte beleuchten, die wir noch nicht beachtet haben. Doch erst, in der eigenen Auseinandersetzung mit den Expertenmeinungen kann sich unser Urteil entwickeln und diese Auseinandersetzung geschieht durch Diskussion. 

Aus diesen Gründen darf, ja soll man seine vorläufige Haltung zu jedem Thema, und weiss man noch so wenig darüber, darlegen und zur Diskussion anbieten. Es bleibt dann jeder und jedem selbst überlassen, sich darauf einzulassen und daran mitzuwachsen. 

(Dieser Beitrag wurde ausgelöst durch den Punkt 5 des Blogposts "Das wars" von Philippe Wampfler. )

(Bild: CC-BY 2.0, "talk to the expers" by Mai Lee on Flickr )

Philosophische Audiothek

Eine Gruppe von Mitarbeitern und Studierenden des Institutes für Philosophie an der Universität Wien betreibt unter der Bezeichung "Philosophische Audiothek" seit über 10 Jahren eine reichhaltige Plattform mit Aufzeichnungen von Vorlesungen, Vorträgen, Kongressen und anderen Beiträgen zur Philosophie. 

Neverending Playlist

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neverendingplaylist.com erstellt automatische Wiedergabelisten von Künstlern, deren Songs auf Youtube verfügbar sind. The Echo Nest, die Anbieterin der Website betreibt eine Datenbank mit Informationen zu mehr als 30 Mio Songs, die wiederum vielen Musikdiensten wie Rdio, Spotify und unzähligen anderen als Basis für Ihre Services dient. Ob neverendingplaylist.com dereinst auch auf der Sperrliste der Musikindustrie stehen wird, falls diese ihre Forderung nach Netzsperren in der Schweiz durchbringen sollte?

Die Europeana Cloud für digitalisierte Kulturgüter Europas

Slide aus dem Vortrag von Jil Cousins an der OKCon 2013, CC BY

Slide aus dem Vortrag von Jil Cousins an der OKCon 2013, CC BY

An der OKCon 2013 hat die Geschäftsführerin der Europeana Foundation Jill Cousins erklärt, wie die Zukunft der Europeana aussehen soll. Nicht mehr nur die Metadaten sollen von den Partner-Organisationen zur Verfügung gestellt werden, sondern möglichst die eigentlichen Werke, wie das derzeit bereits bei immerhin 6 Mio von insgesamt 29 Mio Objekten der Fall ist. Dazu soll eine Cloud Infrastruktur aufgebaut werden, die den Partner-Organisationen ermöglicht, sofern sie das wünschen, ihre Werke dort zu speichern, zu publizieren und zu lizenzieren. Hier ist der ganze Vortrag, im Livestream Account der OKCon 2013:

 

Open Health Data - Eine Genossenschaft für unsere Gesundheitsdaten?

Heute hat an der OKCon 2013  Prof. Ernst Hafen, die Pläne von ihm und einigen Kollegen vorgestellt, eine Genossenschaft gründen zu wollen, welche für ihre Mitglieder eine Datenbank bzw. eine Plattform für die Speicherung und den gezielten und bewussten Austausch von Gesundheitsdaten betreibt. Es  ist ja durchaus sinnvoll und nützlich ist, unsere Gesundheitsdaten in der Cloud zu halten und diese, denjenigen, die damit arbeiten müssen, zur Verfügung zu stellen. Jeder und jede würde selber entscheiden können, wem, welche Daten zur Verfügung stünden. Das Hauptproblem dabei, wäre aber wohl die Frage, welchem Unternehmen wir so viel Vertrauen schenken wollen. Kaum börsenkotierten globalen Grosskonzernen, aber vielleicht einer Genossenschaft, die den Datenbesitzern selbst gehört? 

Hier ist die Aufzeichnung des Livestreams seines Vortrages an der OKCon 2013

 

Hello, World!

Urheberrechte behaupten, wo es keine gibt, am Beispiel e-manuscripta.ch

Eigentlich wollte ich darüber schreiben, dass es grossartig ist, dass mehr als 10'000 Bilder aus der Sammlung des berühmten Schweizer Kunsthistorikers Jacob Burckhardt, nun online verfügbar sindMeine Freude darüber wurde aber getrübt, als ich mich wie immer, darüber informierte, unter welchen Bedingungen diese Bilder im Netz frei gegeben werden. 

Vor kurzem durften wir ja erfahren, wie vorbildlich das Getty Musuem in Los Angeles ihre Bilder ins Netz stellt, als Open Content nämlich, ohne irgendwelche Bedingungen, und in höchstmöglicher Auflösung, wie es sich für Digitalisate von Werken deren Urheberrechtsschutz schon längstens abgelaufen ist gehört.

Nicht so beim Portal e-manuscripta.ch, einer Plattform die von der Zentralbibliothek Zürich, der Universitätsbibliothek Basel und der ETH Bibliothek betrieben wird. 

Dort steht in den Nutzungsbedingungen

Die auf der Plattform e-manuscripta.ch zugänglichen Digitalisate sind Reproduktionen von Dokumenten, die Eigentum der genannten Institutionen oder Dritter sind. Die Digitalisate sind Eigentum der jeweiligen Institutionen. ...Jede Form von Publikation (Print und online) oder kommerzieller Nutzung bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Institution, die ggf. an weitere Rechteinhaber verweist.

Und etwas weiter unten können wir dann allerdings lesen: 

Die auf e-manuscripta.ch präsentierten Werke sind Digitalisate von in der Regel gemeinfreien Werken. 

Ja, was sollen wir denn nun damit anfangen. Die abgebildeten Werke sind also in der Regel gemeinfrei, während die Digitalisate, also die Abbildungen dieser Werke, es nicht sind?  

Ich bin zwar kein Jurist, aber meines Wissens reicht die Schöpfungshöhe einer einfachen Abbildung eines Werkes der bildenden Kunst nicht aus, um ein Urheberrecht zu begründen. Und ein Leistungschutzrecht, welches das Abfotografieren oder Scannen von gemeinfreien Werken schützt, gibt es zum Glück in der Schweiz (noch) nicht. Das heisst, eine Fotografie, bzw. ein Scan eines Werkes, das keinen Schutz mehr geniess, ist selbst auch nicht geschützt. Es wird zwar nirgends vom Urheberrecht geschrieben aber es wird behauptet, dass die Digitalisate Eigentum der jeweiligen Institutionen seien. Doch wie manifestiert sich das Eigentum an digitalen Daten? Ich denke schon, dass hier der Eindruck erweckt werden soll, dass es sich um eine Art Urheber- oder Leistungsschutz handelt, der hier geltend gemacht wird. Ich kann mir nicht vorstellen, mit welchen rechtlichen Argumenten, die hier angeführten Einschränkungen in der Schweiz durchgesetzt werden sollten. 

Es ist schade, dass die Schweizer Institutionen, die mit öffentlichen Mitteln unsere Schätze verwalten, uns diese nicht einfach so zur Verfügung stellen, wie es korrekt wäre und wie es private Organisationen, wie das Getty Museum in den USA vormachen

Aber trotzdem ist es natürlich toll, das es e-manuscripta.ch gibt und schön, dass dort nun auch Burckhardts Bilder zu finden sind

 

Autoren Gruppe "Fiktion" präsentiert zukunftsorientierte Deklaration

Die Autoren-Gruppe "Fiktion", der unter anderem auch die Trägerin des Nobelpreises für Literatur Elfriede Jelinek angehört, hat sich Gedanken zur Zukunft der Literatur bzw. des Literaturbetriebes in der vernetzten Welt gemacht und die Ergebnisse dieser Arbeit in Form einer erstaunlich und erfreulich zukunftsorientierten Deklaration veröffentlicht. 

Auch den Autoren, die statt auf Self-Publishing auf den klassischen Weg setzen ist nun klar geworden: 

Sich diesem Medium zu verweigern kann darum nicht die Lösung sein, sondern wir müssen neue Methoden entwickeln, mit denen wir unsere Literatur den Lesern digital vermitteln.

Ernüchterung im Bezug auf die Verlage macht sich breit:

Viele ältere Titel werden nicht einmal als E-Book angeboten. Die kommerziellen Verlage haben auf die Herausforderungen durch das digitale Zeitalter vor allem defensiv reagiert: ihr Programm verkleinernd, fusionierend, Mitarbeiter einsparend und sich auf Bestseller konzentrierend.

Darauf folgt der richtige Gedanken, dass die Autoren und Autorinnen sich selbst auch mit diesen Fragen auseinandersetzen müssen (was viele ja auch schon tun, so ist es ja nicht :-):

Es ist an der Zeit, dass wir nicht länger nur zusehen, wie sich die Bedingungen für unsere Literatur verschlechtern, sondern selbst nachzudenken und zu erproben, welche Chancen die Digitalisierung auch für die Verbreitung unserer Werke bietet.

Es folgen dann Aussagen, die mich ungemein hoffnungsfroh stimmen. Aussagen wie die, dass das eBook im Netz Zeit hat, sich den Markt zu erarbeiten, und dass eBooks nicht zwingend verkauft werden müssen. 

Hier gerne noch einmal der Link zur Deklaration

Fehlt nur noch die Erkenntnis, dass Bücher neben allen anderen Formaten auch im HTML Format ins Netz gehören, damit sie dort verlinkt und gefunden werden können, aber ich denke, da brauche ich nicht mehr lange zu warten. 

Ansgar Werner und  Wolfgang Tischer haben sich dazu noch ausführlicher geäussert.

 

Alle statistischen Jahrbücher der Stadt Zürich seit 1905 online

Die Abteilung Statistik Stadt Zürich hat kürzlich mitgeteilt, dass sie sämtliche statistischen Jahrbücher von 1905 bis 2002 digitalisiert im PDF-Format kostenlos im Netz publiziert hat. Somit sind nun alle jemals erschienene statistischen Jahrbücher der Stadt Zürich kostenlos im PDF Format verfügbar. Das ist grossartig und sollte als Vorlage für alle statistischen Ämter der Schweiz dienen. Der einzige Wermutstropfen ist, dass nicht ganz klar ist, was wir damit tun dürfen und was nicht. Berichte von Behörden und Verwaltungen sind ja eigentlich nicht durch das Urheberrecht geschützt. Trotzdem wird zum Beispiel in der aktuellen Ausgabe von 2013 im Impressum ein Copyright Vermerk geführt. Es wäre, um Klarheit zu schaffen, dienlich, wenn Statistik Stadt Zürich klar kommunizieren würde, dass die Jahrbücher keinem Urheberrechtsschutz unterliegen und diese, bzw. die Inhalte frei und zu jedem Zweck verwendet werden dürfen.